| | | Geschrieben am 16-01-2020 Rapsöl aus der Ukraine und Kartoffeln aus Übersee statt Vielfalt aus der Region / Gemeinsame Pressemitteilung von IVA, UFOP und UNIKA
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 Berlin (ots) - Stärkere Importabhängigkeit, engere Fruchtfolgen und die
 Verlagerung der landwirtschaftlichen Produktion in andere Weltregionen - das
 könnten schon bald die unerwünschten Nebenwirkungen der restriktiven Regulierung
 von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland und Europa sein. Während die
 Agrarpolitik - wie zuletzt Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in
 ihrer Ackerbaustrategie 2035 - Ziele wie vielfältige Fruchtfolgen, Klimaschutz
 und Regionalität der Lebensmittel ausgibt, nimmt sie den Landwirten bei vielen
 Kulturen die pflanzenbaulichen Möglichkeiten, in Deutschland zu produzieren.
 
 Durch den Wegfall relevanter Lösungen und Wirkstoffe im Pflanzenschutz tun sich
 bei Kartoffeln, Raps und Körnerleguminosen, Hopfen und vielen Gemüsesorten
 Behandlungslücken auf, die den Anbau für die Betriebe verlustreich machen.
 Darauf wiesen heute zur Eröffnung der Internationalen Grünen Woche (IGW) 2020
 der Industrieverband Agrar e. V. (IVA), die Union zur Förderung von Oel- und
 Proteinpflanzen e. V. (UFOP) und die Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft e.
 V. (UNIKA) in einem gemeinsamen Pressegespräch in Berlin hin.
 
 Die Verbände stützen sich auf das Ergebnis einer Analyse von etwa 50 000
 Datensätzen aus der Zulassungsliste des für Pflanzenschutzmittel zuständigen
 Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), die der IVA
 ausgewertet hat. Zwar ist die Zahl der in Deutschland amtlich zugelassenen
 Mittel im Vorjahr auf 872 angestiegen, aber dahinter verbergen sich oft ähnliche
 oder identische Mittel. Schaut man sich die zur Lebens- und
 Futtermittel-Herstellung zugelassenen Substanzen an, zeigt sich ein
 differenzierteres Bild. So stehen zum Beispiel zur Kontrolle von Schadinsekten
 künftig in allen angebauten Kulturen nur noch 18 verschiedene Wirkmechanismen
 zur Verfügung, die aber längst nicht in allen Anwendungen (Indikationen)
 zugelassen sind. Blattläuse, die Viren in Pflanzkartoffeln übertragen, können
 dann ebenso wenig nachhaltig bekämpft werden wie die Kleine Kohlfliege im Raps.
 
 "Niemand kann ernsthaft wollen, dass die Kartoffeln auf unseren Wochenmärkten
 aus Nordafrika oder aus Übersee kommen und wir die Rapssaat oder das Rapsöl aus
 der Ukraine importieren", betonte IVA-Präsident Hudetz: "Regionalität passiert
 nicht von selbst. Wir müssen dafür sorgen, dass der Anbau wichtiger Kulturen für
 heimische Landwirte attraktiv bleibt."
 
 Raps: Saatgutaufbereitung ins Ausland verlagert
 
 Was das in der Praxis bedeutet, erläuterte Dietmar Brauer, stellvertretender
 Vorsitzender der UFOP: Vom Wegfall beziehungsweise dem Verbot relevanter
 Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe ist das gesamte in Deutschland eingesetzte
 Winterrapssaatgut betroffen. Bereits durch ein 2013 beschlossenes Verbot
 neonikotinoider Beizen ist die Kleine Kohlfliege nicht mehr bekämpfbar, und
 gegen den Rapserdfloh müssen zum Teil mehrfach Spritzungen erfolgen. Durch die
 eingeschränkte Wirkstoffauswahl machen sich Resistenzen breit. Ein alternativer
 insektizider Beizwirkstoff befindet sich seit Jahren in Deutschland im
 Zulassungsprozess, wobei die Rapszüchter bereits mehrfach erfolglos auf die
 Erteilung der Zulassung zur nächsten Saatgutsaison gewartet haben. Seit 2019
 steht auch kein Schutz gegen Auflaufkrankheiten mehr zur Verfügung, da für eine
 Beizung in Deutschland kein Mittel zugelassen ist. Bodenbürtige Erreger können
 lediglich mit einer Saatgutbeizung bekämpft werden.
 
 Im Ergebnis entscheiden sich immer mehr Rapszüchter, ihr Saatgut außerhalb
 Deutschlands aufbereiten zu lassen, um den Landwirten in Form von importiertem
 Rapssaatgut dennoch eine möglichst hochwertige Beizausstattung zur Verfügung zu
 stellen. Dies verteuert die Saatgut-Logistik und verschlechtert damit die
 Wettbewerbsfähigkeit des Anbaus, während gleichzeitig moderne und zertifizierte
 Beizanlagen in Deutschland stillstehen.
 
 "Die UFOP fordert daher von den Zulassungsbehörden, im Rahmen des
 Pflanzenschutzrechts der deutschen Landwirtschaft wirksame
 Pflanzenschutz-Lösungen zur Verfügung zu stellen, unter Einhaltung geltender
 Fristen für die Zulassung. Dabei darf es keinen Sonderweg in der nationalen
 Bewertung geben, der die Wettbewerbsfähigkeit des Anbaus in Deutschland in Frage
 stellt."
 
 Kartoffel: Anteil der Importware wird steigen
 
 Auch für den heimischen Kartoffelanbau hat die schrumpfende Auswahl an Lösungen
 im Pflanzenschutz dramatische Folgen, wie Dr. Holger Hennies, Vizepräsident des
 Landvolks Niedersachsen, darstellte: Beginnend bei der Produktion des für den
 Kartoffelanbau erforderlichen Pflanzguts bedarf es zuverlässig wirksamer
 Pflanzenschutzverfahren, um überhaupt das Ausgangsmaterial für den Aufwuchs von
 Speisekartoffeln zu erhalten, das die staatlichen Prüfungen erfolgreich
 durchlaufen muss. Denn nur gesunde Pflanzkartoffeln liefern verwertbare
 Kartoffeln. Dies gilt auch für landwirtschaftliche Betriebe, die nach
 ökologischen Standards produzieren, auch hier stammt das Ausgangsmaterial aus
 einer konventionellen Pflanzgutproduktion.
 
 Ähnlich wie Stechmücken bei der Übertragung von Malaria sind im Kartoffelanbau
 Blattläuse Überträger von Pflanzenviren. Nach dem Wegfall bewährter Wirkstoffe
 gibt es bei Kartoffeln keine ausreichende Mittelpalette mehr zur nachhaltigen
 Blattlausbekämpfung. Dieser Engpass steht auch der Vermeidung von Resistenzen
 der Schaderreger frontal entgegen. Denn nur über die zeitversetzte Kombination
 verschiedener Wirkmechanismen wäre ein fachlich gebotenes Resistenzmanagement
 möglich.
 
 Lösungen sind nach dem Verbot verschiedener Insektizide im Freiland dringend
 notwendig, da eine Anti-Resistenzstrategie zur Bekämpfung von Blattläusen als
 Virusvektoren in der Pflanzkartoffel-Produktion kaum noch möglich sein wird.
 Diese Forderung fand auch Eingang in das Anti-Resistenzstrategie-Papier des
 Julius Kühn-Instituts für die Saison 2019. "Geändert hat dies jedoch leider
 wider besseres Wissen wenig", resümiert Hennies.
 
 Die Konsequenz daraus ist eine folgenschwere Schwächung bereits zu Beginn der
 Wertschöpfungskette bei Kartoffeln: Fehlende Pflanzenschutzmittel führen nach
 Jahren mit einem höheren Läusedruck zu deutlichen Engpässen in der
 Pflanzgutversorgung. Mehr nicht zertifizierte Pflanzknollen kommen zum Einsatz.
 Qualität und Ertrag der Ernte leiden aber nicht nur darunter, sondern auch wegen
 fehlender Pflanzenschutzverfahren in anderen Bereichen. So gibt es zum Beispiel
 bis heute kein zugelassenes Mittel zur Bekämpfung von Drahtwürmern. Am Ende
 kommen weniger regional erzeugte Kartoffeln auf den Markt und müssen durch
 Importe unterschiedlichster Herkünfte ausgeglichen werden.
 
 "Auf die gesellschaftspolitische Forderung, den chemischen Pflanzenschutz
 deutlich zurückzufahren, kennen die Kartoffelbauern in Zeiten sich verändernder
 Schadbilder sowie neu auftretender Schädlinge keine Antwort. Gemeinsam müssen
 Antworten und tragfähige Übergangslösungen gefunden werden. Sonst droht die
 Kartoffelproduktion aus Deutschland abzuwandern, mit den entsprechenden
 negativen Folgen auf die lokalen Märkte, auf die Wertschöpfung in den ländlichen
 Gebieten sowie die mittelständisch geprägte Kartoffelwirtschaft. Nicht zuletzt
 fehlt mit der Hackfrucht Kartoffel ein wichtiges Glied in der Fruchtfolge und
 die Anbau- und Sortenvielfalt würde weiter reduziert. Dies gilt es zu verhindern
 und dem wertvollen Nahrungsmittel Kartoffel auch zukünftig einen festen Platz in
 einer vielfältigen Fruchtfolge zu geben", so Hennies.
 
 Pressekontakt:
 
 Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e. V.
 Dr. Manuela Specht
 Tel. +49 30 31904-298
 E-Mail: m.specht@ufop.de
 https://ww.ufop.de
 https://twitter.com/ufop_de
 
 Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft e. V.
 Dr. Sebastean Schwarz
 Tel. +49 30 65799384
 Fax +49 30 65799385
 E-Mail: s.schwarz@unika-ev.de
 https://www.unika-ev.de
 
 Industrieverband Agrar e. V., Pressestelle
 Martin May
 Tel. +49 69 2556-1249 oder +49 151 54417692
 Fax +49 69 2556-1298
 E-Mail: may.iva@vci.de
 https://www.iva.de
 https://twitter.com/IVA_Presse
 
 Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/16070/4494101
 OTS:               Industrieverband Agrar e.V. (IVA)
 
 Original-Content von: Industrieverband Agrar e.V. (IVA), übermittelt durch news aktuell
 
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