(Registrieren)

Westdeutsche Zeitung: Gesichtsverschleierung im Gericht Kommentar der Westdeutschen Zeitung

Geschrieben am 26-08-2018

Düsseldorf (ots) - Mit offenem Visier

Von Peter Kurz Populistisch? Oder dem bayerischen Wahlkampf
geschuldet? Natürlich werden sie kommen, solche Vorwürfe, in denen
sich Kritiker daran reiben, dass Bayern (in Wahlkampfzeiten), aber
gleichzeitig auch NRW eine gemeinsame Initiative über den Bundesrat
einbringen, wonach Gesichtsverhüllungen im Gerichtssaal verboten
werden sollen. Das Gegenargument: Religionsfreiheit. Sieht eine Frau
eine Verschleierung für sich als religiös verpflichtend, dann dürfe
man sie weder als Angeklagte noch als Zeugin zwingen, diesen Schleier
im Gericht zu lüften. Doch dieser Einwand sticht nicht. Das wird
jeder nachvollziehen, der irgendwann mal in einem Gerichtssaal war,
in dem der Richter einen Zeugen vernimmt. Da kommt es auf Fragen an
wie: wie detailreich ist die Aussage, wo gibt es Widersprüche, wie
stimmt sie mit früheren Einlassungen überein. Bei all dem spielt aber
auch etwas anderes eine erhebliche Rolle: die Körpersprache,
insbesondere die Mimik, ausweichende Blicke, Schweiß auf der Stirn.
Auch wenn das keine harten Beweise für eine mögliche Falschaussage
sind - Indikatoren sind es durchaus. Könnte sich ein vor Gericht
Befragter hinter einem Schleier verstecken, wären diese "weichen"
Faktoren, die für die Beweiswürdigung durch den Richter aber durchaus
eine wichtige Rolle spielen, nicht mehr auszuwerten. Von einer
Aussage vor Gericht und deren richterlichen Bewertung kann viel
abhängen. Nicht nur das Schicksal eines Angeklagten mit Blick auf die
Frage, ob er oder sie verurteilt wird. Geht es um eine Zeugenaussage,
so hängt von deren Beurteilung auch das Schicksal Dritter ab. Bei
einem Richterspruch, der sich auf eine solche Aussage stützt,
entscheidet diese über den Ausgang des Prozesses und damit über
weitreichende Folgen - persönliche und finanzielle. Wer von den
Auswirkungen einer Zeugenaussage betroffen ist, die gewissermaßen aus
einer Black Box kommt, wird kein Verständnis dafür haben, dass er
dies mit Blick auf die Religionsfreiheit hinnehmen soll.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@wz.de
www.wz.de

Original-Content von: Westdeutsche Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

651284

weitere Artikel:
  • NRZ: Seehofer sollte sich entschuldigen - ein Kommentar von JAN JESSEN Essen (ots) - Noch sind die Untersuchungen zum vermeintlichen Skandal in der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht abgeschlossen. Es kristallisiert sich aber immer deutlicher heraus, dass von den ursprünglichen Vorwürfen gegen die ehemalige Leiterin der Behörde wenig übrig bleibt. Ihr war vorgeworfen worden, zwischen 2013 und 2016 bis zu 1200 Asylanträge bewusst zugunsten der Antragssteller entschieden zu haben. Tatsächlich gab es seit dem Jahr 2000 offenbar nur 165 Verstöße. Was bleibt, mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Abrüsten / Christian Matz zur Bamf-Affäre Mainz (ots) - Was war das für ein Geschrei, als die Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) jüngst in den Mittelpunkt eines Skandals geriet, der - so der Stand heute - allem Anschein nach gar keiner ist. Von Korruption in ungeahntem Ausmaß war die Rede, von Unfähigkeit, Überforderung und System- bis hin zu Staatsversagen. Die Diskussion um den angeblichen Asylbetrug war nicht zuletzt der Boden für eine zunehmend geisterfahrende CSU, deren oberster Chef immer aggressiver auftrat und der die Republik mehr...

  • Rheinische Post: Richtige Befriedung Kommentar Von Reinhard Kowalewsky Düsseldorf (ots) - Es ist gut, dass Lufthansa einen weiteren Streit wegen des Germanwings-Absturzes vor drei Jahren befriedet hat. Denn es ist im Interesse des Unternehmens, sich mit den sowieso schwer geprüften Familien der getöteten Menschen auszusöhnen. Lufthansa direkt trägt zwar keine Schuld an der Katastrophe, aber es war ein Co-Pilot des Konzerns, der die Maschine des Ablegers Germanwings gezielt zum Absturz gebracht hatte. Darum war richtig, dass Lufthansa-Chef Carsten Spohr direkt nach der Katastrophe eine halbwegs großzügige mehr...

  • Rheinische Post: Rente nicht für Populismus geeignet Kommentar Von Jan Drebes Düsseldorf (ots) - Die SPD-Führung hat verstanden, möchte man meinen. Da spielen Finanzminister Scholz und Parteichefin Nahles in der Rentenfrage frei auf, treiben die Union vor sich her, fordern eine Stabilisierung des Rentenniveaus über die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag hinaus. Nun zeigt die erste Umfrage nach Beginn der Debatte sogar vorsichtig nach oben für die SPD. Vom Ende der Talsohle zu sprechen, ist aber noch viel zu früh. Und die SPD muss aufpassen, sich nicht auf einen Populismuswettbewerb mit der AfD einzulassen. mehr...

  • Rheinische Post: Kein Ersatz für den Arzt Kommentar Von Kirsten Bialdiga Düsseldorf (ots) - Baden-Württemberg hat als erstes Bundesland die Berufsordnung für Ärzte geändert. Dort können Patienten seit einiger Zeit im Rahmen eines Modellversuchs in einer Video-Sprechstunde telemedizinisch betreut werden. Bei den Patienten handelt es sich insbesondere um Gefängnisinsassen. Die NRW-Landesregierung beobachtet das Experiment genau. Auch hier fehlen in den Gefängnissen Ärzte. Sollte der Versuch zur Zufriedenheit verlaufen, dürfte die Debatte um Telemedizin neu aufflammen. Die Video-Sprechstunde als Ersatz für den mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht