(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Kein Ende an der Grenze / Leitartikel von Christian Unger zur Asylpolitik

Geschrieben am 17-06-2018

Berlin (ots) - Kurzform: Soll Deutschland Geflüchtete an der
deutschen Grenze zu Österreich zurückweisen dürfen? Die Debatte kocht
hoch. Zu Recht. Es geht nicht nur darum, ob Deutschland einen
liberalen oder restriktiven Kurs in der Asylpolitik führt. Im Kern
streiten sich Experten über Grundfragen der Verfassung und des
europäischen Rechts. Ganz nebenbei geht es auch um den Fortbestand
unserer Bundesregierung. Doch ist die Debatte über die Pläne der CSU
nur die deutsche Dimension einer weltweiten Krise. Es ist Zeit, den
Blick zu weiten. Über die deutsche Grenze hinaus. Vor allem ein
Politiker der CSU braucht jetzt mehr Gehör. Es ist
Entwicklungsminister Gerd Müller. Um die Asyldebatte ehrlich zu
führen, müssen wir mit Mythen aufräumen und die Ursachen für Flucht
dort erkennen, wo sie entstehen.

Der komplette Leitartikel: Soll Deutschland Geflüchtete an der
deutschen Grenze zu Österreich zurückweisen dürfen? Die Debatte kocht
hoch. Zu Recht. Es geht nicht nur darum, ob Deutschland einen
liberalen oder restriktiven Kurs in der Asylpolitik führt. Im Kern
streiten sich Experten über Grundfragen der Verfassung und des
europäischen Rechts. Ganz nebenbei geht es auch um den Fortbestand
unserer Bundesregierung. Doch ist die Debatte über die Pläne der CSU
nur die deutsche Dimension einer weltweiten Krise. Es ist Zeit, den
Blick zu weiten. Über die deutsche Grenze hinaus. Vor allem ein
Politiker der CSU braucht jetzt mehr Gehör. Es ist
Entwicklungsminister Gerd Müller. Um die Asyldebatte ehrlich zu
führen, müssen wir mit Mythen aufräumen und die Ursachen für Flucht
dort erkennen, wo sie entstehen. Vier Punkte sind entscheidend.
Erstens: Derzeit entsteht der Eindruck, nach Deutschland kämen nur
noch "Wirtschaftsflüchtlinge" oder "Asyltouristen". Das ist falsch.
Syrien, Irak und Afghanistan sind noch immer die
Hauptherkunftsländer. Flucht vor Krieg lässt sich immer noch am
besten damit lösen, dass ein Krieg beendet wird. In Syrien agieren
auch nach Niederschlagung des IS viele Dschihadisten. Diktator Assad
bleibt an der Macht. Afghanistan hat die höchste Zahl ziviler Opfer
von Gewalt seit Jahren. Fluchtbewegungen aus diesen Gebieten bleiben
noch Jahre bestehen. Zweitens: Deutschland und die EU tragen nicht
die Hauptlast der Versorgung von Flüchtlingen - sondern nur einen
Bruchteil. Weltweit sind 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Im
ersten Halbjahr 2018 brachen rund 40.000 Menschen in Booten über das
Mittelmeer nach Europa auf. In der EU leben gut 500 Millionen
Menschen. Auf 10.000 EU-Bürger kommt nicht einmal ein Flüchtling,
also ein Zuschauer in einem gut gefüllten Zweitliga-Stadion. Die
meisten, die vor Krieg und Hunger fliehen, schaffen es nicht bis in
die EU, sondern bleiben in Camps im eigenen Land oder im
Nachbarstaat. Das gilt vor allem für Afrika. Hier wird sich
entscheiden, ob die weltweite Fluchtkrise gelöst wird. Minister
Müller fordert jetzt 60 Milliarden Euro aus der EU für afrikanische
Staaten. Das führt zu Punkt 3: Der Großteil der Fliehenden, die aus
Afrika die europäische Küste erreichen, sind junge Männer. Ein Teil
flieht nicht vor Krieg, sondern sucht in der EU einen Ausweg aus
Trostlosigkeit und Armut. Junge Männer sind die Ersten, die es aus
den Krisengebieten schaffen. Es fliehen nicht die Ärmsten, sondern
junge Menschen, die ein bisschen Geld, Ehrgeiz und Mut
zusammenkratzen. Die Schwächsten bleiben zurück. Ein Kreislauf der
Destabilisierung beginnt. Deshalb ist Entwicklungshilfe die stärkste
Säule der Asylpolitik. Aber das Geld muss auch dort ankommen, wo es
Fluchtgründe wirklich bekämpft. Und vor allem Frauen und Kinder
stärken. Punkt 4 führt noch einmal zurück zu Merkel und Seehofer.
Europas sogenanntes Dublin-Verfahren, nachdem Geflüchtete dort Asyl
beantragen müssen, wo sie Europa zuerst erreichen (Italien,
Griechenland), ist ungerecht und funktioniert nicht. Die EU-Staaten
dürfen Migration und Flucht nicht erst durch Verteilungsquoten in
Europa steuern, sondern in Afrika und Nahost. Regierungen müssen
stärker auf Kontingente setzen - und institutionalisierte, legale
Wege in den europäischen Schutzraum und Arbeitsmarkt schaffen.
Schleusern würde das Geschäft entzogen, Migranten bekämen Anreize,
die Hürden für Einreisen mit Investitionen in ihre Arbeitskraft zu
erfüllen, und Kriegsflüchtlinge könnten gezielt ausgewählt werden,
auch Frauen und Kinder. Es ist ein Weg, Regeln und Realität in
Einklang zu bringen.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

642650

weitere Artikel:
  • Badische Zeitung: Die CSU und Europa: Orbanisierung wäre fatal / Kommentar von Thomas Fricker Freiburg (ots) - Nicht die CSU oder ihr Noch-Vorsitzender haben beim Regieren das letzte Wort, sondern die Kanzlerin, gestützt auf den Koalitionsvertrag. Den haben CDU, SPD und CSU unterschrieben. Setzte Seehofer seine Drohung in die Praxis um, ignorierte er nicht nur Merkels Richtlinienkompetenz, er bräche die eigene Koalitionsvereinbarung. Die Regierung wäre am Ende, das Bündnis von CDU und CSU ebenso. Lohnt der Streit? Nur, wenn es in Wahrheit um mehr geht. Alter Groll mag ein Motiv sein, auch Panik wegen der Bayern-Wahl. Und mehr...

  • Rheinische Post: Innenstaatssekretär Krings warnt vor Bruch zwischen CDU und CSU Düsseldorf (ots) - Innenstaatssekretär Günter Krings (CDU) hat vor einer Bruch zwischen CDU und CSU gewarnt. "Sollte es bei dieser Frage, in der wir gar nicht weit auseinander liegen, zu einem Bruch zwischen CDU und CSU kommen, wäre das schlimmer als der Kreuther Trennungsbeschluss von 40 Jahren", sagte Krings der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). Damals sei man gemeinsam in der Opposition gewesen. "Ein Bundestag aber, in dem sich die CDU auf der Regierungsseite und die CSU auf der Oppositionsseite wiederfindet, mag sich mehr...

  • Rheinische Post: Bundesregierung verfehlt eigene Ziele bei sachgrundlosen Befristungen Düsseldorf (ots) - Die große Koalition kann ihre Zielsetzung bei der Begrenzung von sachgrundlosen Befristungen selbst bei Weitem nicht erfüllen: Nur in zwei der 16 Bundesministerien liegt der Anteil der Tarifbeschäftigten mit sachgrundlosen Befristungen unter der von der großen Koalition in ihrer Koalitionsvereinbarung festgelegten Zielmarke von 2,5 Prozent aller Tarifbeschäftigten. Das geht aus der Antwort der Regierung auf eine schriftliche Frage des FDP-Abgeordneten Otto Fricke hervor, die der Düsseldorfer "Rheinischen Post" mehr...

  • Rheinische Post: Klimaforscher Schellnhuber warnt vor Ende des Multilateralismus Düsseldorf (ots) - Deutschlands führender Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber hat die Bundesregierung ermahnt, trotz aller politischen Querelen in der Asylpolitik den Klimaschutz nicht zu vergessen. "Klimarisiken machen nicht an Grenzen halt, egal ob an diesen Polizisten stehen - deshalb ist es gut, wenn sich die Bundesregierung weiter für eine grenzüberschreitende Klimapolitik einsetzt", sagte Schellnhuber der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag) zum Auftakt der Petersberger Klimakonferenz am Montag. "Wer das Ende des Multilateralismus mehr...

  • Rheinische Post: Grünen-Fraktionschef nennt Regierungskrise "fatal für Deutschland und Europa" Düsseldorf (ots) - Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat die Regierungskrise in Berlin als "fatal für Deutschland und Europa" bezeichnet. "Der Ball liegt nun bei CSU und CDU, sie müssen klären, ob sie noch gemeinsam dieses Land regieren können", sagte Hofreiter der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). "An Spekulationen über Neuwahlen und Koalitionsoptionen will ich mich nicht beteiligen. Klar ist: Diese Regierungskrise ist fatal für Deutschland und Europa", sagte Hofreiter. www.rp-online.de Pressekontakt: Rheinische mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht