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Heilbronner Stimme: Christina Stresemann: Mein Großvater Gustav wäre sehr glücklich, wenn er das heutige Deutschland und das Grundgesetz sehen würde

Geschrieben am 23-05-2019

Heilbronn (ots) - Die Bundesrichterin Christina Stresemann,
Enkeltochter des Reichskanzlers Gustav Stresemann, würdigt in einem
Interview die Bedeutung des Grundgesetzes. Die Richterin am
Bundesgerichtshof sagte der "Heilbronner Stimme" (Donnerstag): "Wir
leben heute in einem demokratischen und liberalen Staat, haben
Frieden und sind mit unseren Nachbarn innerhalb der Europäischen
Union vielfältig verbunden. Mein Großvater Gustav Stresemann konnte
vor 90 Jahren von einem solchen Deutschland nur träumen. Die
Grundlage unserer Stabilität ist das Grundgesetz. Es steht heute als
Sinnbild für Beständigkeit und wird als solches vom ganz
überwiegenden Teil der Bevölkerung sehr geschätzt. Wir sollten uns an
Tagen wie diesem 23. Mai immer auch vergewissern, wie gut wir es in
den vergangenen 70 Jahren hatten."

Ihr Großvater Gustav Stresemann wäre heute sehr glücklich.
Christina Stresemann: "Sein größtes Anliegen war die Aussöhnung der
Erzfeinde Frankreich und Deutschland. Heute kann sich doch niemand
mehr vorstellen, dass diese beiden Nationen noch einmal gegeneinander
Krieg führen. Er würde sich auch über die Stabilität und die
Weltoffenheit Deutschlands freuen. Mein Großvater hat nach dem Ersten
Weltkrieg viel für die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund getan.
Sein Ziel, Deutschland zu einem anerkannten Mitglied der
Staatengemeinschaft zu machen, ist heute mit unserem Status in der UN
erreicht. Ihm schwebte auch ein vereintes Europa vor, wenn er fragte:
"Wo bleibt die europäische Münze? Wo die europäische Briefmarke?" Die
gemeinsame Währung gibt es inzwischen. Mein Großvater wäre sehr
glücklich, wenn er das heutige Deutschland und das Grundgesetz sehen
würde."

Die Juristin betonte: "Das Grundgesetz ist in guter Verfassung,
auch dank dem Bundesverfassungsgericht, dessen Arbeit man gar nicht
hoch genug schätzen kann. Es kann von jedem Bürger angerufen werden,
und es sorgt nicht nur für die Durchsetzung der verfassungsmäßigen
Rechte des Einzelnen, sondern entwickelt die Grundrechte auch
weiter."

Die Bewegung Fridays for Future könne sich auf das Grundgesetz
berufen, sagte Stresemann: "Ich würde mir wünschen, dass Artikel 20a
mehr in den Blick gerät, der den Schutz der natürlichen
Lebensgrundlagen betrifft. Es heißt darin, dass der Staat in
Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen
Lebensgrundlagen und die Tiere schützt. Das ist ein sogenanntes
Staatsziel, aus dem man zwar keine unmittelbaren Rechte ableiten
kann, aber es wäre zu wünschen, dass die Politik dieses Staatsziel
ernster nähme." Die Bewegung Fridays for Future sei ihr sympathisch,
"und ihre Sorgen sind allzu berechtigt. Das Artensterben nimmt rasant
zu, den Klimawandel kann man nicht bestreiten. Wenn die Jugendlichen
von Politikern mehr Aktivitäten fordern, haben sie das Grundgesetz in
Form von Art. 20a auf ihrer Seite."

Über die Zukunft Europas sagte Christina Stresemann: "Ich kann die
Sorge vieler Menschen vor einer zu starken EU-Zentralregierung
nachvollziehen. In Deutschland haben wir gute Erfahrungen mit dem
Föderalismus und dezentraler Verwaltung gemacht und sehr schlechte
mit dem Zentralstaat. Der französische Präsident Charles de Gaulle
hat vom "Europa der Vaterländer" gesprochen, d.h. dass die
Einzelstaaten ihre Identität behalten. Das wünschen sich sicherlich
viele Bürger. Je mehr Kompetenzen auf die EU übergehen, desto stärker
wird dagegen das Gefühl, an nationaler Identität und an Einfluss zu
verlieren. Freiheit, Frieden und Wohlstand in Europa sind nicht davon
abhängig, dass alles in Brüssel entschieden wird." Sie fügte hinzu:
"Ich bin eine große Anhängerin der europäischen Idee, aber wir müssen
auch kritische Fragen zulassen; wer die EU kritisiert, ist deshalb
noch lange kein Feind der europäischen Einigung." Auf die Frage, ob
eine europäische Verfassung notwendig wäre, sagte Stresemann:
"»Vereinigte Staaten von Europa« bräuchten tatsächlich eine
Verfassung. Aber wir brauchen zunächst eine Debatte und eine
Entscheidung darüber, wohin die EU eigentlich steuern soll."

Das komplette Interview unter: https://www.stimme.de/deutschland-w
elt/politik/dw/Von-diesem-Deutschland-konnte-Stresemann-vor-90-Jahren
-nur-traeumen;art295,4199296

INFO: Dr. Christina Stresemann (61) ist seit 2003 Richterin am
Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Von 2004 bis 2012 war Stresemann auch
Richterin am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin. Stresemann
ist die Tochter des deutschen Dirigenten Wolfgang Stresemann und der
US-amerikanischen Pianistin Mary Jean Stresemann. Ihr Großvater
väterlicherseits war der Politiker Gustav Stresemann (1878 bis 1929),
Politiker und Staatsmann der Weimarer Republik, der 1923
Reichskanzler und danach bis zu seinem Tod Reichsminister des
Auswärtigen war. Er trug zur Verbesserung der Beziehung mit
Frankreich bei. 1926 erhielt er zusammen mit seinem französischen
Amtskollegen Aristide Briand den Friedensnobelpreis.



Pressekontakt:
Heilbronner Stimme
Chefredaktion
Telefon: +49 (07131) 615-794
politik@stimme.de

Original-Content von: Heilbronner Stimme, übermittelt durch news aktuell


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