(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Bayern bebt - und steht von Claudia Bockholt

Geschrieben am 14-10-2018

Regensburg (ots) - Im christsozialen Bayern hat die Erde gebebt -
doch es liegt nicht in Schutt und Asche. Schlimme, aber nicht die
schlimmsten Befürchtungen der - nun muss man sagen: ehemaligen -
Staatspartei CSU sind wahr geworden. Dass die absolute Mehrheit
unerreichbar sein würde, war klar. Die Demoskopen sahen Söder und
seine Parteifreunde aber zuletzt sogar im völlig freien Fall. 32
Prozent und weniger schienen möglich. Nun wurde die Partei zwar
brutal abgestraft, aber nicht massakriert. Das verdankt sie
ironischerweise den miesen Umfrageergebnissen und Spekulationen über
mögliche Koalitionen. Bayern in den Händen eines zusammengewürfelten,
in Regierungsgeschäften unerfahrenen Bündnisses aus Grünen, SPD,
Freien Wählern und FDP - das war selbst für enttäuschte Konservative
eine zu beunruhigende Vorstellung. Im Freistaat schätzt man
Stabilität. Seit Wochen blicken Politiker und Medien bundesweit
gebannt nach Bayern. Von einer Schicksalswahl, von einer historischen
Wahl war - mal hämisch, mal sorgenvoll - die Rede. Als hinge nicht
nur die Zukunft des Freistaats am Abschneiden der CSU. Und wirklich:
Es bröckelt ja überall. Bundesweit kommt die Union noch auf 26
Prozent. Da müssen Schuldige her. Zuletzt schoss Volker Bouffier von
Hessen aus scharf Richtung CSU. Er machte sicherheitshalber schon
einmal die Schwesterpartei für das wohl noch schlechtere Abschneiden
seiner CDU verantwortlich. Eine kuriose Verdrehung der Tatsachen,
denn laut BR-Umfrage sehen die Bayern in Angela Merkel die
Hauptverantwortliche für den desolaten Zustand der Bundesregierung
und nicht in Horst Seehofer. 68 Prozent sind unzufrieden mit der
Politik der GroKo. Es ist also noch zu klären, ob das Epizentrum in
München oder nicht doch in Berlin liegt. Bayern hat gebebt, aber
alles ist noch am Platz. Es ist an der Zeit, ruhig durchzuatmen, sich
zu sortieren und nach vernünftigen Koalitionen zu suchen. Mit den
Grünen dürfte es schwierig werden. Angefangen bei den beiderseits
heftig geführten Attacken während des Wahlkampfs über Abschiebepraxis
und 10-H-Regel für Windräder bis hin zum Polizeiaufgabengesetz - in
dieser Allianz müssten beide Partner unverdaulich große Kröten
schlucken. Wahrscheinlicher und pragmatischer ist ein Bündnis aus CSU
und Freien Wählern. Hier sind die Schnittmengen am größten. In der
Flüchtlingspolitik verfechten beide einen harten Kurs. Mangels
offensichtlicher Unterschiede wetteiferten Hubert Aiwanger und Markus
Söder im Wahlkampf vor allem darum, wer die meisten Wohltaten unters
Wahlvolk bringen darf. Dieser Köder lockt freilich kaum noch in einem
Bundesland, in dem die Wirtschaft seit zehn Jahren schnurrt, nahezu
Vollbeschäftigung herrscht und die Reallöhne nach langer Zeit wieder
messbar gestiegen sind. In so properen Zeiten kann man auch mit
fluffigen Slogans und Haltung Wahlkampf machen: fröhlich, gerecht,
menschlich. Die Grünen steigen damit gerade zur moralischen
Volkspartei auf - ganz ohne kreuzkatholischen Erlass. Auswirkungen
des Bebens im Süden werden noch zu spüren sein, wenn Natascha Kohnen,
die die SPD in die Bedeutungslosigkeit führte, und CSU-Chef Horst
Seehofer längst politische Geschichte sind. Markus Söder, dessen
Beliebtheitswerte in Bayern zuletzt wieder stiegen, wird zunächst für
Koalitionsverhandlungen gebraucht. Er hat nur wenige Wochen Zeit,
dauerhafte Stabilität herzustellen. Vorher werden die Abgestraften
und Verlierer dieser Wahl ihre Wunde lecken. Das muss sein, denn es
desinfiziert. Dann ist es Zeit, nach vorne zu schauen. Eine
optimistisch stimmende Nachricht gibt es ja auch: Die Wahlbeteiligung
ist gestiegen. Die Demokratie im Land hält einige Erschütterungen
aus.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

