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Die Dienstsitze der Ministerien im Klima-Check: Bundesregierung fährt Klimaschutz in Gebäuden an die Wand

Geschrieben am 26-08-2019

Berlin (ots) - Deutsche Umwelthilfe vergleicht erstmals
Gebäude-Energieausweise der Bundesministerien und bewertet deren
Klimaverträglichkeit - Forschungsministerium bereits jetzt mit
Klimazielen 2050 vereinbar, Amtssitz von Angela Merkel auf dem
vorletzten Platz - Nur vier Ministerien genügen Klimaschutz, alle
anderen Bundesgebäude haben erheblichen Sanierungsbedarf - Trotz
vollmundiger Versprechungen versagt Bundesregierung seit Jahren beim
Klimaschutz in Gebäuden und nimmt lieber Sanktionszahlungen in Kauf,
anstatt in Klimaschutz zu investieren - DUH veröffentlicht
"Chronologie des Scheiterns" und fordert konkrete Maßnahmen wie
Verbot von Ölheizungen ab 2020 - DUH und Energieberaterverband GIH
fordern einheitlichen Energieausweis auf Basis des Bedarfsausweises
für alle Gebäude - Vollzug der Energieeinsparverordnung auf
Länderebene desaströs

Die Dienstsitze der Bundesministerien und nachgeordneter Behörden
haben beim Klimaschutz im Gebäudebereich gehörigen Nachholbedarf.
Dies geht aus einer Umfrage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) mit
Unterstützung des Energieberaterverbands GIH unter 26 Ministerien und
nachgeordneten Behörden hervor. Nur vier von zwölf Bundesministerien
lassen eine Vorbildfunktion beim Klimaschutz im Gebäudebereich
erkennen. Vollmundige Versprechungen der Bundesregierung vor dem
Klimakabinett im September kritisiert die DUH angesichts der
schlechten Performance im eigenen Amtssitz der Minister daher als
unglaubwürdig.

Dazu Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der
DUH: "Die Politik der Bundesregierung gleicht beim Klimaschutz im
Gebäudebereich in den letzten Jahren einer Chronologie des
Scheiterns. Gesetze werden verzögert, Versprechen nicht eingehalten.
Die vor über einem Jahrzehnt angekündigte steuerliche Förderung
energetischer Gebäudesanierungen, die aufgrund ihrer Verzögerung für
viele Sanierungswillige zu jahrelanger Unsicherheit und einer
unterirdischen Sanierungsrate geführt hat, steht auch für 2020 nicht
im Bundeshaushalt."

Metz weiter: "Auch seit 2016 scheitert die Bundesregierung am
Gebäudeenergiegesetz. Aufgrund koalitions-interner Streitereien
befindet es sich offen in der Schwebe und ist im aktuellen Entwurf
völlig unzureichend. Warme Worte kurz vor dem Klimakabinett verkommen
angesichts dessen zur reinen Farce. Es hat fatale Folgen, wenn
Deutschland nicht schnell aufwacht und dem folgt, was Nachbarländer
wie Dänemark längst begriffen haben: Ohne den Gebäudebereich werden
die Klimaziele definitiv nicht erreicht."

Die DUH ruft die Bundesregierung und insbesondere die
Bundesminister Svenja Schulze und Horst Seehofer auf, den Stillstand
im Gebäudewärmebereich zu beenden und folgende Maßnahmen unverzüglich
anzugehen: Keine neuen Ölheizungen ab 2020 und einen Ausstieg aus
Gasheizungen ab 2025 sowie die Einführung der steuerlichen Förderung
energetischer Sanierung mit ausreichend hohem Finanzrahmen.

Im Gebäudeenergiegesetz müssen zudem die Effizienzanforderungen
für Neubauten unverzüglich auf mindestens den KfW-40-Standard
angehoben werden. Heutige Neubauten werden bis zum Jahr 2050 nicht
noch einmal umfassend oder wirtschaftlich vertretbar energetisch
modernisiert und müssen bereits jetzt klimaneutral errichtet werden.
Zudem muss es ordnungsrechtliche Vorgaben für die Bestandssanierung
geben, wie eine verpflichtende Erstellung von individuellen
Sanierungsfahrplänen bei Verkauf oder Neuvermietung.

Für den Klima-Check wurden die Energieausweise der
Bundesministeriumsgebäude mit den Angaben zu deren Energiebedarf
herangezogen. Damit der Gebäudebereich spätestens 2050 klimaneutral
ist, müssen Gebäude dem KfW 40-Standard entsprechen und mit
erneuerbarer Wärme versorgt werden. Nur vier Gebäude sieht die DUH
auf dieser Grundlage auf einem guten Weg: das Ministerium für Bildung
und Forschung, das Umweltministerium, das Auswärtige Amt und das
Landwirtschaftsministerium. Mit einem Energiebedarf von 36 kWh/m2 ist
das Forschungsministerium bereits jetzt mit den Klimazielen von 2050
kompatibel.

Alle weiteren Ministerien haben Sanierungsbedarf und heizen zum
Fenster raus. Besonders schlecht schneiden Wirtschafts-,
Verteidigungs- und Finanzministerium sowie das Bundeskanzleramt ab.
Sie alle veranschlagen einen Energiebedarf über 140 kWh/ m2.
Schlusslicht bildet das Familienministerium mit 211 kWh/m². Negativ
fällt auch der neue Dienstsitz von Horst Seehofer auf, der erst 2014
gebaut wurde und trotz gleichem Baujahr drei Mal so viel Energie
benötigt wie der Spitzenreiter. Von den 14 angefragten nachgeordneten
Behörden des Innen- und Verkehrsministeriums können nur zwei
überhaupt Energieausweise vorlegen.

