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ROG: Mesale Tolu bleibt trotz Freilassung politische Geisel

Geschrieben am 18-12-2017

Berlin (ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) ist erleichtert über
die Freilassung der seit mehr als sieben Monaten in der Türkei
inhaftierten Journalistin Mesale Tolu. Ein Gericht in Istanbul
entschied am Montag (18.12.), die deutsche Journalistin unter
Auflagen freizulassen. Sie darf die Türkei jedoch nicht verlassen und
muss sich einmal pro Woche bei der Polizei melden. Tolu saß seit
Anfang Mai in Haft. Die Staatsanwaltschaft wirft der deutschen
Journalistin laut Anklageschrift Mitgliedschaft in einer bewaffneten
Terrororganisation und Terror-Propaganda vor. Die nächste Anhörung
ist am 26. April.

"Mesale Tolu bleibt eine politische Geisel der Türkei, solange sie
das Land nicht verlassen darf. Die türkische Justiz muss die
Anschuldigungen gegen Mesale Tolu fallenlassen und sie endgültig
freisprechen", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Die
Entscheidung des Gerichts ist auch ein kleiner Hoffnungsschimmer für
den seit Februar inhaftierten Journalisten Deniz Yücel. Die türkische
Justiz muss endlich eine Anklageschrift gegen Yücel vorlegen und ihm
die Möglichkeit geben, sich vor Gericht gegen die konstruierten
Anschuldigungen zu verteidigen."

Zu Beginn der Verhandlung im Justizpalast Caglayan in Istanbul
forderte die Staatsanwaltschaft am Montag die Freilassung von Mesale
Tolu. Tolu forderte ihren Freispruch. Sie sei verhaftet worden, weil
sie eine Journalistin sei, sagte sie in ihrer Verteidigung. Reporter
ohne Grenzen hat den Prozess vor Ort beobachtet. Auch der deutsche
Botschafter in der Türkei, Martin Erdmann, nahm als Prozessbeobachter
teil.

Der Prozess gegen Tolu hatte am 11. Oktober begonnen. Die deutsche
Journalistin, die im Jahr 2007 die türkische Staatsbürgerschaft
abgelegt hatte, war am 30. April in Istanbul festgenommen worden und
saß seit dem 5. Mai im Frauengefängnis Bakirköy in Haft.

STAATSANWALTSCHAFT BERUFT SICH AUF ANONYMEN INFORMANTEN

Tolu sitzt mit 17 weiteren Beschuldigten auf der Anklagebank, die
zeitgleich mit ihr unter ähnlichen Vorwürfen festgenommen wurden
(http://t1p.de/021z). Konkret wirft ihr die Staatsanwaltschaft unter
Berufung auf einen anonymen Informanten vor, sie sei ein Mitglied der
in der Türkei verbotenen marxistisch-leninistischen Partei MLKP und
habe regelmäßig an Veranstaltungen des "Sozialistischen
Frauenparlaments" teilgenommen, des Frauenflügels der Partei.
Allerdings räumte der anonyme Informant in seiner Aussage ein, Tolu
nicht namentlich zu kennen.

Als Beleg für den Vorwurf der Propaganda für eine terroristische
Organisation verweist die Anklageschrift auf Tolus Tätigkeit für die
linke türkische Nachrichtenagentur Etha, die das Gedankengut der MLKP
verbreitet habe. Die Etha-Website ist in der Türkei seit 2015 per
Gerichtsbeschluss gesperrt, die Agentur arbeitet aber weiter.

Außerdem erwähnt die Anklageschrift Tolus Anwesenheit bei
Veranstaltungen, zu denen die legale Gruppierung "Sozialistische
Partei der Unterdrückten" (ESP) aufgerufen hatte. Bei mindestens
einer dieser Veranstaltungen - der Beerdigung zweier bei einem
Polizeieinsatz getöteter mutmaßlicher MLKP-Aktivistinnen im Dezember
2015 - fungierte Tolu als Dolmetscherin für einen Journalisten und
übte damit eine journalistische Tätigkeit aus.

Derzeit sitzen mehr als 100 Journalisten in der Türkei in Haft.
Reporter ohne Grenzen zählt den türkischen Präsidenten Erdogan zu den
größten Feinden der Pressefreiheit weltweit. Auf der Rangliste der
Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz 155 von 180 Staaten. Weiter
Informationen über die Lage der Journalisten im Land finden Sie unter
www.reporter-ohne-grenzen.de/türkei.



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer / Anne Renzenbrink
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29

Original-Content von: Reporter ohne Grenzen e.V., übermittelt durch news aktuell


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