(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur CSU

Geschrieben am 17-12-2017

Regensburg (ots) - Die neue Machtarchitektur der CSU

von Christine Schröpf

Der Machtkampf in der CSU ist offiziell beendet. Die
Machtverhältnisse sind neu sortiert. Horst Seehofer, vor der
Bundestagswahl unangefochtener Herrscher, hat seine Kraft durch die
beschlossene Ämterteilung mindestens halbiert. Ob er sich am Ende
doch auf hohem Niveau als Parteichef stabilisiert, hängt von einem
möglichen attraktiven Ministeramt im nächsten Kabinett Merkel ab. Es
spielt auch eine Rolle, wie geschickt er bei der GroKo-Sondierung in
Berlin verhandelt und ob bei einem Scheitern der Regierungsbildung
die CSU verantwortlich zu machen ist. Denn was im Bund passiert, ist
maßgeblich für den Grundton im Landtagswahlkampf und damit für den
Erfolg 2018. Eine weitere Pleite würde die CSU nicht verzeihen.
Markus Söder ist der neue starke Mann: Läuft es für ihn schlecht, nur
bis zu einer vergeigten Landtagswahl. Er wäre dann der jüngste und
kürzeste Ministerpräsident in der Geschichte des Freistaats. Läuft es
gut, bleibt der 50-Jährige aber wohl auf lange Zeit an der Macht.
Messlatte für den Erfolg ist nicht die Verteidigung der absoluten
Mehrheit - wenn das gelänge, läge ihm die CSU zu Füßen. Es genügt in
Zeiten tektonischer Verschiebungen im Parteiengefüge schon das
Landtagswahlergebnis 2008 von 43,4 Prozent, das damals noch das Ende
der Doppelspitze Günther Beckstein und Erwin Huber bedeutete. Fatal
wäre nur, wenn Söder unter Seehofers 38,8 Prozent bei der
Bundestagswahl rutscht. Es bleibt ein Restrisiko, dass dieser Fall
eintritt. Die AfD und FDP müssten dafür in den Landtag einziehen,
kompromisslose Söder-Gegner unter den CSU-Wählern am Wahltag ihr
Kreuzerl verweigern. Um das zu verhindern, wird Söder allerdings bis
zum Wahltag mit höchstem Tempo durchs Land fegen. Die Opposition muss
darauf hoffen, dass Söder dabei möglichst viele Fehler macht. Sonst
eilt er Ihnen meilenweit davon. CSU-Vize Manfred Weber verlässt das
Schlachtfeld in der CSU leicht geschwächt. Er liebäugelte vergeblich
mit dem Parteivorsitz, hat erfolglos gegen Söder opponiert. Die
Intimfeindschaft, die beide verbindet, hat sich weiter verstärkt. Die
Landtagsfraktion fühlt sich düpiert. Teile der CSU Oberbayern und
mancher Parteifreund in Franken hat mit ihm nun eine Rechnung offen.
Man unterstellt ihm, er habe zu sehr eigene Interessen verfolgt und
sei auch treibende Kraft gewesen, als es darum ging, Innenminister
Joachim Herrmann von einer Kandidatur gegen Söder zu überzeugen.
Webers Stunde würde nur schlagen, wenn eintritt, was er nicht
ernstlich wünschen kann: Die CSU stürzt bei der Landtagswahl
tatsächlich auf das nächste historische Tief. Dann wäre definitiv
wieder neues Personal von Nöten. Zu den Gewinnern zählt der
CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt. Stünde über
kurz oder lang ein Wechsel an der Parteispitze an, wäre er der Mann,
mit dem auch Söder leben könnte, schon allein weil er nicht Weber
heißt. Solange er in Bayern nicht fest im Sattel sitzt, hat Söder
ohnehin nichts gegen eine Doppelspitze. Die Aufgaben, die er in
Bayern vor sich hat, genügen ihm. Im Steigen ist der Stern des
Oberpfälzer CSU-Chefs Albert Füracker. Er hatte als Erstes die
Neuordnung der Partei gefordert und damit einen Dammbruch ausgelöst.
Söder hat ihm mitzuverdanken, dass er nun bald Ministerpräsident ist.
Füracker handelte aus Überzeugung, agierte dabei wie immer direkt und
offen - ohne die Verschlagenheit einiger anderer Seehofer-Kritiker.
Es würde nicht überraschen, wenn Füracker vor dem nächsten Aufstieg
steht. Im Finanzministerium wird demnächst der Posten des
Ressortchefs frei. Er könnte ihn sehr gut füllen. Last but not least:
Die neue CSU-Vize-Chefin und Gesundheitsministerin Melanie Huml. Sie
ist Vertreterin einer neuen Generation Frauen in der CSU, die
unerschrocken nach der Macht greifen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