Abhilfe soll eigentlich der Energetische Sanierungsfahrplan der
Bundesliegenschaften (ESB) schaffen. Der ESB betrifft 2.200
Liegenschaften. Bereits seit 2012 geplant und 2015 fertiggestellt,
bleibt er jedoch noch immer unter Verschluss. Der Grund: Die
Sanierungen sind aus Sicht des Bundesfinanzministeriums zu teuer.

Dazu Paula Brandmeyer, Stellvertretende Leiterin Energie und
Klimaschutz: "Die zuständigen Minister Scholz und Seehofer verweigern
offen den Klimaschutz im Gebäudebereich. Herr Scholz zieht es vor,
ein Budget für Sanktionszahlungen wegen verpasster Klimaziele in den
Haushalt aufzunehmen, statt in die energetische Verbesserung zu
investieren. Es ist kurzsichtig, Klimaschutz und Sanierung aufgrund
von Kosten gegeneinander auszuspielen. Die Bundesregierung muss den
fertigen Sanierungsfahrplan endlich beschließen. Angesichts des
desaströsen Ergebnisses insbesondere bei den nachgeordneten Behörden
bleiben wir deshalb dran und prüfen weiter."

Auch äußert die DUH Kritik an der aktuellen Ausgestaltung des
Energieausweises. In Zukunft sollte der Energieausweis zu dem
wirksamen Klimaschutz-Instrument gemacht werden, für das er
ursprünglich gedacht war.

Hierzu Lutz Badelt, Experte des Energieberaterverbands GIH: "Wir
brauchen aussagekräftige, am tatsächlichen Energiebedarf orientierte
Energieausweise für alle Gebäude. Das ist nur mit dem Bedarfsausweis
möglich, denn nur aus ihm lassen sich belastbare Rückschlüsse auf die
energetische Qualität des Gebäudes ziehen. Im Gegensatz zum
Verbrauchsausweis, der bei vielen Gebäuden zugelassen ist, ist er
außerdem nicht vom individuellen Verhalten der Nutzer abhängig. Zudem
muss im Gebäudeenergiegesetz endlich die Vor-Ort-Pflicht beim
Energieausweis verbindlich eingeführt werden. Wie soll denn ein
Energieberater von seinem Schreibtisch aus sinnvolle energetische
Modernisierungsempfehlungen in den Energieausweis schreiben, wenn er
das Gebäude noch nie gesehen hat?"

Dass auch die Bundesländer ihre Verpflichtungen beim Klimaschutz
im Gebäudebereich nicht ernst nehmen, zeigt eine Umfrage der DUH zum
Vollzug der Energieeinsparverordnung (EnEV). Sobald ein
Bestandsgebäude grundlegend verändert wird, besteht laut EnEV für den
Eigentümer die Pflicht, die Wärmedämmung zu verbessern. Ob dieser
Pflicht nachgekommen wird, sollen die Bundesländer kontrollieren.
Bremen konnte als einziges Bundesland Zahlen zu vorgenommenen
Stichproben vorlegen - im Jahr 2018 wurden 6 Kontrollen durchgeführt.
Dazu Brandmeyer: "Das Ergebnis unserer Anfrage ist ein Armutszeugnis.
Ohne Kontrollmechanismen ist die Energieeinsparverordnung ein
nutzloses Instrument. Freiwilligkeit hat beim Klimaschutz im
Gebäudebereich offenkundig versagt. Die Bundesländer müssen ihre
Verpflichtung ernst nehmen und den Vollzug der EnEV durch ausreichend
personelle und finanzielle Kapazitäten sicherstellen."

Links:

Folgende Dokumente finden Sie über: http://l.duh.de/p190826

- Übersicht Energieausweise der Dienstsitze der Bundesministerien
- Übersicht Energieausweise der nachgeordneten Behörden von Innen-
und Verkehrsministerium
- Chronologie des Scheiterns beim Klimaschutz im Gebäudebereich
- Länderabfrage EnEV
- Sofortprogramm Klimaschutz im Gebäudesektor
- Stellungnahme zum Gebäudeenergiegesetz

Forderungen des Energieberaterverbands GIH zum Energieausweis:
http://www.gih.de/gih-forderungen-zum-energieausweis/

Maßnahmen des Energieberaterverbands GIH gegen den
klimapolitischen Stillstand im Gebäudesektor: http://ots.de/Oi0FCX



Pressekontakt:
Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin DUH
0170 7686923, metz@duh.de

Paula Brandmeyer, Stellvertretende Bereichsleiterin Energie und
Klimaschutz DUH
0160 3201434, brandmeyer@duh.de

Lutz Badelt, Experte des Energieberaterverbands GIH
033438 7299 855, eb.kontakt@bbt-energie.de

DUH-Pressestelle:

Ann-Kathrin Marggraf, Marlen Bachmann
030 2400867-20, presse@duh.de

www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe,
www.facebook.com/umwelthilfe, www.instagram.com/umwelthilfe

GIH-Pressestelle:

Barbara Wittmann-Ginzel, Bundesvorstand für Presse und Öffentlichkeit
030 34062376, ginzel@gih.de

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell


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