(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Harte Nuss in Thüringen/Der Wahlsieg des Linken-Landesvaters Bodo Ramelow und die Zugewinne der AfD-Rechtspopulisten machen die Regierungsbildung zu einer kaum lösbaren Aufga

Geschrieben am 27-10-2019

Regensburg (ots) - Der Thüringer Souverän hat den Parteien mit dem
gestrigen Wahlergebnis eine äußerst harte Nuss zu knacken gegeben.
Zwar war mit einem Wahlsieg der Linken des populären Landesvaters
Bodo Ramelow und den satten Zugewinnen der Höcke-AfD gerechnet
worden. Doch dass es ohne die Parteien von ganz Links und ganz Rechts
keine mehrheitsfähige Regierungskoalition zu geben scheint, ist nicht
nur für den Osten, sondern bundesweit ein Novum. In Sachsen und
Brandenburg können nach den Wahlen vor acht Wochen zumindest noch
Kenia-Koalitionen aus Union, SPD und Grünen an den Start gehen. Doch
im Land zwischen Harz und Thüringer Wald ist das, was man gemeinhin
"bürgerliche Mitte" nennt, zu einer Minderheit zusammengeschmolzen.
Das muss in Erfurt, aber auch in der Berliner GroKo zu denken geben.
Die Parteien der sogenannten Großen Koalition im Bund haben bei
sieben Wahlen in Bundesländern zum sechsten Mal kräftig Federn
gelassen. Der dramatisch schlechte Ruf der Berliner GroKo klebte den
Wahlkämpfern wie Pech an den Füßen. Eine Annegret Kramp-Karrenbauer,
die zuletzt Freund und Feind mit halbgaren Vorschlägen für eine
Syrien-Schutzzone verwirrte und ganz und gar nicht Kanzlerinnenformat
aufweist, und erst recht nicht die führungslos herumirrende SPD kamen
bei den Thüringern an. Sie wirkten eher wie Bremsklötze. Es mag auf
Beobachter im Westen der Republik wie ein schlechter Treppenwitz der
Geschichte wirken, dass 30 Jahre nachdem Ostdeutsche die Öffnung der
Mauer erzwungen haben, nun ausgerechnet die Nachfahren der
Honecker-SED einen solch fulminanten Erfolg einfahren können. Die
Erklärung für dieses Phänomen liegt in einem pragmatisch und
unideologisch agierenden Ministerpräsidenten Ramelow, dem die
Interessen seines Bundeslandes über linke Parteiräson gehen. Insofern
war es auch eine Personenwahl. Andererseits hat es die Linke
vermocht, das nostalgische Gefühl
"Es-war-doch-nicht-alles-schlecht-in der-DDR" geschickt auszunutzen.
Unter ganz anderen Vorzeichen konnte die AfD unter ihrem
"Flügel"-Frontmann Björn Höcke reüssieren. Die Alternativen wurden,
wie bereits in Brandenburg und Sachsen, zweitstärkste Kraft. Der
stramm völkische Kurs, der die etablierten Parteien "da oben" und
deren Flüchtlingspolitik für nahezu alle Probleme im Land
verantwortlich macht, fand bei mehr als jedem fünften Wähler
Zustimmung. Der einstige Geschichtslehrer Höcke macht sich nun
womöglich daran, die halbwegs gemäßigten Bundeschefs Jörg Meuthen und
Alexander Gauland von der Spitze zu verdrängen. Wirkliche politische
Alternativen für die komplizierten Fragen unserer Zeit hat diese
Partei gleichwohl nicht zu bieten, ob mit oder ohne Höcke. Allerdings
könnte mit dem Rechtsausleger an maßgeblicher Stelle die
Radikalisierung der AfD voranschreiten. Das verheißt für die Zukunft
der demokratischen Kultur im Lande nichts Gutes. Und was passiert in
Erfurt? Solange sich keine mehrheitsfähige Regierungskoalition
zusammen rauft, kann Ramelow mit Rot-Rot-Grün geschäftsführend im Amt
bleiben. Und das kann noch einige Zeit andauern. Die Crux ist, dass
der große Wahlverlierer CDU im Vorfeld kräftig "Ausschließeritis"
betrieben hat. Weder mit der Linken, noch mit der AfD wollten sie
regieren. Nun hat die Partei der ungeschickten AKK nicht nur brutal
verloren, sondern auch die stachlige Debatte am Hals, ob sie nicht
doch mit den Linken ins Boot steigen sollte. Die Grünen wiederum
haben ausgerechnet im "grünen Herzen" Deutschlands einen
empfindlichen Dämpfer einstecken müssen. Das Wahlergebnis rüttelt
alle Parteien kräftig durch.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

