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Neue NABU-Studie: So kann die Artenvielfalt auf Äckern und Wiesen gerettet werden

Geschrieben am 09-04-2019

Berlin/Landau (ots) - Auf Deutschlands Äckern und Wiesen wird es
immer stiller. Doch das Artensterben kann gestoppt werden, sofern die
EU-Agrarpolitik deutlich mehr Geld für den Naturschutz bereitstellt.
Dies ist das Ergebnis einer Studie, die der NABU beim Institut für
Agrarökologe und Biodiversität (ifab Mannheim) in Auftrag gegeben
hat.

Die Agrarökologen kommen zu dem Schluss, dass 50 Prozent der
Gelder, die Landwirte aktuell als Direktzahlungen pro Hektar von der
EU erhalten, künftig in die konkrete naturverträgliche
Bewirtschaftung von Lebensräumen fließen müssen. Nur so werden
Feldlerchen und Wildbienen ausreichend Platz finden. Für Deutschland
bedeutet dies einen Finanzbedarf von etwa 2,4 Milliarden Euro
jährlich.

Der NABU fordert Bundesagrarministerin Julia Klöckner und ihre
Kollegen in den Ländern auf, sich bei ihrem morgen beginnenden
Treffen in Landau auf einen naturverträglicheren Kurs in der
Agrarpolitik zu verständigen. Bereits kommende Woche muss Frau
Klöckner Pläne mit nach Luxemburg bringen, wie sie die
EU-Agrarförderung nachhaltiger gestalten will. Bislang blieb sie dazu
jeden Vorschlag schuldig. Und längst schlugen andere ihre Pflöcke
ein: Vergangene Woche erst stimmte der EU-Agrarausschuss dafür, ab
2021 noch weniger Geld für nachhaltig arbeitende Landwirte
bereitzustellen als bisher.

"Nochmal zehn Jahre eine solch zerstörerische Agrarpolitik und
Insektensterben können wir uns nicht erlauben. Wir brauchen jetzt
einen Kurswechsel. Für Landwirte muss es sich lohnen, unsere
Lebensgrundlagen zu schützen", so NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Er
warnte die Agrarminister davor, Fehler zu wiederholen und Probleme
auf die lange Bank zu schieben - wie bei der Düngeverordnung. Die
Quittung komme in Form von teuren Vertragsverletzungsverfahren und
wachsendem Unmut der Bevölkerung.

Die Studienautoren unterstreichen, dass in den vergangenen
Jahrzehnten deutlich zu wenig für die Artenvielfalt in der
Landwirtschaft getan wurde. Für ihre Untersuchung stellten sie nun
die Anforderungen zusammen, wie typische Arten der Agrarlandschaft,
wie Kiebitz, Feldlerche, Rebhuhn, Wiesenpieper sowie Acker- und
Grünland-Wildkräuter, in ihrem Bestand gesichert und gefördert werden
können. Daraus leiteten sie die erforderlichen Maßnahmen sowie deren
Flächenumfang und das notwendige Budget ab.

Besonderes Augenmerk richteten sie dabei auf ein neues Instrument
der EU-Agrarpolitik, die "Eco-Schemes". Diese sind nach Ansicht der
Studienautoren besonders geeignet, die Artenvielfalt flächendeckend
zu erhöhen - und nicht nur punktuell. Nach den Plänen der
EU-Kommission soll jeder Mitgliedstaat diese Maßnahmen anbieten. Für
Betriebe sollen sie freiwillig sein, einfach umsetzbar und zudem
attraktiv entlohnt. Sie sind als Teil der sogenanten "Ersten Säule"
geplant und demnach vollständig von der EU finanziert.

Damit das neue Instrument auch tatsächlich zum Überleben von
Agrarvögeln und Insekten beitragen kann, müssen wirksame Maßnahmen
auf einem entsprechend hohen Flächenanteil umgesetzt werden - und
zudem finanziell attraktiv sein. Laut Studie sollten mit den
Eco-Schemes hocheffektive Maßnahmen auf mindestens 18 Prozent der
Fläche im Ackerland und auf 28 Prozent der Wiesen und Weiden
umgesetzt werden - zusammen genommen auf rund 3,5 Millionen Hektar in
Deutschland. Darüber hinaus sollte der Ökolandbau auf 1,7 Millionen
Hektar gefördert werden.

Konkret empfehlen die Studienautoren für das Ackerland, auf 15
Prozent der Fläche Extensivgetreide oder Lichtäcker anzulegen und
diese mit 400 Euro pro Hektar zu fördern. Auf weiteren drei Prozent
sollten über- oder mehrjährige Blüh- und Brachestreifen entstehen,
für die ein Landwirt eine attraktive Förderung von bis zu 750 Euro
pro Hektar erhalten kann. Im Grünland sollten artenreiche und
extensiv bewirtschaftete Wiesen und Weiden sowie Streuobstwiesen mit
350 bis 500 Euro pro Hektar unterstützt werden. Der Ökolandbau sollte
300 Euro erhalten.

Insgesamt ergibt sich daraus ein Finanzbedarf von rund 2,4
Milliarden Euro pro Jahr für die Eco-Schemes. Dies entspricht rund
der Hälfte der Gelder, die derzeit als Direktzahlungen nach
Deutschland fließen. Darüber hinaus müsse verpflichtend sein, dass
alle Landwirte, die von Direktzahlungen profitieren,
Landschaftselemente wie Hecken, Pufferstreifen und Brachflächen
erhalten oder neu anlegen. Sollten all diese Maßnahmen umgesetzt
werden, könnte Deutschland seine Biodiversitätsziele in der
Agrarlandschaft erreichen.

Der NABU sieht sich durch die Studienergebnisse in seiner
Forderung bestätigt, dass im künftigen EU-Agrarhaushalt insgesamt
mindestens 15 Milliarden Euro für den Naturschutz zur Verfügung
stehen müssen und dass mindestens 50 Prozent der Ersten Säule dieses
Ziel verfolgen. So könnten die ökonomisch, sozial wie ökologisch
unsinnigen pauschalen Flächenprämien schnell in gute Anreize für mehr
Umweltschutz umgewandelt werden.

Die ausführliche Studie zum Download:
www.NABU.de/gap-studie

Weitere Informationen zu den Forderungen des NABU:
www.neueagrarpolitik.eu

Kostenfreie Pressefotos:
www.NABU.de/pressebilder_landwirtschaft



Pressekontakt:
Angelika Lischka, NABU-Expertin für EU-Agrarpolitik, Tel.
030-284984-1627, Mobil 0162-4372453, E-Mail: Angelika.Lischka@NABU.de

NABU-Pressestelle
Kathrin Klinkusch | Iris Barthel | Britta Hennigs | Nicole Flöper |
Silvia Teich Tel. +49 (0)30.28 49 84-1510 | -1952 | -1722 | -1958 |
-1588
Fax: +49 (0)30.28 49 84-2000 | E-Mail: presse@NABU.de

Original-Content von: NABU, übermittelt durch news aktuell


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