658460

weitere Artikel:
  • Allg. Zeitung Mainz: Hessen wartet / Reinhard Breidenbach zur Wahl in Bayern Mainz (ots) - Sagen wir's mal fußballerisch: Nach diesem Wochenende ist eigentlich im Team kein Platz mehr für Jogi Löw und für Horst Seehofer. Markus Söder braucht dringend Regeneration in der Eistonne, wie es Per Mertesacker bei der WM 2014 vorexerziert hat. Und noch jemand muss da hinein: Angela Merkel. Die CSU ist mit eineinhalb blauen Augen davongekommen. Und Hauptverantwortlicher für die Stimmenverluste ist, das zeigen Umfragen, Horst Seehofer, auch wenn Merkel, Söder und Alexander Dobrindt einen Anteil an der Misere hatten. mehr...

  • Rheinische Post: Ramsauer erwartet CSU-Führungsdebatte nach Wahldebakel Düsseldorf (ots) - Der frühere CSU-Spitzenkandidat Peter Ramsauer erwartet personelle Überlegungen nach dem Wahldebakel vom Sonntag in Bayern. "Eine Führungsdebatte wird sich gar nicht vermeiden lassen", sagte Ramsauer der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). Die Landtagswahlen hätten ein "verheerendes Ergebnis für die CSU" ergeben, das "durch nichts, aber auch gar nicht zu relativieren" sei, sagte der CSU-Politiker. Pressekontakt: Rheinische Post Redaktion Telefon: (0211) 505-2621 Original-Content von: Rheinische mehr...

  • Rheinische Post: FDP-Vize Kubicki sieht bayerisches Ergebnis als Bestätigung für bundespolitischen Kurs Düsseldorf (ots) - FDP-Vize-Chef Wolfgang Kubicki sieht das Ergebnis der FDP in Bayern als Bestätigung für den bundespolitischen Kurs der Liberalen. "Bayern ist bei den Landtagswahlen traditionell immer ein schwieriges Pflaster für die Freien Demokraten gewesen. Dennoch ist das Ergebnis mit einer Steigerung von 50 Prozent eine Bestätigung des bundespolitischen Kurses", sagte Kubicki der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). Kubicki beklagte, der Wahlkampf zwischen CSU, AfD und Grünen sei so stark polarisierend gewesen, dass mehr...

  • Rheinische Post: Juso-Chef Kühnert warnt Union und SPD vor Rückkehr zum Tagesgeschäft Düsseldorf (ots) - Juso-Chef Kevin Kühnert hat Union und SPD auf Bundesebene davor gewarnt, nach den Landtagswahlen in Bayern zum Tagesgeschäft zurückzukehren: "Wer glaubt, nach diesen Landtagswahlen zum sogenannten Tagesgeschäft übergehen zu können, begeht einen folgenschweren Fehler", sagte Kühnert der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). Auf Floskeln, dass man jetzt "gründlich analysieren müsse" oder der "Streit in der Union nicht hilfreich gewesen sei", habe er keine Lust mehr, sagte Kühnert. "Ich will von meiner SPD wissen, mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: Landes-CDU warnt Kreisverband Saalekreis mit Ultimatum vor Untreue Halle (ots) - Im erbitterten Streit um nicht gezahlte Parteibeiträge im CDU-Kreisverband Saalekreis greift jetzt der CDU-Landesverband durch. In einem Schreiben hat er den Kreisvorstand davor gewarnt, auf Forderungen gegen Parteifunktionäre zu verzichten. Das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung (Montagsausgabe). Sollte der Kreisvorstand die Forderungen niederschlagen, wäre "der Tatbestand der Untreue gegeben", urteilte CDU-Landesgeschäftsführer Mario Zeising in dem Papier. Die Saalekreis-CDU hat es jahrelang mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht