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Von flexiblen "Beton-Köpfen" und Umwelt-Initialzündungen: Würzburg weist wieder Weg / Neubau der Umweltstation mit innovativen Baumaterialien - Deutscher Umweltpreis der DBU "Wachmacher"

Geschrieben am 13-03-2019

Würzburg (ots) - Stolz waren sie in Würzburg: Als 1990 zur
Landesgartenschau ein Umweltinformationszentrum in einem Gebäude am
Zeller Tor eingerichtet wurde, legten die Würzburger den Grundstein
für ein landesweites Konzept von Umweltstationen - Muster für heute
rund 60 anerkannte Umweltstationen in ganz Bayern. Stolz sind sie in
Würzburg auch heute: Denn auch wenn die Umweltstation nach mehr als
einem Vierteljahrhundert inzwischen in die Jahre gekommen ist und
unter funktionalen Gesichtspunkten den Anforderungen einer modernen
Umweltbildungseinrichtung nicht mehr gerecht wird, soll sie nun noch
einmal "Vorreiter" werden: Für das Nutzen zukunftsweisender
Energietechnik wie etwa einer Eisspeicherheizung, für das Nutzen
innovativer Baumaterialien wie etwa Recycling-Beton. Ein rund
viereinhalb Millionen Euro teurer Gebäudekomplex wird im Mai
offiziell eingeweiht, komplett barrierefrei sein und sich perfekt in
das bestehende Gelände an der Bastion einfügen. Freiflächen und der
Zugang zur Bastion eröffnen der Umweltbildungseinrichtung innen wie
außen großartige Möglichkeiten für Veranstaltungen, Ausstellungen und
die tägliche Beratungsarbeit.

Prof. Dr. Angelika Mettke: Wiederverwertung von Baustoffen im
Blick

Stolz kann eigentlich auch sie sein: Dr. Angelika Mettke,
Professorin für bauliches Recycling an der Brandenburgischen
Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. Vor allem aber ist sie
fachlich versiert, quirlig, zupackend und hartnäckig. Ihr ganzes
Leben hat die Bauingenieurin der Wiederverwertung gerade auch von
Baustoffen wie Beton gewidmet. Wie oft haben ihr Kritiker in den
Zement-, Beton und Baubranchen in den vergangenen 30 Jahren
attestiert, sie "spinne"? Sie schweigt beredt. Hätte sie jedes Mal
fünf Euro kassiert, sie hätten den Neubau der Umweltstation Würzburg
wohl aus eigener Tasche finanzieren können...

"Schönes Umsetzungsbeispiel für den Einsatz von Recyclingbeton"

Mettke steht für das Recyclingbeton-Konzept des Hauses, das von
der Bodenplatte bis zur Decke über dem Obergeschoss in Ortbeton mit
recyklierten Zuschlägen ausgeführt ist, zum Teil in Sichtbeton. Der
Einsatz dieses Materials in unterschiedlichen Rezepturen wurde von
Mettke in der gesamten Kette mit großem Engagement und intensiver
Beratung der beteiligten Unternehmen begleitet und überwacht, von der
Aufbereitung der Recyclingmaterialien, über die Qualitätssicherung
bis hin zur Betonierung selbst. "Decken, Wände, Böden sind von
hervorragender Qualität. Mit dem Gebäude liegt ein schönes
Umsetzungsbeispiel für den Einsatz von Recyclingbeton vor, das in der
Informations- und Bildungsarbeit der Umweltstation hervorragend
genutzt werden kann", ist Alexander Bonde, Generalsekretär der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), begeistert.

"Beton-Pioniere" mit Deutschem Umweltpreis der DBU ausgezeichnet

Auch "seine" Stiftung kann ein klein wenig stolz sein, ist vor
allem aber "Schuld" an dem Würzburger "Beton-Deal". Nicht nur, weil
sie in ihrem eigenen Verwaltungsgebäude schon Ende des vorigen
Jahrtausends Recycling-Beton in tragenden Wänden erstmals in einem
Verwaltungsgebäude einsetzte - nach reichlich Kämpfen und am Ende
einer Sondergenehmigung des zuständigen Ministeriums in
Niedersachsen als oberster Bauaufsichtsbehörde. Denn als die DBU in
Würzburg 2016 ihren Deutschen Umweltpreis verlieh - mit 500.000 Euro
höchstdotierter Umweltpreis Europas -, stand neben dem damaligen
Bundespräsidenten Joachim Gauck eine Frau auf der Bühne und nahm den
Preis in Empfang: Angelika Mettke.

Mehraufwand für ressourcenschonenden Neubau von DBU finanziell
abgefedert

An ihrer Seite damals ein zweiter "Beton-Pionier": Dr. Walter
Feeß. Der Unternehmer und gelernte Bautechniker aus Kirchheim unter
Teck hatte bereits früh den Grundstein für ein innovatives Verfahren
gelegt, bei dem Altbeton geschreddert und zu kleinteiligem Material -
der sogenannten recyklierten Gesteinskörnung - verarbeitet wird. Sie
wird im Austausch gegen neu abgebauten Kies oder anderes
mineralisches Material anteilig in Frischbeton eingearbeitet. So kam
die Idee, Recycling-Beton für ein kommunales Gebäude zu nutzen, in
das Bewusstsein der Würzburger Stadtmütter und -väter. Und dass diese
Idee dann schließlich auch noch mit weiteren Ansätzen zum klima- und
ressourcenschonenden Bauen umgesetzt werden konnte, geht auch mit auf
die DBU zurück, die der Stadt Würzburg den Mehraufwand für diese
Arbeiten mit rund 336.000 Euro finanziell abfederte.

Akzeptanz von Recyclingmaterial im Hochbau deutlich verbessern

"Im Hinblick auf die Schonung der Sand- und Kiesressourcen muss
die Akzeptanz von Recyclingmaterial im Hochbau noch deutlich
verbessert werden", begründet Bonde das Engagement der Stiftung. Die
Welt erlebe momentan einen beispiellosen Bauboom. Allein in China sei
von 2008 bis 2010 mehr Zement verbaut worden als in den Vereinigten
Staaten von Amerika im gesamten 20. Jahrhundert. Hierzulande würden
in manchen Regionen Sand und Kies knapp, auch weil viele Flächen
überbaut seien oder die Bodenpreise zu hoch.

Versorgungsschwierigkeiten wiederum könnten Baurohstoffe und
damit das Bauen an sich noch teurer machen - und in Teilen
Deutschlands sei das ja heute schon nicht mehr zu finanzieren.
Deshalb sei es auch nur folgerichtig, wenn das bisherige
Informationsspektrum der Umweltstation durch Darstellung des
zugrundeliegenden ökologischen Baukonzeptes ergänzt und die
Erfahrungen für ein breites Publikum in der Umweltstation, aber auch
für Fachpublikum didaktisch aufbereitet werde. Einfließen sollen auch
Lebenszyklus-Analysen der umgesetzten Bauausführung und
Energieversorgung sowie Stoffstrom- und Kostenanalysen zum Einsatz
von Recycling-Beton. Hinzu komme ein Monitoring zur
Betriebsoptimierung und zur Visualisierung energetischer Daten.

Baden-Württemberg: 85 Prozent der Landesfläche bereits verplant

Ein Großteil der Sand-, Kies- und Natursteinvorkommen Deutschlands
ist durch konkurrierende Nutzungen wie nationale und europäische
Wasser-, Natur- und Landschaftsschutzgebiete sowie überbaute Flächen
nicht abbaubar, schreibt auch die Bundesanstalt für Geowissenschaften
und Rohstoffe (BGR) in einer Studie vom Frühjahr 2018 zur Versorgung
mit Baurohstoffen. In Baden-Württemberg zum Beispiel seien 85 Prozent
der Landesfläche durch diese vorrangigen Nutzungen bereits verplant
und stünden für eine potenzielle Rohstoffgewinnung nicht zur
Verfügung. Ein weiteres Hindernis für eine ausreichende Versorgung
mit Baurohstoffen resultiere aus der aktuellen Entwicklung auf dem
Grundstücksmarkt. Immer mehr Landwirte würden ihre Flächen nicht für
einen Rohstoffabbau zur Verfügung stellen. In Zeiten niedriger Zinsen
und gleichzeitig steigender Preise für Ackerland lohne es sich für
sie nicht, ihre Flächen zu verkaufen oder zu verpachten. "So mussten
bereits in einigen Gebieten Deutschlands Kieswerke aufgrund fehlender
Erweiterungsflächen geschlossen werden", betonte Dr. Harald Elsner
von der BGR damals. Zusätzlich erschwert werde die
Versorgungssituation mit Baurohstoffen durch langwierige
Genehmigungsverfahren für neue Gewinnungsvorhaben sowie nicht
ausreichende Verarbeitungskapazitäten der Baustoffindustrie.

"Flächenverbrauch ist immens und hinterlässt karge Landschaften"

2017 seien erstmals im Ruhrgebiet Versorgungsengpässe mit
Baurohstoffen für den Straßenbau aufgetreten. Für 2018 rechneten die
Industrieverbände mit weiteren Lieferengpässen, die auch andere
Regionen Deutschlands betreffen könnten. Bonde: "Für konventionellen
Beton werden Schotter und Kies in großen Gruben abgebaut und über
lange Wege zwischen Abbaugebiet und Baustelle transportiert. Der
Flächenverbrauch ist immens und hinterlässt karge Landschaften, die
aufwändig für die Natur wieder hergestellt werden müssen.
Betonrecycling kann hier ein möglicher Ausweg sein und den
ungebremsten Flächenfraß ein wenig abbremsen. Weil für den Abbau von
Sand und Kies weniger Druck entsteht, weil aber auch der ohnehin
knappe Deponieraum in Deutschland geschont wird."

Altbeton aus Hausabbrüchen kein minderwertiger "Abfall"

Aufbereitetes Material aus dem Abbruch von Häusern werde heute
aufgrund stringenter gesetzlicher Vorgaben in Deutschland - im
Gegensatz etwa zu den Niederlanden und der Schweiz - häufig wie
Abfall behandelt und lediglich als Gesteinsschüttung im Straßenbau
wieder eingesetzt, so Bonde weiter. Das widerspreche dem deutschen
Kreislaufwirtschaftsgesetz, das Stoffe eigentlich in den
ursprünglichen Kreislauf zurückführen will. Schließlich handele es
sich bei diesem "Abfall" um hochwertiges Material, in dem bis zu 15
Prozent Zement als Komponente enthalten sei. Der werde bei
Temperaturen von 1450 Grad in großen Öfen energieaufwändig gebrannt
und sei - je nach Schätzung - mit fünf bis acht Prozent am globalen
Kohlendioxidausstoß maßgeblich mitbeteiligt, so Bonde. Klar, die
Würzburger Umweltstation ist inzwischen nur noch eine von mehr als 60
im Freistaat Bayern. Bonde: "Aber sie steht wie schon 1990 für einen
Umdenkprozess, der mehr als überfällig ist, wenn wir zukünftigen
Generationen einen intakten Erdball hinterlassen wollen."

Franz-Georg Elpers, DBU



Pressekontakt:
Franz-Georg Elpers
- Pressesprecher -

Kontakt DBU
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
0541|9633-521
0171|3812888
presse@dbu.de
www.dbu.de

Original-Content von: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), übermittelt durch news aktuell


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