(Registrieren)

Schattenbericht Kindersoldaten 2019: Wie setzt Deutschland das »UN-Kindersoldaten-Protokoll« um? / Katastrophale Bilanz für Kinder

Geschrieben am 27-11-2019

Osnabrück (ots) - Zum dritten Mal nach 2007 und 2013 veröffentlicht das Deutsche
Bündnis Kindersoldaten einen Schattenbericht Kindersoldaten. Herausgeber sind
die Kinderrechtsorganisationen Kindernothilfe, terre des hommes Deutschland und
World Vision Deutschland. In ihrem Auftrag untersuchte der renommierte
Völkerrechtler Prof. Michael Krennerich, wie Deutschland das Zusatzprotokoll zur
UN-Kinderrechtskonvention zu Kindern in bewaffneten Konflikten
(»Kindersoldaten-Protokoll«) umsetzt, das es 2004 ratifiziert hat.

»15 Jahre nach der Ratifizierung des Zusatzprotokolls ist die deutsche Bilanz
angesichts der Auswirkungen von Rekrutierung auf die betroffenen Kinder
katastrophal«, sagte Ralf Willinger, Kinderrechtsexperte von terre des hommes.
»Die zentralen Empfehlungen des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes an
Deutschland werden immer noch nicht umgesetzt - im Gegenteil, die Situation hat
sich weiter verschlechtert.«

»Um schwere Kinderrechtsverletzungen zu verhindern, muss Deutschland dringend
Waffenexporte in Länder stoppen, die Menschenrechte verletzen oder in bewaffnete
Konflikte verwickelt sind«, forderte Frank Mischo von der Kindernothilfe.
»Stattdessen gehören solche Länder wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen
Emirate, Ägypten, Brasilien, die Philippinen oder Indien seit Jahren zu den
größten Empfängern deutscher Waffenlieferungen. Kinder müssen in vielen Ländern
mit deutschen Waffen kämpfen oder fallen diesen zum Opfer.«

Statt das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre anzuheben, wie es der
UN-Kinderrechtsausschuss seit 2008 fordert, stiegen die Zahlen minderjähriger
Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr bis 2017 stetig an und erreichten in dem
Jahr einen Höchststand von 2.128 minderjährigen Rekruten. »Damit ist Deutschland
eines der wenigen Länder weltweit, dessen Militär noch minderjährige Soldaten
rekrutiert. Über 150 Länder halten den sogenannten Straight-18-Standard dagegen
ein. In der Bundeswehr sind junge Soldatinnen und Soldaten immer wieder schweren
Rechtsverletzungen wie Vergewaltigung oder erniedrigenden Aufnahmeritualen
ausgesetzt«, sagte Willinger.

Offensichtliche Defizite gibt es beim Schutz geflüchteter Kindersoldaten und
-soldatinnen aus Kriegsländern wie Afghanistan oder Somalia. »Das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge verweigerte ehemaligen Kindersoldaten aus Somalia
mehrfach die Anerkennung als Flüchtling mit dem Argument, in Somalia sei jedes
Kind von Rekrutierung bedroht, deshalb handele es sich nicht um individuelle
Verfolgung. Ein unzulässiges Argument, denn damit wird die besonders hohe
Bedrohungslage den Kindern zum Nachteil ausgelegt«, kritisierte Ralf Willinger.
»Dabei ist bekannt, dass ehemalige Kindersoldaten in Somalia sowohl von
gegnerischen bewaffneten Gruppen als auch von ihren eigenen ehemaligen Gruppen
mit dem Tod bedroht oder getötet werden.«

Auch im Bereich Entwicklungshilfe ist die Bilanz unbefriedigend. »Zwar
finanziert die Bundesregierung einige Unterstützungsprojekte für ehemalige
Kindersoldatinnen und -soldaten«, so Frank Mischo, »doch nur in geringem Maße.
Angesichts des hohen Bedarfs fordern wir die Bundesregierung auf, diese Mittel
deutlich zu erhöhen und dafür eine eigene Budgetlinie im
Entwicklungshilfehaushalt einzuführen.«

Der Schattenbericht Kindersoldaten wird direkt in das UN-Berichtsverfahren zur
deutschen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention eingespeist und von terre des
hommes, Kindernothilfe und World Vision dem UN-Kinderrechteausschuss in Genf
vorgestellt werden. Dieses internationale Expertengremium überprüft regelmäßig
die Einhaltung der Konvention und ihrer Zusatzprotokolle und formuliert bei
Defiziten Empfehlungen an die Vertragsstaaten. Kindernothilfe, terre des hommes
und World Vision appellieren an die Bundesregierung, die Empfehlungen des
UN-Ausschusses an Deutschland endlich ernst zu nehmen und umzusetzen.

Mitglieder des Deutschen Bündnis Kindersoldaten: Aktion Weißes Friedensband,
Deutsche Friedensgesellschaft DFG-VK, Kindernothilfe, Dt. NK des Lutherischen
Weltbundes, missio, Netzwerk Afrika Deutschland, Pax Christi, Quäker-Hilfe
Stiftung, terre des hommes, UNICEF Deutschland, World Vision Viele
Mitgliedsorganisationen des Deutschen Bündnis Kindersoldaten unterstützen
Hilfsprojekte für Kindersoldatinnen und -soldaten in Asien, Afrika und
Lateinamerika.

Pressekontakt:
Für Rückfragen/Interviews:
terre des hommes, Tel.: 05 41 / 71 01-126, presse@tdh.de
Kindernothilfe, Tel.: 02 03 / 77 89-129,
frank.mischo@kindernothilfe.de

Download des Berichts unter: www.tdh.de/schattenbericht
Weitere Informationen: www.kindersoldaten.info

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/9646/4451830
OTS: terre des hommes Deutschland e.V.

Original-Content von: terre des hommes Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

712320

weitere Artikel:
  • NOZ: Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger werden auch für unter 25-Jährige deutlich entschärft Osnabrück (ots) - Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger werden auch für unter 25-Jährige deutlich entschärft Bundesarbeitsministerium verschickt Weisung an Jobcenter Osnabrück. Die Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger werden auch für unter 25-Jährige deutlich entschärft. Das geht nach Informationen der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) aus der für Freitag anstehenden Weisung des Arbeitsministeriums zum Hartz-IV-Urteil des Verfassungsgerichts hervor. Leistungsbeziehern unter 25 Jahren drohte in der Vergangenheit bei Pflichtverstößen mehr...

  • Pflegekammer: Land übernimmt Kosten / bpa begrüßt Entlastung der Pflegekräfte Hannover (ots) - Die Pflegekräfte in Niedersachsen haben mit ihren Protesten und Zahlungsverweigerungen die Landesregierung zum Einlenken gezwungen. Der Landtag hat die Kosten aktuell in seinen Haushalt eingestellt. "Die Pflegenden waren offensichtlich nicht davon überzeugt, dass sie für ihr Geld auch eine wirksame Vertretung ihrer Interessen bekommen. Dass das Land, das seinerseits die Kammergründung forciert hat, nun die Finanzierung übernimmt, ist nur folgerichtig. Wer die Musik nicht bestellt hat, muss sie auch nicht bezahlen", mehr...

  • Europäische PIRATEN haben gegen die neue Europäische Kommission gestimmt Berlin/Brüssel (ots) - In der heutigen Abstimmung votierten die Europaabgeordneten der PIRATEN in Brüssel gegen die neue Europäische Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen. Weder die persönliche Zusammensetzung noch der Prozess der Einrichtung der Kommission sind zufriedenstellend. Desweiteren monieren PIRATEN das Programm der Kommission, da es oft in direktem Widerspruch zu den Grundsätzen des freien Internets und der Achtung der grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten, wie beispielsweise des Rechts auf Privatsphäre, mehr...

  • Verfassungsgericht stärkt Pressefreiheit bei Anwendung des Rechts auf Vergessenwerden Berlin (ots) - Reporter ohne Grenzen begrüßt, dass das Bundesverfassungsgericht den Rang der Pressefreiheit bei der Anwendung des Rechts auf Vergessenwerden gestärkt hat. In zwei am Mittwoch veröffentlichten Beschlüssen betont das Gericht, bei der Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gegen die Presse- und Meinungsfreiheit müsse ein Ausgleich gefunden werden, der einen ungehinderten Zugriff auf die Originalberichte in Online-Pressearchiven möglichst weitgehend erhalte. "Dass das Verfassungsgericht die Wirkung des mehr...

  • Leikert: Startschuss für einen neuen Aufbruch in Europa Berlin (ots) - Kommission von der Leyen wird Europa einen und stärken Das Europäische Parlament hat am heutigen Mittwoch die neue EU-Kommission unter Führung von Ursula von der Leyen bestätigt. Dazu erklärt die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Katja Leikert: "Mit seiner Zustimmung zur neuen EU-Kommission hat das Europäische Parlament den Startschuss für einen neuen Aufbruch in Europa gegeben. Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen und ihr Team können nächste Woche mit der Arbeit beginnen, um neue Impulse mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht