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Mittelbayerische Zeitung: Die falsche Debatte / Beim Gezerre um den Familiennachzug weckt die GroKo Erinnerungen an die schwarz-gelbe Gurkentruppe. Dabei warten auf Union und SPD ganz andere Probleme.

Geschrieben am 05-04-2018

Regensburg (ots) - Gut ist die große Koalition wahrlich nicht
gestartet. Das begann schon damit, dass es ein halbes Jahr gedauert
hat, bis sie überhaupt stand. Und ging weiter über die männerselige
Personalauswahl in den CSU-Ministerien bis hin zu den eher unseligen
Betrachtungen eines doch noch sehr jungen Gesundheitsministers über
die Armut. Dass das Bündnis aus CDU, CSU und SPD nicht viel mehr als
eine Notregierung sei, ist wahrlich kein unbegründeter Eindruck. Nun
aber wegen des Streits um Horst Seehofers Gesetzentwurf zum
Familiennachzug gleich den Bruch zu riechen, geht viel zu weit.
Erstens, weil der Entwurf sich entgegen anderslautender Gerüchten
ziemlich exakt an die Vorgaben des Koalitionsvertrages hält. Und
zweitens, weil das Thema an sich nicht das ist, das die Leute
brennend interessiert. Da steht ganz vorne nach jüngsten Umfragen die
Rente, zu Recht. Nach welchen Kriterien exakt jene 1000 Glücklichen
pro Monat ausgewählt werden, die Frau, Mann oder Kinder nach Flucht
und Entbehrung endlich wieder in die Arme schließen dürfen, ist zwar
eine zutiefst humane Frage. Aber keine, die die Massen bewegt. Also
auch keine, mit der sich ein Koalitionsstreit begründen ließe.
Seitens der SPD ohnehin nicht, die bekanntlich in der letzten
Legislaturperiode kein Problem damit hatte, die Sache wie folgt zu
regeln: Nachzug Null. Dass Horst Seehofer eine so große Eile hat, den
Nachzug zu regeln, hat zweifellos mit dem Wahlkampf in Bayern zu tun,
wie man überhaupt manches Handeln der Christsozialen in Berlin
derzeit unter der Überschrift "Emotionaler Ausnahmezustand" verbuchen
muss. Bis zum Herbst kann der noch zu manchen Eruptionen führen, und
im Falle eines für die CSU schlechten Wahlausganges erst recht.
Verboten ist es allerdings auch nicht, sich so schnell dem
Familiennachzug zu widmen. Zumal es dafür einen gewissen Termindruck
gibt. Für etwas anderes dürfte der interne Umgang mit diesem ersten
Gesetzentwurf der neuen Koalition hingegen viel wichtiger sein: Für
die Tonlage, in der man miteinander in den nächsten Jahren regieren
wird. Da war der Familiennachzug bisher kein gutes Beispiel, übrigens
auch nicht als erste Probe auf die Fähigkeiten des für die
Koordinationsarbeit zuständigen neuen Kanzleramtschefs. Will man
gleich vom ersten Tag an eine Gurkentruppe sein wie einst
Schwarz-Gelb, eine Streitkoalition also, in der kaum ein Vorstoß des
einen Partners vom anderen öffentlich unkommentiert blieb? In der
Gerüchte und Missverständnisse wabern? Oder will man doch sachlich
zusammenarbeiten, um interne Konfliktverhütung und -bereinigung
bemüht, also professionell? Letzteres ist zu wünschen, selbst wenn
man die große Koalition nicht mag. Denn wir haben sie nun einmal und
Probleme genug. Schon die ersten Wochen haben gezeigt, dass nicht die
punktgenaue Umsetzung des detailversessenen Koalitionsvertrages die
eigentliche Herausforderung der neuen Regierung sein wird, ebenso
nicht die Erfüllung der aktuellen Profilneurosen der CSU oder der
immer noch waidwunden SPD. Sondern die gemeinsame Fähigkeit zur
Reaktion auf viel größere Herausforderungen, die nicht im Vertrag
stehen: Der drohende weltweite Handelskrieg etwa, oder auch die
gefährliche diplomatische Konfrontation mit Russland. Da wäre es doch
gut, man schaffte eine vergleichsweise unwichtige Detailregelung wie
die über den Familiennachzug geräuschlos durchs Kabinett. Der
Bundestag kann dann immer noch debattieren.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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