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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Politik in Deutschland

Geschrieben am 14-07-2019

Bielefeld (ots) - Während sich die Deutschen landauf, landab in
die Ferien verabschieden, ist der Terminkalender der Kanzlerin
gnadenlos. Am Sonntag war Angela Merkel zu Gast in Paris. Am
Montag stehen Termine in Sachsen an, am Dienstag der Empfang der
Ministerpräsidentin der Republik Moldau mit militärischen Ehren. Am
Mittwoch, wenn die Kanzlerin 65 Jahre alt wird, tagt das Kabinett
und so weiter und so weiter. Ihre Politik ist rastlos. Mal wieder.
In Deutschland - und in Europa sowieso. Denn nicht zu vergessen: Am
Dienstag hofft Ursula von der Leyen darauf, dass die
EU-Parlamentarier sie - allem Ärger um das krachend gescheiterte
Spitzenkandidaten-Modell zum Trotz - zur neuen Kommissionspräsidentin
wählen. Auch da ist Merkel mittendrin. Fällt von der Leyen durch,
weil ausgerechnet die deutschen Sozialdemokraten gegen sie stimmen,
hat die Große Koalition in Berlin wieder ein Problem mehr. Man muss
trotz alledem kein Mitleid haben. Spitzenpolitiker haben sich ihren
Job ausgesucht. Sie drängen zur Macht, wollen gestalten und zahlen
mitunter einen hohen Preis dafür - wie viele Topkräfte in anderen
Branchen übrigens auch. Respekt und Anstand aber darf Angela Merkel
erwarten. Doch als sie zuletzt drei Mal in kurzer Folge
unübersehbar körperliche Schwächen offenbarte, war davon wenig zu
spüren. Das Unversöhnliche, ja der Hass und die Häme, mit der
insbesondere im Internet über ihre Zitteranfälle gerichtet wurde,
macht sprachlos. Wie es um die Gesundheit der Kanzlerin steht,
wissen wir nicht genau - und wir müssen es auch nicht wissen. Um den
Umgangston in unserer Gesellschaft jedenfalls steht es beängstigend
schlecht. Natürlich ist das Befinden der deutschen Regierungschefin
von größtem öffentlichen Interesse. Die Bürger erwarten zu Recht,
dass die Kanzlerin um die Bedeutung ihrer Position weiß und
entsprechend handelt, selbst wenn das ein vorzeitiges Ausscheiden
aus dem Amt bedeuten würde. Doch nichts deutet darauf hin, dass es
Angela Merkel an dieser Einsicht fehlt. Und noch arbeitet sie
ein schier übermenschliches Programm so ab, wie man es von ihr kennt:
gewissenhaft und ohne jedes Anzeichen von Pathos - ob nun im
Stehen oder im Sitzen. Dieses Pflichtbewusstsein und diese
Selbstdisziplin sollten auch jene würdigen, die schon lange mit
Merkels Politik nicht einverstanden sind. Sie mögen ein Ende dieser
Kanzlerschaft herbeisehnen. Aber das kann keine Rechtfertigung
für einen menschenverachtenden Umgang sein, wie er in den asozialen
Netzwerken tausendfach zum Ausdruck kam. Zu dieser Hemmungslosigkeit
gesellt sich eine besorgniserregende Planlosigkeit in CDU/CSU und
SPD. Was dereinst nach dieser Kanzlerin kommt, ist vollkommen
offen. Nicht Angela Merkel also gibt Rätsel auf, sondern vieles
andere. Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihren Anfangskredit längst
verspielt. Mal trifft die CDU-Vorsitzende den Ton nicht, dann
wieder sieht sie das Thema nicht. Sie macht Fehler, die Angela
Merkel nie passiert wären. Und hält so die Konkurrenz in
Lauerstellung - Friedrich Merz als große Verheißung der
Vergangenheit und Armin Laschet als der, der kommt, wenn kein
Anderer mehr übrig bleibt. Noch verzweifelter ist die Lage der
SPD. Je mehr Duos sich für den Vorsitz melden, umso mehr fragt
man sich, wann genau aus einem breiten, basisdemokratischen
Wettbewerb endgültig ein Akt der Lächerlichkeit wird. Es gab
Zeiten, da hätten sich die Sozialdemokraten manchen dieser
Kandidaten nicht mal in ihren schlimmsten Träumen vorstellen
können. Unvorstellbar schien lange auch, dass die AfD ein Bundesland
regiert. Doch in Brandenburg, Sachsen und Thüringen wird die
Konkurrenz womöglich alles aufbieten müssen, um genau das zu
verhindern. Wenn es aber Allparteienkoalitionen braucht, um die
AfD in Schach zu halten, wird deutlich, wie sehr sich das politische
System bereits verschoben hat. Im Sommer 2018 hat uns die
Rekordhitze mächtig zugesetzt, im Sommer 2019 lässt die
Ratlosigkeit der Politik unsere Köpfe schwirren. Folgen wird ein
ziemlich heißer Herbst - Kollaps nicht ausgeschlossen!



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell


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