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"Report Mainz": Kontrolle des Patientenschutzes in psychiatrischen Krankenhäusern häufig mangelhaft / 1.10., 22 Uhr im Ersten

Geschrieben am 30-09-2019

Mainz (ots) - ACHTUNG: Bitte beachten Sie den geänderten
Sendetermin dieser Ausgabe um 22 Uhr!

Gesetzlich vorgeschriebene Kontrollkommissionen kommen oft
angemeldet und haben keine Sanktionsmöglichkeiten / "Report Mainz" am
Dienstag, 1.10.2019, 22 Uhr Ersten / Moderation: Fritz Frey

Sehr viele Kontrollkommissionen von psychiatrischen Einrichtungen,
die sogenannten Besuchskommissionen, arbeiten nicht nach den Vorgaben
der Psychiatrie-Gesetze. Das ergaben gemeinsame Recherchen des
ARD-Politikmagazins "Report Mainz" (SWR) und des HR-Magazins
"defacto". Die Redaktionen hatten bundesweit alle Kommissionen
angeschrieben. Die Auswertung der Antworten ergab, dass die meisten
Besuchskommissionen ihre Kontrollen in den Kliniken vorab ankündigen:
47 Kommissionen handeln so. Nur sieben Kommissionen gaben an,
grundsätzlich unangekündigt zu kontrollieren. Dabei schreiben die
meisten Psychiatrie-Gesetze der Länder vor, dass Besuchskommissionen
in der Regel unangemeldet in der Klinik erscheinen sollen, um so vor
allem die Rechte zwangsweise untergebrachter Patienten zu sichern.

Die gesundheitspolitischen Sprecherinnen von FDP und Grünen im
Bundestag kritisieren, wie die meisten Kontrollgremien ihr Amt
ausüben. Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische
Sprecherin der FDP, sagt: "Das ist ein Placeboinstrument, was so
keine Wirkung entfaltet für die Patienten." Und die
"Grünen"-Politikerin Maria Klein-Schmeink fordert: "Wenn die
Kommissionen am Ende kaum die Möglichkeit haben, ihrem Auftrag
gerecht zu werden, ist das natürlich strukturell ein Mangel und da
müssen wir ran." Eine Kontrolle von außen in die geschlossenen
Stationen sei dringend notwendig. Denn immer wieder werden
gravierende Missstände in Psychiatrien öffentlich: Zuletzt in der
Akutpsychiatrie der Frankfurter Uniklinik. Dort wurden Berichte über
traumatisierenden Freiheitsentzug, baufällige Stationen und
dramatischen Pflegekräftemangel öffentlich.

Psychiatrie-Chefärzte kritisieren im Interview, dass es
katastrophale Zustände an vielen psychiatrischen Kliniken in
Deutschland gebe. "Grundsätzlich sind solche Zustände in allen
deutschen Kliniken möglich," sagt Dr. Martin Zinkler, Chefarzt der
Psychiatrie Heidenheim. Solche Situationen entstünden, wenn nicht von
außen in die geschlossenen Stationen hineingeschaut werde.

Auch Patientenvertreter erklären, aktuell könnten die staatlich
installierten Besuchskommissionen ihren Auftrag, Patienten in
psychiatrischen Einrichtungen wirkungsvoll zu schützen, nicht
erfüllen. Dr. Margret Osterfeld ist seit 20 Jahren Mitglied einer
Besuchskommission in Nordrhein-Westfalen und hat außerdem selbst
Erfahrungen als Patientin in einer psychiatrischen Klinik gemacht.
Gegenüber dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz" und "defacto" erklärt
sie: "Besuchskommissionen sind heute nicht Anwalt der Patienten,
sondern es erscheint mir oft als Pflichtübung."

Viele Psychiatrie-Erfahrene bemängeln außerdem, die Berichte seien
zu wenig kritisch. Margret Osterfeld erklärt, sie erlebe häufig, dass
die Abschlussberichte durch die Leiter der Kommissionen "geschönt"
würden: "Jedes fünfte Protokoll unterschreibe ich nicht, weil
gravierende Patientenrechte nicht genügend aufgenommen wurden."
Sanktionsmöglichkeiten haben die Besuchskommissionen aufgrund der
Psychiatriegesetze der meisten Bundesländer ohnehin nicht. Wenn sie
Druck aufbauen wollen, dann können sie das nur über ihre
Jahresberichte an die zuständigen Parlamente der Länder oder Kreise.
Doch häufig erreichen die Berichte die Politik erst Jahre später.
Besonders lange liegt der letzte Bericht an den Landtag von
Mecklenburg-Vorpommern zurück: Dort wurde zuletzt im Jahr 2013 über
die Kontrollen der Besuchskommissionen in den Jahren 2010 und 2011
berichtet.

Hintergrund: 800.000 Menschen werden jährlich in einer
psychiatrischen Einrichtung behandelt. Rund 400 Fachkliniken bzw.
Fachabteilungen an Allgemeinkrankenhäusern behandeln in Deutschland
erwachsene Patienten, die zwangsweise in die Psychiatrie eingewiesen
werden. Gesetzliche Grundlage für den Patientenschutz sind die
Psychiatrie-Gesetze der Bundesländer.

Zitate gegen Quellenangabe "Report Mainz" frei

Bei Rückfragen rufen Sie bitte in der Redaktion "Report Mainz" an:
06131 929-33351 oder -33352.

Original-Content von: SWR - Das Erste, übermittelt durch news aktuell


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