619058

weitere Artikel:
  • Berliner Zeitung: Kommentar zur CSU. Von Daniela Vates Berlin (ots) - Die CSU hat sich abgefunden mit der Möglichkeit, die absolute Mehrheit zu verlieren. Das ist eine wahrhaft spektakuläre Entwicklung...Wenn nun der Mythos von der Unbesiegbarkeit langsam dahinschmilzt, vergeht diese Macht. Nordrhein-Westfalen als mächtigster CDU-Landesverband dürfte sich bereits die Hände reiben - die Gewichte in der Union würden sich verschieben. Söder könnte damit einer der machtlosesten Ministerpräsidenten der jüngeren bayerischen Geschichte werden. Die Aussicht darauf wird nicht dazu führen, dass mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Verkrampft / Kommentar von Frank Schmidt-Wyk zum Antisemitismus Mainz (ots) - Was macht ein Minister, wenn er sich mit einem Problem konfrontiert sieht, das viele Menschen bewegt, für das es aber keine rasche Abhilfe gibt? Richtig, er setzt eine(n) Ausschuss, Arbeitsgemeinschaft, Expertenkommission oder Sonderbeauftragten ein. Beziehungsweise - wie jetzt im Fall von Thomas de Maizière - er greift den Vorschlag zur Einsetzung eines Sonderbeauftragten auf, den eine bereits Anfang 2015 wegen des gleichen Problems vom Bundestag eingesetzte Expertenkommission gemacht hatte. Auch damals gab es eine breite mehr...

  • Rheinische Post: Alleinerziehenden sinnvoll helfen Kommentar Von Reinhard Kowalewsky Düsseldorf (ots) - Wenn in Deutschland fast 38 Prozent der Alleinerziehenden mit Hartz IV unterstützt werden müssen, läuft etwas schief. Was muss geändert werden? Wir brauchen eine Reform der Scheidungsreform von 2008: Es war richtig, dass Männer für die getrennte Ehefrau nicht mehr undifferenziert jahrzehntelang aufkommen müssen. Aber das völlige Abschaffen von Unterhalt gegenüber dem Ex-Partner ist auch unfair: Wenn ein Partner Karriere macht, weil der andere viel Zeit für die Kinder investierte, muss dies ausgeglichen werden. Was mehr...

  • Rheinische Post: Polizei muss aufklären Kommentar Von Christian Schwerdtfeger Düsseldorf (ots) - Die Vorwürfe gegen die Polizei wiegen schwer: Einsatzkräfte sollen in Düsseldorf bei der Erstürmung einer Eckkneipe im Rockermilieu, in der eine Weihnachtsfeier stattfand, unverhältnismäßig hart gegen unbeteiligte Gäste vorgegangen sein. Betroffene berichten von Tritten und Schlägen, von Beschimpfungen und sogar Einschüchterungsversuchen durch die Polizisten. Die Anschuldigungen müssen nun lückenlos aufgeklärt werden. Der Einsatz hatte sich eigentlich gegen Mitglieder der Hells Angels gerichtet, die auf der Feier mehr...

  • Rheinische Post: Die "Södofer"-CSU Kommentar Von Gregor Mayntz Düsseldorf (ots) - Doppelspitzen waren bei der CSU noch nie Hinweise auf Erfolg oder Niederlage. Regierungschef Alfons Goppel und Parteichef Franz Josef Strauß modernisierten Bayern, Günther Beckstein und Erwin Huber funktionierten weniger gut. Auch zwischen Markus Söder und Horst Seehofer hat es oft gekracht. Der gefühlige Versöhnungsparteitag wirkte aufgesetzt. Einen Teil seiner Kraft wird das neue Führungs-Duo brauchen, um im Bayern-Wahlkampf die Beißreflexe zu unterdrücken. Dass er mühsam um Applaus werben musste, während Söder mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht