(Registrieren)

Aachener Nachrichten: Kommentar: Raus aus der großen Koalition Die SPD kann sich in der Groko nicht erneuern Von Christian Rein

Geschrieben am 29-10-2018

Aachen (ots) - Die SPD steckt in der Zwickmühle: Als Juniorpartner
in der großen Koalition verliert sie Stimme um Stimme, Wahl um Wahl.
Sie befindet sich im freien Fall. Kündigt sie aber das Bündnis mit
der Union auf, drohen der ältesten noch bestehenden Partei
Deutschlands bei den dann wahrscheinlichen Neuwahlen weitere Verluste
von historischem Ausmaß. Aus diesem Dilemma gibt es keinen eleganten
Ausweg. Es erscheint allerdings aussichtslos, dass es der
Parteiführung um Andrea Nahles gelingt, die SPD durch gute
Regierungsarbeit aus dem Tief zu führen. Wenn die Sozialdemokraten
wieder auf die Füße kommen wollen, müssen sie raus aus der großen
Koalition. Nur so kann eine glaubhafte inhaltliche und personelle
Erneuerung gelingen, die Grundvoraussetzung für bessere
Wahlergebnisse ist. In ihrer Erklärung zur Hessen-Wahl hat Nahles
gestern festgestellt: "Es ist uns nicht gelungen, uns ausreichend
freizuschwimmen in der Regierung." Eine paradoxe Formulierung. Es
klingt, als ob die SPD gleichzeitig als Teil und nicht als Teil der
Regierung wahrgenommen werden will. Noch paradoxer ist der
"Fahrplan": ein Positionspapier, das dazu führen soll, dass die SPD
Positionen entwickelt. Au weia. Dabei bringt sie tatsächlich Dinge
voran: Brückenteilzeit, "Gute-Kita-Gesetz", Beitragsparität in der
gesetzlichen Krankenversicherung - alles sozialdemokratische
Projekte. Es gibt aber auch das Bild von Nahles und CSU-Chef Horst
Seehofer, wie sie das Kanzleramt von Angela Merkel nach dem x-ten
Krisengespräch verlassen. Das sind offensichtlich Menschen, die sich
nicht mal die Tageszeit sagen. Und die sollen gemeinsam die großen
Herausforderungen bewältigen, Kompromisse finden und dieses Land in
eine gute Zukunft führen? Solche Bilder und die zugehörigen verbalen
Eskalationen zerstören viel mehr Vertrauen bei Wählern als
Brückenteilzeit, "Gute-Kita-Gesetz" und Beitragsparität erzeugen
können. Zumal die Menschen die positiven Auswirkungen dieser Gesetze,
die alle noch nicht verabschiedet sind, erst mit Zeitverzögerung
spüren und sie nicht automatisch mit der SPD oder überhaupt der
Bundesregierung in Verbindung bringen. Apropos große
Herausforderungen: Eine der Gerechtigkeit verpflichtete Sozial- und
Familienpolitik ist sozialdemokratische Ehrensache. Die Menschen
bewegen jedoch andere Fragen. Zum Beispiel die Energiewende
(Stichworte: Kohleausstieg, Versorgungssicherheit, Arbeitsplätze).
Zum Beispiel Mobilität (Stichworte: Diesel-Desaster, überfüllte
Autobahnen, Probleme im Bahnverkehr). Zum Beispiel Wohnraum
(Stichworte: Mangel in Innenstädten, bezahlbare Mieten). Zum Beispiel
Bildung (Stichworte: Lehrer-Mangel, Chancengerechtigkeit,
Integration). Natürlich tut sich die SPD schwer mit mancher dieser
Fragen - etwa als alte Kohle- und Kumpel-Partei. Aber wenn sie für
Wähler wieder interessant sein will, muss sie Antworten finden und
diese Themen bespielen. Zuletzt war sie in diesen Feldern wenn
überhaupt, dann nur sehr leise wahrnehmbar. Sie muss eine klare
Agenda entwickeln, wo Deutschland etwa im Jahr 2030 stehen soll und
wie sie das Land dorthin führen will. Klar ist auch, dass es für ein
rot-grünes Projekt absehbar nicht reicht. Mit wem will die SPD ihre
Ziele umsetzen? Perspektiven bieten nur eine Ampel-Koalition mit
Grünen und FDP oder Rot-Rot-Grün mit Grünen und Linken. In beiden
Fällen müssten eine Menge Wenns und Abers ausgeräumt werden, vor
allem aber müsste die SPD ihr Verhältnis zur Linken klären. Und damit
auch ihr Verhältnis zu den Hartz-Reformen von Altkanzler Gerhard
Schröder, die immer noch wie ein Mühlstein um den Hals der Partei
hängen. Für all das muss die SPD frei denken und in Ruhe arbeiten
können. In einer dauerhaft kriselnden und von einer
Kanzlerinnen-Dämmerung überschatteten großen Koalition wird das nicht
gelingen.



