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Mittelbayerische Zeitung: Gefährliches Wettrüsten in Europa US-Drohung mit Truppenabzug aus Deutschland überdeckt einen Trend: Viele Länder im Osten steigern ihre Militärausgaben massiv - aus Furcht v

Geschrieben am 22-08-2019

Regensburg (ots) - Richard Grenell hat die einigermaßen
zweifelhafte Gabe, durch das Wie seiner Aussagen das sachliche Was zu
überdecken. Ende vergangener Woche etwa nannte es der US-Botschafter
in Berlin "wirklich beleidigend", dass amerikanische Steuerzahler für
die Stationierung Zehntausender US-Soldaten in der Bundesrepublik
zahlen sollten. Es gehe schließlich um die Sicherheit deutscher
Bürger. Politiker der großen Koalition wiesen den Vorstoß scharf
zurück. Von "Erpressung" war die Rede. Die folgende Debatte drehte
sich dann fast nur noch um diplomatischen Stil und die Frage eines
US-Truppenabzugs. Dabei hatte Grenell in Wirklichkeit ein sehr viel
größeres Thema aufgerufen: den Trend zu einem neuen Wettrüsten in
Europa, der seit der russischen Krim-Annexion 2014 rasant an Fahrt
aufgenommen hat. Im Osten des Kontinents schnellen seither allerorten
die Militärausgaben in die Höhe, meist mit zweistelligen
Steigerungsraten. Einer der Hauptakteure ist Polen, und so war es
kaum ein Zufall, dass sich Grenell bei seinen Thesen auf seine
Kollegin in Warschau berief, Georgette Mosbacher. Die
US-Botschafterin hatte in einem Tweet Polens Rüstungsanstrengungen
gelobt. Das Land erfülle die Selbstverpflichtung aller
Nato-Mitglieder, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für
Verteidigung auszugeben. Deutschland tue das nicht. Tatsächlich liegt
der deutsche Wert bei 1,2 Prozent. US-Präsident Donald Trump lässt
vor diesem Hintergrund kaum eine Gelegenheit aus, um gegen die
Berliner "Trittbrettfahrer" in der Sicherheitspolitik zu wettern.
Diese Konstellation machen sich die Regierenden in Warschau zunutze.
Im Juni reiste Präsident Andrzej Duda zum wiederholten Mal nach
Washington, um dort für die Errichtung einer ständigen
US-Militärbasis in Polen zu werben, die man, so schmeichelte er
seinem Gastgeber, gern "Fort Trump" taufen würde. Vergeblich. Trump
musste zähneknirschend ablehnen, denn die Nato-Russland-Grundakte von
1997 untersagt die dauerhafte Stationierung von US-Truppen im Osten
Europas. Immerhin versprach der US-Präsident die Verlegung weiterer
1000 Soldaten aus Deutschland nach Polen, allerdings auf
Rotationsbasis. 4000 Marines gibt es dort bereits. Außerdem will
Trump das Land zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls und des
Weltkriegsbeginns am 1. September besuchen. Berlin dagegen meidet er.
Doch in Warschau erhofft man sich mehr als Gesten, und das gilt
unabhängig von der parteipolitischen Ausrichtung. Die wechselnden
Regierungen haben in den vergangenen Jahren die Ausgaben für das
Militär durch die Bank deutlich gesteigert. Allein 2015, im Jahr nach
der russischen Krim-Annexion, wuchs der polnische Wehretat um fast 20
Prozent auf zehn Milliarden Euro. Verantwortlich war damals die
liberalkonservative Bürgerplattform. Unter der rechtsnationalen PiS
sind es mittlerweile zwölf Milliarden Euro. Bis 2030 soll der Anteil
der Militärausgaben am BIP auf 2,5 Prozent steigen. Doch die
historisch gewachsene Angst vor Russland ist nicht nur in Polen,
sondern im gesamten Osten Europas mit Händen zu greifen. Esten,
Letten und Litauer, Bulgaren, Rumänen und Ungarn haben allesamt
langfristige Rüstungsprogramme in erheblichem Umfang aufgelegt. Die
Ukraine erhöhte ihren Militäretat trotz wirtschaftlicher Dauerkrise
zuletzt sogar um 21 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro. Das war die
achthöchste Steigerungsrate weltweit. Dabei mögen sich die absoluten
Zahlen noch bescheiden ausnehmen. So ist der umstrittene deutsche
Verteidigungsetat etwa viermal so groß wie der polnische. Doch in
einer Zeit, in der die USA und Russland den INF-Vertrag haben
auslaufen lassen, sind die Steigerungstendenzen in Osteuropa
alarmierend. Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang
Ischinger warnte bereits mehrfach vor der hohen Gefahr einer
militärischen Konfrontation. Denn natürlich rüstet auch Russland
massiv auf.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

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