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Bundesverkehrsministerium will Gesetz schnellstmöglich für kommerzielle Sammeltaxis öffnen / Massive Lobbyarbeit der Industrie / "Report Mainz" und "Exclusiv im Ersten" berichten

Geschrieben am 24-07-2018

Mainz (ots) - Das Bundesverkehrsministerium will das
Personenbeförderungsgesetz schnellstmöglich liberalisieren, um so
genannte Ridesharing-Dienste - also kommerzielle Sammeltaxis - zu
ermöglichen. Das sagte der Parlamentarische Staatssekretär Steffen
Bilger (CDU) im Interview mit "Report Mainz"-Autoren für das
Reportageformat "Exclusiv im Ersten". "Also die Reform des
Personenbeförderungsgesetzes steht ganz oben auf unserer Liste, weil
wir wissen, dass da kaum Zeit zu verlieren ist. Es entwickeln sich in
kürzester Zeit neue Geschäftsmodelle. Es kann nicht sein, dass das
erst am Ende der Legislaturperiode behandelt wird, sondern da müssen
wir uns schnell ranmachen."

Nach Recherchen von "Report Mainz" für "Exclusiv im Ersten" hat es
zuvor massive Lobbyarbeit der Anbieter von Ridesharing-Diensten
gegeben. Ridesharing ist ein kommerzielles Sammeltaxi mit
professionellen Fahrern, das per App auf dem Smartphone gebucht
werden kann. Unterwegs sollen weitere Fahrgäste zusteigen, die eine
ähnliche Strecke zurücklegen wollen. Momentan ist ein solches Angebot
bundesweit nur zu Testzwecken zulässig. Um dies zu ändern, hatte die
Große Koalition bereits im Koalitionsvertrag eine Öffnung des
Personenbeförderungsgesetzes angekündigt.

Auch der US-Konzern "Uber" will Ridesharing in Deutschland
anbieten. Dies bestätigte ein leitender Mitarbeiter im Interview.
Nach den "Report Mainz"-Recherchen hatte "Uber" fertige Textbausteine
für ein neues Personenbeförderungsgesetz an Bundestagsabgeordnete
geschickt. Die zentrale Forderung, das Gesetz entsprechend zu
modernisieren, findet sich im Koalitionsvertrag wieder. Auch deutsche
Anbieter haben intensives Lobbying betrieben. Der
Vorstandsvorsitzende des zeitweise vom ADAC mitfinanzierten
Ridesharing-Dienstes "Allygator" in Berlin, Tom Kirschbaum, sagte
hierzu im Interview mit "Exclusiv im Ersten": "Wir haben uns
eingebracht natürlich hinter den Kulissen schon vor der
Bundestagswahl, aber auch während der Koalitionsverhandlungen, haben
da also tatsächlich das ein oder andere an Textbausteinen eingespeist
und waren nun am Ende auch erfreut, das dann auch wieder zu finden."

Die Anbieter werben damit, dass durch Ridesharing-Dienste Nutzer
auf ihr eigenes Autos verzichten würden und durch geteilte Fahrten
insgesamt weniger Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs seien. Experten
hingegen sehen in einer Öffnung des Personenbeförderungsgesetzes
große Gefahren. Der Verkehrsforscher Tilman Bracher vom Deutschen
Institut für Urbanistik, das von den Kommunen getragen wird, sagt im
Interview mit "Report Mainz": "Ich sehe das Gesetz sehr kritisch,
weil es zu Zuwachs an Autoverkehr in den Städten führen wird. Die
Erfahrungen zeigen, da sitzen dann ein oder zwei Leute drin, die in
einem Kleinbus durch die Stadt geschippert werden. Und das wird die
Verkehrsprobleme nur zusätzlich verschärfen."

Die "Exclusiv im Ersten"-Autoren haben mehrere
Ridesharing-Dienste, die sich momentan im Testbetrieb befinden, mit
der Kamera begleitet. Fast alle Fahrgäste gaben hierbei an, dass sie
die gebuchte Strecke sonst mit dem öffentlichen Nahverkehr
zurückgelegt hätten. Experten sehen in den neuen Angeboten daher die
Gefahr, dass mehr Fahrzeuge in den Städten unterwegs sein könnten und
sich die Verkehrsprobleme dadurch weiter verschärften.

In San Francisco sind Ridesharing-Dienste seit langem Alltag, vor
allem die Anbieter "Uber" und "Lyft" vermitteln tausende Fahrten
täglich. Der regionale Zuganbieter "Bart" hat nach eigenen Aussagen
dadurch zahlreiche Kunden verloren. Hillary Ronen, gewähltes Mitglied
der Stadtregierung von San Francisco, warnt im Interview mit
"Exclusiv im Ersten" daher vor einer Öffnung des Marktes auch in
Deutschland: "Ich rate den deutschen Behörden dringend, sehr
vorsichtig zu sein, die strengen Vorschriften für die
Ride-Sharing-Anbieter aufzuweichen. Was sonst passiert, sehen wir
momentan in San Francisco. Das ist nicht gut für die Städte."

Das ARD-Politikmagazin ""Report Mainz"" wird sich am Dienstag, den
24.07.2018 um 21.45 Uhr, mit dem Thema beschäftigen. Die "Exclusiv im
Ersten"-Reportage "Mit Vollgas in den Verkehrskollaps. Der Kampf um
die Mobilität von morgen" wird am 30.7.2018 um 21.45 im Ersten
ausgestrahlt (Film vorab für akkreditierte Journalisten auf
presse.daserste.de und presseportal.SWR.de).

Zitate gegen Quellenangabe frei.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an ""Report Mainz"", Tel. 06131
929 33351 oder -33352.

Original-Content von: SWR - Das Erste, übermittelt durch news aktuell


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