707854

weitere Artikel:
  • neues deutschland: Euphorie mit Verdruss/Uwe Kalbe über die Wahl zum Thüringer Landtag Berlin (ots) - Bodo Ramelow hat es allen gezeigt. Der politischen Konkurrenz, dass an ihm und der LINKEN kein Weg vorbeiführt. Jedenfalls in Thüringen. Und auch den Zweiflern in den eigenen Reihen. Nach den Wahlschlappen in Brandenburg und Sachsen dürfte der Erfolg auf Teile der Partei stimulierend wie ein Amphetamin wirken. Ramelow hat vom Amtsbonus profitiert, was bisher eher ein Privileg von Konservativen schien. Die Partei profitiert vom Nimbus eines authentischen Ministerpräsidenten und verliert in der Regierungskoalition nicht. mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Thüringen-Wahl Halle (ots) - Und nun, wie weiter in Thüringen? Die bisherige Regierung ist abgewählt worden, eine neue Konstellation muss her. Der amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow könnte im Amt bleiben, wenn ihn ein neuer Partner wie die CDU unterstützt. Das scheint aber noch völlig aussichtslos. Obwohl, die Thüringen-Wahl mit dem Ergebnis, dass die "Parteien der Mitte" keine komfortable Mehrheit mehr haben, zwingt die CDU, jetzt über ihr Verhältnis zu einer pragmatisch agierenden Linkspartei wie in Thüringen neu nachzudenken. mehr...

  • Das Erste, Montag, 28. Oktober 2019, 5.30 - 9.00 Uhr Gäste im ARD-Morgenmagazin Köln (ots) - 7.10 Uhr und 8.10 Uhr, Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär, Thema: Wahlen in Thüringen 7.10 Uhr und 8.10 Uhr, Mike Mohring, Landesvorsitzender der CDU Thüringen, Thema: Wahlen in Thüringen Pressekontakt: Weitere Informationen unter www.ard-morgenmagazin.de Redaktion: Martin Hövel Kontakt: WDR Kommunikation, wdrpressedesk@wdr.de, Tel. 0221 220 7100  Agentur Ulrike Boldt, Tel. 0172 - 2439200 Original-Content von: ARD Das Erste, übermittelt durch news aktuell mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Bloß eine Ausnahme mehr = Von Benjamin Lassiwe Düsseldorf (ots) - Die großen Veränderungen sind es nicht geworden. Aber den einen oder anderen kleinen Türspalt hat die Amazonas-Synode aufgemacht. Ein Beispiel ist die seit Jahrzehnten im Katholizismus kursierende Forderung nach den "Viri Probati", den verheirateten Männern, die unter dem Eindruck des Priestermangels zu Geistlichen geweiht werden sollen. Für besonders entlegene Regionen des Amazonasgebiets schlägt die Synode vor, den Bischöfen zu ermöglichen, in bestimmten Ausnahmefällen auch verheiratete Männer zu Priestern zu mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Regierung Ramelow = Von Kristina Dunz Düsseldorf (ots) - Nun also auch Thüringen: Die AfD hat sich bei den drei Landtagswahlen im Osten in diesem Jahr verdoppelt bis verdreifacht. Auch unter Björn Höcke, den Unionspolitiker einen Nazi nennen, hat sie nun so stark hinzugewonnen, dass man nicht mehr von Protestwahl sprechen kann. Die Partei behauptet, sie wolle eine lebendige Demokratie. Das ist eine Mär. Sie will einen anderen Staat. Die lebendige Demokratie gibt es ja schon. Die Beruhigungspille, dass doch rund 80 Prozent der Bürger eben nicht der AfD nachliefen, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht