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Die zweite InsurTech-Welle rollt an, der Shake-out beginnt / Gemeinschaftsstudie zu Geschäftsmodellen deutscher InsurTechs von Policen Direkt und Oliver Wyman

Geschrieben am 11-12-2017

München/Frankfurt (ots) - Die deutsche InsurTech-Szene wächst,
reift - und droht in eine Finanzierungsklemme zu geraten. Im
"InsurTech-Radar Deutschland 2017" unterziehen Oliver Wyman und
Policen Direkt 110 Start-ups einer kritischen Überprüfung ihrer
jeweiligen Geschäftsmodelle. Ein zentrales Ergebnis: Nicht jedes
Geschäftsmodell ist erfolgsversprechend. Der Vergleich zum Vorjahr
zeigt: Vertriebliche Modelle überwiegen noch mit 40% der Aktivität.
Es stoßen aber immer mehr InsurTechs mit Technologiekompetenz in
vielversprechende Lücken im Betrieb (38%) und Angebot (22%) vor.
Einige besonders attraktive, aber auch komplexe Geschäftsmodelle
bleiben von vielen InsurTechs jedoch unbeachtet. Echte Disruption
bleibt noch die Ausnahme. Eine flankierende Umfrage unter den
deutschen InsurTech-Gründern zeigt zudem einen Engpass: Größere
Anschlussfinanzierungen werden zunehmend schwieriger. Dabei ist Geld
aus den Händen von Primärversicherern bei den meisten
Jungunternehmern verpönt. Rückversicherer dagegen sind als Investoren
willkommen. Bei den InsurTechs hat es bereits erste Marktaustritte
gegeben: Der Shake-out beginnt.

Das Gründungstempo im deutschen Versicherungsmarkt bleibt hoch:
Waren Mitte 2016 etwas mehr als 50 InsurTechs aktiv, so sind es Ende
2017 bereits 110. "Die Verdopplung binnen 18 Monaten geht einher mit
einer wachsenden Reife der InsurTechs. Die Gründer in Deutschland
haben dazugelernt und in vielen Fällen ihre Geschäftsmodelle
überarbeitet", sagt Nikolai Dördrechter, Geschäftsführer der Policen
Direkt-Gruppe. Als Co-Autor des InsurTech-Radars Deutschland 2017 hat
er gemeinsam mit Dietmar Kottmann, Partner der Strategieberatung
Oliver Wyman, alle deutschen InsurTechs einem detaillierten Check
unterzogen. Die Studie zeigt Trends, die attraktivsten
Geschäftsmodelle und die deutschen Aktivitäten im internationalen
Vergleich. Vor allem technologiegetriebene Geschäftsmodelle sehen die
Experten im Aufwind. "War die InsurTech-Szene 2016 noch stark
vertrieblich geprägt, so begann 2017 ein Umdenken. Spannende neue
InsurTechs mit neuen Versicherungsangeboten oder Innovationen im
Versicherungsbetrieb kamen hinzu, der Mix wurde ausgewogener", sagt
Kottmann. Der Blick auf die Verteilung der InsurTechs entlang der
Wertschöpfungskette zeigt: Vertriebsmodelle (2017: 40%; 2016: 63%)
überwiegen noch immer, doch die Aktivitäten in den Bereichen Betrieb
(2017: 38%; 2016: 21%) und Angebot (2017: 22%; 2016: 16%) nehmen zu.

Zweite Welle braucht Verknüpfung von Versicherungswissen und
Technologiekompetenz

Die Studie zeigt: Die zweite Welle von vielversprechenden
InsurTechs baut sich auf. Mit welcher Wucht sie ankommt, hängt
allerdings noch von einigen Faktoren ab - weit vorne stehen Personal-
und Finanzierungsfragen. Neuer Unternehmergeist fand sich im Jahr
2017 vor allem in Bereichen, die mehr Wissen über Versicherungen
voraussetzen. "Als Bedingung dafür müssen sich allerdings
Gründerteams zusammenfinden, die Zweierlei mitbringen: tiefes
Versicherungswissen wie auch Technologie-Know-how. Eine einzelne
Person wird beide Kompetenzen selten in sich vereinen können", sagt
Dördrechter. Ob sich künftig genügend erfahrene Versicherungsmanager
finden für den Umstieg ins Wagnis InsurTech? Hiervon hängt die
Wachstumsstory in vielen Fällen maßgeblich ab.

Entlang der Wertschöpfungskette haben die Experten 19
Geschäftsfelder für InsurTechs identifiziert. Zuletzt äußerst
beliebt, aber damit auch tendenziell überbelegt, erscheinen digitale
"Full-Stack-Carrier", also volldigitale Versicherungsunternehmen mit
Niedrigkostenstrategie und solche Lösungen, die den
Versicherungsvertrieb technisch unterstützen. "Hier stehen die
Zeichen eher auf Stagnation. Einige Marktteilnehmer werden
ausscheiden oder ihr Geschäftsmodell in lukrativere Felder
verlagern", sagt Kottmann. Dieses sogenannte "Pivotieren" konnten die
Experten bereits bei verschiedenen Marktteilnehmern beobachten. Hohes
Potenzial bieten dagegen Innovationen in Bereichen, die innovative
Lösungen aus einer Kombination von Versicherungswissen und
Technologie erfordern. Kottmann: "Echte Innovationen sind hier noch
rar gesät. Bei innovativen Angeboten wie Risikopartnermodellen oder
'erlebter Sicherheit' sowie in Versicherungs-Kernaufgaben wie Antrag
bzw. Underwriting oder Schadensabwicklung erwarten wir daher
Gründungen, die technologiegetriebene Innovationen nutzen." Da es um
die Markteintritte ausländischer InsurTechs zuletzt etwas ruhiger
geworden ist, finden auf diesem Gebiet mutige Gründer noch viele
Chancen vor.

Es hakt bei Anschlussfinanzierungen: Geht der internationale
Anschluss verloren?

Zu einem Problem könnte allerdings die mangelnde
Wachstumsfinanzierung werden: Um festzustellen, was die Gründer mit
Blick auf das Kapital umtreibt, haben die Studienautoren eine Umfrage
initiiert. 36 deutsche InsurTechs nahmen teil. Zentrales Ergebnis:
"Es fehlt an Kapital speziell im Bereich hoher
Anschlussfinanzierungen", sagt Dördrechter. "Das Potenzial der
aktuellen Investorenlandschaft genügt nicht. Auch von staatlicher
Seite gibt es verglichen mit anderen Ländern derzeit noch zu wenig
Unterstützung." Rund 70 Prozent der Gründer halten die staatliche
Förderung in Deutschland für nicht ausreichend. Sie fürchten,
Deutschland könne so vor allem im Vergleich zu den USA den Anschluss
verlieren.

Dabei ist das erste Geld schnell zusammen: Werden weniger als
250.000 Euro benötigt, sieht nur jeder vierte Befragte Probleme.
Finanzierungsrunden, in denen es um zwei Millionen Euro oder mehr
geht, werden von zwei Dritteln als schwierig oder sehr schwierig
angesehen. "Damit fehlt Geld für die Wachstumsphase.
Marktdurchdringung oder internationale Expansion werden erschwert",
sagt Dördrechter. Nur ein Drittel der Gründer rechnet mit einer
Entspannung in der Finanzierungsfrage binnen Jahresfrist.

Kooperation statt Konfrontation: Rückversicherer als Partner
bevorzugt

Woher aber soll das ersehnte Kapital kommen? Was die staatlichen
Förderprogramme angeht, haben 94 Prozent keine Hoffnung auf
Verbesserung. Den größten Schub erwarten die Befragten von
Venture-Capital-Programmen der traditionellen Versicherer aus dem
Inland (71 Prozent) oder aus dem Ausland (82 Prozent). Doch ein
Dilemma tut sich auf bei der Frage, was die InsurTech-Gründer vom
Mehrengagement der angestammten Versicherer halten: 75 Prozent der
Befragten können einer möglichen Beteiligung eines Primärversicherers
im eigenen InsurTech nichts Positives abgewinnen. "Unter den
Skeptikern lehnen 28 Prozent eine solche Beteiligung sogar
kategorisch ab. Man fürchtet um Kundenbeziehungen, einen Verlust von
Freiheit und Agilität und unterstellt zudem eine negative Auswirkung
auf Folgefinanzierungen", erklärt Kottmann.

Viel besser im Kurs stehen Rückversicherer, denen Gründer mehr
Abstand zum operativen InsurTech-Geschäft unterstellen: 44 Prozent
sähen einen Einstieg eines Rückversicherers als positiv an, weitere
22 Prozent sogar als optimal. Für Primärversicherer eine bittere
Pille, sagt Kottmann: "In Beteiligungsfragen öffnet sich eine Schere:
Einerseits stehen immer mehr Finanzierungsvehikel von
Primärversicherern bereit. Andererseits wächst das Unwohlsein der
InsurTechs, von eben diesem Kapital Gebrauch zu machen. Diese
Diskrepanz zwischen Wollen und Zurückweisung wird langfristig zu
Enttäuschungen führen." Was die Folgen angeht, legen sich Kottmann
und Dördrechter fest: In fünf bis zehn Jahren werden wohl nur noch
wenige Primärversicherer eigene Finanzierungsvehikel anbieten.



Pressekontakt:
Davina Zenz-Spitzweg
Oliver Wyman
Tel. +49 89 939 49 243
davina.zenz-spitzweg@oliverwyman.com

Raphael Kurz
Policen Direkt
Tel. +49 69 900 219 114
rafael.kurz@policendirekt.de

Original-Content von: Oliver Wyman, übermittelt durch news aktuell


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