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Mondlandung ohne Bodenhaftung

Geschrieben am 11-12-2019

Berlin (ots) - Angesichts der heutigen Vorstellung eines Green Deal für die
Europäische Union durch die EU-Kommission unter der neuen Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und
Naturschutz Deutschland (BUND):

"Es ist zu begrüßen, dass von der Leyen den Wunsch der Wählerinnen und Wähler in
der EU aufnimmt, und versucht zentrale ökologische Herausforderungen anzugehen.
Die EU-Kommission bleibt aber weit hinter dem Notwendigen zurück und traut sich
nicht, die Emissionsminderung 2030 auf mindestens 65 Prozent zu erhöhen. Das
aber wäre richtungweisend gewesen.

Es finden sich gute Ideen wie die Ausweitung der Erneuerbaren Energien und der
EU-CO2-Bepreisung, der Subventionsabbau bei Treibstoffen oder die Ausweitung der
energetischen Sanierung von Gebäuden. Auch die Verlagerung von Frachtgut auf
Schiene und Schiff ist richtig. Sie bleiben in ihrer Zielausrichtung aber zu
schwach für die Bewältigung der Klimakrise.

Trotz plakativer Überschrift und starker Sprache droht in vielen Bereichen ein
grünlackiertes 'Weiter so'. Die dringend erforderliche Kehrtwende in unserer Art
zu wirtschaften ist dies nicht.

In der Agrarpolitik betont die Kommission die Klimawirkung der Gemeinsamen
Agrarpolitik (GAP) und die Bedeutung einer ökologischen Landwirtschaft. Den
starken Worten müsste die Kommission aber nun eine komplette Neuplanung der
Gemeinsamen Agrarpolitik folgen lassen, sonst bleibt der Green Deal nur
Etikettenschwindel. Denn Klimaschutz ist mit den bisherigen GAP-Plänen der
Kommission nicht zu machen.

Auch die Pläne in Bezug auf die Rettung der biologischen Vielfalt sind
enttäuschend. Die bisherigen Ziele, den Verlust von Arten und Lebensräumen
weltweit sowie in Europa bis 2020 zu stoppen, werden krachend verfehlt. Anstelle
eines klaren Statements für ein ambitioniertes weltweites Abkommen zum Schutz
der biologischen Vielfalt, das auf den bisherigen Zielen aufbaut, bleibt die
EU-Kommission vage. Gleiches gilt für die angekündigte
EU-Biodiversitätsstrategie. Hier muss dringend nachgebessert werden.

Die EU-Kommission muss jetzt in der neuen EU-Biodiversitätsstrategie wirksame
und überprüfbare Ziele festlegen, um endlich den ökologischen Fußabdruck der EU
weltweit und in Europa nachweisbar zu reduzieren. Wichtig sind zudem konkrete
Vorgaben für das konsequente Ahnden von Verstößen gegen das europäische
Umweltrecht, die finanzielle Stärkung von Naturschutzmaßnahmen in der
Landwirtschaft zur Umsetzung der europäischen Naturschutzrichtlinien und der
Wasserrahmenrichtlinie. Allein in Deutschland sind über ein Drittel der
europaweit geschützten Arten und Lebensräume im Verschwinden begriffen,
europaweit stagniert die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie.

Bei den Aussagen zur neuen EU-Forststrategie fehlt ein klares Bekenntnis zum
Schutz von Naturwäldern. Ebenso fehlt ein Bekenntnis zu einer ökologischen,
naturnahen Forstwirtschaft und Wiederaufforstung mit heimischen Arten.
Stattdessen werden Effektivität und die Leistung der Wälder für die Bioökonomie
in den Vordergrund gestellt.

Statt Mondlandung ist dieser Deal eine vertane Chance. Er hätte eine
entschiedene Antwort auf den Klimanotstand sein können, den das Europäische
Parlament Ende November ausgerufen hat. Die Kommission hätte einen gewaltigen
Schritt gegen die Zerstörung von Natur und Klima machen können. Dafür aber
müssten Umwelt, Klima und Gerechtigkeit künftig bei jeder Entscheidung der EU an
erster Stelle stehen. Ein echter Green Deal hätte zeigen müssen, wie wir
naturverträglich und vorsorgeorientiert produzieren, wie wir Handel betreiben
und wie wir konsumieren. Denn all dies wirkt massiv auf die Klimakrise und die
Zerstörung der Arten und Lebensräume ein.

Wir brauchen nicht nur eine massive Steigerung der Effizienz - wir brauchen auch
ein "Weniger". Stattdessen setzt die EU-Kommission weiter auf
Wirtschaftswachstum als Wohlstandsindikator und damit auf die Zerstörung unserer
Lebensgrundlagen. Einer Bescheidenheit beim Konsum, wie sie jüngst die
europäische Umweltagentur gefordert hat, steht der Green Deal entgegen.

Auch für einen Systemwechsel in der Handelspolitik reichen zahnlose
Nachhaltigkeitskapitel in Handels- und Investitionsschutzabkommen nicht.
Zunächst einmal müssen Sonderklagerechte für Konzerne abgeschafft werden, mit
denen Staaten wegen Umwelt- und Klimaschutzgesetzen auf Schadensersatz verklagt
werden können. Perspektivisch braucht es eine Regionalisierung von
Wirtschaftskreisläufen statt Handel mit klimaschädlichen SUVs und Rindfleisch um
jeden Preis. Ohne eine verbindliche europäische Regelung zur Einhaltung von
Menschenrechts- und Umweltstandards in globalen Lieferketten ist ein Green Deal
nicht glaubwürdig.

In der weiteren Ausarbeitung muss die EU-Kommission darauf achten, dass sie
nicht sogar einen sozial-ökologisch gerechten Wandel verhindert: So versuchen
zum Beispiel Wirtschaftslobbyisten des "European Risk Forum" mit Hilfe eines
erfundenen Innovationsprinzips das Vorsorgeprinzip als bisherige Leitlinie der
Umweltpolitik auszuhöhlen. Wir warnen davor, dass Heil in der Förderung der
Atomenergie zu suchen. Diese Energiequelle ist teuer, unwirtschaftlich und
hochgradig gefährlich, ganz zu schweigen von der ungelösten Jahrtausendaufgabe
der Lagerung. Auch eine Förderung von Gentechnik in der Agrarpolitik lehnen wir
ab. Die Von-der-Leyen-Kommission darf die Interessen der Wirtschaft nicht über
die Interessen der Menschen stellen."

Weitere BUND-Informationen zur COP finden Sie unter: www.bund.net/cop25

Pressekontakt:
Der BUND vor Ort in Madrid:
Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt ist in der Zeit vom 08. - 14.
Dezember auf der COP 25 und steht für Interviews und Einschätzungen
gerne zur Verfügung. Anfragen bitte über Judith Freund,
BUND-Pressereferentin, ebenfalls vor Ort, unter +49 176 47684164.

Die BUND-Expertin für Internationale Klimapolitik, Ann-Kathrin
Schneider, ist vom 05. - 14 Dezember vor Ort und mobil erreichbar
unter +49 151 24087297.

BUND-Pressestelle:
Sigrid Wolff | Daniel Jahn | Judith Freund | Heye Jensen
Tel. 030-27586-425 | -531 | -497 | -464 | E-Mail: presse@bund.net,
www.bund.net

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/7666/4465726
OTS: BUND

Original-Content von: BUND, übermittelt durch news aktuell


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