Pressekontakt:
Aachener Nachrichten
Redaktion Aachener Nachrichten
Telefon: 0241 5101-391
an-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de

Original-Content von: Aachener Nachrichten, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

660613

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Heimatbezirk unterstützt Merz' Kandidatur für CDU-Bundesvorsitz Düsseldorf (ots) - Der frühere Unionsvorsitzende Friedrich Merz kann bei einer möglichen Kandidatur für den Bundesvorsitz der CDU auf seinen Heimatbezirk zählen. "Er genießt im Hochsauerlandkreis und darüber hinaus eine hohe Akzeptanz. Er ist bestens geeignet für den Vorsitz", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im NRW-Landtag, Matthias Kerkhoff, der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). "Wir unterstützen ihn aus ganzem Herzen", so der Vorsitzende der CDU im Hochsauerlandkreis. Pressekontakt: Rheinische mehr...

  • Rheinische Post: Thüringer CDU-Chef Mohring strebt Kandidatur für das Präsidium an und bittet um zwei neue Plätze für Christdemokraten aus dem Osten Düsseldorf (ots) - Der Thüringer CDU-Chef Mike Mohring strebt im Zuge der Neuaufstellung der Partei eine Kandidatur für das Parteipräsidium an. Er wolle beim Neuaufbau der CDU mithelfen und den Rückenwind durch einen Präsidiumsplatz für den Landtagswahlkampf in Thüringen 2019 gegen die rot-rot-grüne Regierung nutzen, sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). Zugleich warb er dafür, dass die Partei auch Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer neu ins Präsidium wählt, der sein Interesse bereits angemeldet hat. mehr...

  • Rheinische Post: Mohring: Kramp-Karrenbauer und Spahn sollen sich über Folgen jenseits ihrer Kampfkandidatur um Merkel-Nachfolge verständigen Düsseldorf (ots) - Der Thüringer CDU-Vorsitzende Mike Mohring hat CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Gesundheitsminister Jens Spahn zu einer Verständigung jenseits einer Kampfkandidatur um den Parteivorsitz aufgerufen. "Zu einer Neuaufstellung gehören auf alle Fälle AKK und Spahn dazu. Es wäre ein Verlust für die CDU, wenn einer von beiden nach der Vorstandswahl geschlagen vom Platz gehen müsste", "sagte Mohring der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). Auf die Frage, ob CSU-Chef Horst Seehofer und die SPD-Vorsitzende mehr...

  • Saarbrücker Zeitung: Eichel fordert von SPD klare Kante - Skepsis über Merkel-Entscheidung Berlin/Saarbrücken (ots) - Der ehemalige Bundesfinanzminister und hessische Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) hat seine Partei zu einem klaren Kurs auch in Abgrenzung gegenüber der Union ermuntert. "Die SPD muss aufhören, es allen Recht machen zu wollen", sagte Eichel der "Saarbrücker Zeitung" (Dienstag-Ausgabe). Man dürfe sich nicht mehr alles in der Großen Koalition gefallen lassen. "Wir sind nicht die Arbeiter im Maschinenraum, und auf dem Deck streitet sich die Union. Wenn das nicht aufhört, kann die Koalition nicht mehr...

  • NOZ: Streit um Halloween: "Christen und Kirchen sollten den 31. Oktober für sich reklamieren" Osnabrück (ots) - Streit um Halloween: "Christen und Kirchen sollten den 31. Oktober für sich reklamieren" Evangelische Allianz fordert Besinnung auf Reformationstag - Erziehungsberater halten dagegen: "Es kommt einfach ein weiteres Fest hinzu" Osnabrück. Ist Halloween wirklich harmlos? Nein, sagt Präses Ekkehart Vetter, Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA): "Wer immer hinter diesem heute konsumorientierten US-Import nur harmlosen Gruselspaß sieht, sollte wissen, dass dahinter ein heidnischer Brauch und mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht