(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Die Bauern brauchen Hilfe Von Reinhard Zweigler

Geschrieben am 31-07-2018

Regensburg (ots) - Als das globale Finanzsystem vor zehn Jahren
wegen windiger Immobiliengeschäfte mehrerer Geldhäuser ins Schleudern
kam, da wurden Banken kurzerhand für systemrelevant erklärt und der
Staat schnürte milliardenschwere Hilfspakete, deren Folgen bis heute
nachwirken. Wenn vielen Landwirten, vor allem im Norden und Osten
Deutschlands, die Ernte wegen der Gluthitze auf den Feldern verdorrt,
Ernteausfälle in Milliardenhöhe zu beklagen sind, dann hat es die
Politik nicht so eilig, denen angemessene Unterstützung in der Not zu
gewähren, die für unser täglich Brot sorgen. Dabei sind auch die
Landwirte systemrelevant. Zwar ist der Anteil der bäuerlichen
Produktion am Bruttoinlandsprodukt vergleichsweise gering, doch ohne
die auf Feldern und in Ställen erzeugten Nahrungsmittel kann die
Gesellschaft nicht existieren. Solch schlichte Botschaften werden
allerdings von einigen Politikern und Medienleuten ignoriert, die für
die jetzige Notsituation die Landwirte verantwortlich machen und
ihnen Schlagworte wie "industrielle Landwirtschaft" oder
"Massentierhaltung" entgegenschleudern. Noch zynischer äußerte sich
ein Kommentator, der erklärte, etwas teurere Pommes seien doch noch
keine Katastrophe. In den vergangenen Jahren haben offenbar nicht nur
atemberaubende Veränderungen in der Landwirtschaft stattgefunden,
über die man durchaus streiten kann, sondern es fand auch eine
Entfremdung zwischen Landwirten und Konsumenten statt. Bei manchem
Kritiker herrscht das idyllische Bild vom Bauernhof mit Kuh und
Schwein und gackernden Hühnern vor, das man aus Kinderbüchern kennt.
Aber dies hat nur noch sehr wenig mit einer modernen, effizienten
Produktion zu tun. Die Landwirte haben in den vergangenen Jahren
investiert, modernisiert, digitalisiert, weil der Markt - genauer die
mächtigen Handelskonzerne - es von ihnen forderte. Zehntausende
Bauern haben zudem ihre Höfe aufgegeben. Die einstige Weinkönigin von
der Nahe und heutige Bundeslandwirtschaftsministerin, Julia Klöckner,
zeigt zwar Mitgefühl mit der Lage der von Dürre betroffenen
Landwirte, ansonsten aber verschanzt sie sich noch hinter
staubtrockenen Regularien. Aber man muss nicht erst die amtliche
Erntestatistik abwarten, um die Dramatik der Lage zu erkennen. Nach
drei Monaten ohne nennenswerten Regen und wochenlanger Extrem-Hitze
brennt bei vielen Landwirten die Luft. Es geht um ihre Existenz.
Viele der kleinen und mittleren Betriebe haben sich von den Krisen
der letzten Jahre, etwa bei Milch oder Schweinen, noch nicht erholen
können, da schlägt das Wetter erbarmungslos zu. Die notleidenden
Betriebe benötigen jetzt keine theoretischen Exkurse, ob staatliche
Hilfen überhaupt möglich seien, sondern sie brauchen angemessene,
unbürokratische Unterstützung, damit sie die jetzige Notsituation
überstehen können. Von den Ländern, aber auch vom Bund. Abwarten
jedoch wäre verantwortungslos. Auf einem anderen Blatt freilich
steht, dass sich die Landwirtschaft auf solche Extreme vorbereiten
muss, wie wir sie zurzeit haben und infolge des Klimawandels vermehrt
haben werden. Extremer Dürre, aber auch enormen Niederschlägen, gilt
es, mit einem ganzen Strauß an Maßnahmen vorzubeugen. Neue,
widerstandsfähigere Pflanzenzüchtungen zählen ebenso dazu wie der
Ausbau von Be- und Entwässerungssystemen, veränderter Fruchtfolgen,
die Abkehr von riesigen Monokulturen, weniger Dünger und
Pflanzenschutzmittel. Das große Thema lautet: Nachhaltigkeit unter
sich wandelnden Klimabedingungen. All das liegt im ureignen Interesse
der Landwirte selbst, genauso wie im Interesse von uns Konsumenten.
Die jetzige Dürre erhöht den Druck für Veränderungen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

648462

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Beitragsfreie Kindertagesstätten Entlastet die Erzieherinnen Florian Pfitzner, Düsseldorf Bielefeld (ots) - Die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin ist in gebefreudiger Stimmung. Als erstes Bundesland hat der Stadtstaat die Kitagebühren gestrichen. Berliner Eltern sind nun freigestellt von den einkommensabhängigen Beiträgen, sie zahlen auch für die Betreuung der unter Einjährigen in Kindertagesstätten oder bei Tagesmüttern keine Abgaben mehr. Die fünfjährige Zeit vor Schulbeginn war schon zuvor schrittweise von Beiträgen befreit worden. Es drängt sich die Frage auf, wann das bevölkerungsreichste Bundesland gleichzieht. mehr...

  • BERLINER MORGENPOST: Nahles braucht mehr Zeit / Leitartikel von Tim Braune zu 100 Tage SPD-Chefin Nahles Berlin (ots) - Kurzform: Wer genauer hinschaut, sieht, dass Andrea Nahles seit dem 22. April einiges in der SPD bewegt hat. Mit harter Hand räumt sie auf. Wo Vorsitzende wie Gabriel und Gerhard Schröder brüllten, versucht die Frau aus der Vulkaneifel, ihr robustes Temperament zu zügeln, zuzuhören, alle in Entscheidungen einzubinden. Ein Riesenproblem hat Nahles nicht in der Hand. Ihr läuft die Zeit davon. Gehen die Landtagswahlen im Oktober in Bayern und Hessen schlecht aus, wird der Druck wachsen. Der Blick in den Wahlkalender des mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: zu den Folgen der Digitalisierung auf die Wirtschaft Stuttgart (ots) - Trump, Brexit, Putin, Erdogan, China und der Handelskrieg - die Liste von akuten oder zumindest latenten Risiken für die deutsche Wirtschaft ließe sich mühelos noch um ein paar Positionen erweitern. An Schätzungen, wie viele Jobs in einzelnen Branchen wie der Autoindustrie im Zuge der Elektrifizierung von Autos und der Vernetzung von Fabriken wegfallen, mangelt es nicht. Doch die seriösen Szenarien sehen immer auch eine Verlagerung von Arbeitskräften vor. Mit anderen Worten: Die Menschen werden weiter gebraucht, mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Heilige Kühe / Kommentar zu Dürre und Agrarpolitik / Von Reinhard Breidenbach Mainz (ots) - Der Klimawandel ist in vollem Gange. Ob er zur Katastrophe wird, das liegt an uns. Auch das, was in der Landwirtschaft passiert, hat Einfluss auf das Klima. Beispiele: Tierhaltung ist eine Ursache für Treibhausgase. Und: Ein geringerer Verbrauch von Pestiziden und Kunstdünger würde die Klimabilanz verbessern. Agrarministerin Julia Klöckner weiß, warum sie sagt: "Es geht um eine umwelt- und klimaschonende Bewirtschaftung." Andererseits, so die Ministerin, sei es unfair, dem Landwirt, der jetzt um seine Existenz bangt, mehr...

  • Golze-Skandal: AfD fordert weitere Sondersitzung des Gesundheitsausschusses (FOTO) Potsdam (ots) - Birgit Bessin: "Offensichtlich sind weder Gesundheitsministerium noch Landesamt für Gesundheit arbeitsfähig. An dem Punkt kann man doch nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen." Die AfD-Fraktion hat der Vorsitzenden des Landtagsgesundheitsausschusses einen umfangreichen Katalog an Fragen übermittelt, der in der nächsten Sondersitzung des Ausschusses beantwortet werden soll. Mit gleicher Post wurde die Sondersitzung selbst beantragt. Dazu erklärt die AfD-Abgeordnete Birgit Bissin: "Jetzt zeigt mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht