(Registrieren)

Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: EU-Gipfel Europa en marche Knut Pries, Brüssel

Geschrieben am 23-06-2017

Bielefeld (ots) - Die EU-Oberen haben ihre jüngste Zusammenkunft
in Brüssel zur Leistungsschau gemacht: Auf breiter Front wurden
Themen zügig abgeräumt, Beschlüsse gefasst und weitere große Dinge
angekündigt. Brexit, Trump und Macron haben der EU geholfen, das Bild
der Geschlossenheit zu vermitteln, dem sie in der Vergangenheit so
oft vergeblich hinterherhechelte. Das ist politisch ein Fortschritt
und als Marketing-Übung jedenfalls erstklassig. Die Substanz ist
freilich nicht ganz so eindrucksvoll wie die kraftstrotzenden Parolen
glauben machen wollen. Das zeigt sich vor allem beim leidigen Thema
Migration. Der zähe Widerstand der Visegrad-Staaten gegen jede
gemeinschaftlich organisierte Verpflichtung zur Aufnahme von
Flüchtlingen ist ungebrochen. Das andere Verständnis von
internationaler Solidarität und nationaler Identität geht einher mit
der offenen Weigerung, bindende EU-Regeln zu akzeptieren. Das ist
mehr als punktuelle Meinungsverschiedenheit. Das ist ein
Grundsatzkonflikt über die Ausgestaltung und Ausrichtung der EU. Die
beim Brüsseler Gipfel verbreitete Aufbruchsstimmung, der Glanz des
neuen Hoffnungsträgers Emmanuel Macron, der eindrucksvolle Tatendrang
des wiedererwachten deutsch-französischen Tandems - all das hat bei
diesem Sonnenschein-Gipfel die Differenzen zwar überstrahlt.
Aufgelöst hat es sie aber nicht. Und dass auch die aktuelle
Begeisterung keineswegs flächendeckend ist, zeigte die vielsagend
muffelige Reaktion des ungarischen Ministerpräsidenten Orban auf den
Auftritt des jungen Kollegen aus Paris: "Wenig ermutigend!" Es sind
dies indes nur Abstriche an einer grundsätzlich begrüßenswerten
Dynamik. Nichts hat der EU zuletzt so gefehlt wie der Glaube an sich
selbst und der Wille, das längst nicht vollendete Werk der
europäischen Integration weiter voranzutreiben. Schon wahr -
Stimmungen können schnell wieder kippen. Doch Stimmungen haben auch
das Zeug, politische Produktivkräfte zu werden. Nach dem alten Motto:
Nur wer selbst begeistert ist, kann auch andere begeistern. Wie es
Angela Merkel, Stubenälteste im Europäischen Rat, nach zwölf Jahren
im Amt schafft, sich an der Seite des EU-Frischlings Macron zur
besseren Hälfte einer europäischen Jugendbewegung zu inszenieren,
muss Martin Schulz, ihren Nachfolgekandidaten, persönlich
deprimieren. Als Erz-Europäer aber müsste er Beifall klatschen.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

Original-Content von: Neue Westf?lische (Bielefeld), übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

615269

weitere Artikel:
  • Mittelbayerische Zeitung: Erneuerte Freundschaft / Der deutsch-französische Motor könnte wieder Fahrt aufnehmen. Merkel und Macron liefern Belege dafür. Regensburg (ots) - Wenn der deutsch-französische Motor stottert, kommt Europa nicht voran - so oder ähnlich kann man den Satz seit Jahren immer wieder hören. Ob er stimmt, lässt sich seit Angela Merkels Kanzlerschaft nicht mehr so richtig nachprüfen. Denn als frisch gebackene Kanzlerin traf sie 2005 auf einen nach zehn Jahren im Amt recht saftlos gewordenen Jacques Chirac. Ihm folgte zwei Jahre später Nicholas Sarkozy, dessen nassforsche Art Merkel nicht lag. Auch zwischen ihr und Francois Hollande sprang kein Funke über. Ist wirklich mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Falsche EU-Harmonie = Von Matthias Beermann Düsseldorf (ots) - Wohl noch nie hat es einen EU-Gipfel gegeben, auf dem jeder Missklang so systematisch ausgeklammert wurde. Die Union wollte endlich wieder ein Bild der Eintracht abgeben, wo zuletzt der Eindruck eines heillos zerstrittenen Haufens dominiert hatte. Die Inszenierung ist gelungen, und mit dem jungen französischen Präsidenten Emmanuel Macron hatte sie auch gleich einen neuen Star. Sein demonstrativer Schulterschluss mit Angela Merkel lässt von früher träumen, als Deutsche und Franzosen die EU gemeinsam anführten. Aber mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Alt sein will keiner = Von Horst Thoren Düsseldorf (ots) - Die gute Nachricht lässt manchen erschrecken. Die Babys von heute haben die höchste Lebenserwartung aller Zeiten: 90 plus. Der Jahrgang 2017 hat somit beste Aussichten, das 22. Jahrhundert zu erreichen. Wie aber werden dann die Alten leben? Wie müssen sich gesellschaftliche Strukturen verändern? Wer aus der Perspektive heutiger Senioren auf die Zukunft der Urenkel schaut, mag sich zu Recht sorgen. Eine noch ältere Bevölkerung will betreut, gepflegt, versorgt - letztlich finanziert werden. Schon heute stößt unsere mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Die wackelige Maas-Mission = Von Henning Rasche Düsseldorf (ots) - Wer löscht wann welchen Hasskommentar? Eigentlich wollte Heiko Maas diese Fragen klären. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz trägt nun nicht nur ein Ungetüm als Namen, sondern scheint auch eines zu werden. Die von den Politikern von Union und SPD eingearbeiteten Veränderungen sind vage, sie höhlen das ursprüngliche Vorhaben aus - und sie sind unverständlich. Von "regulierter Selbstregulierung" ist die Rede, und wer sich darunter wenig vorstellen kann, der sei willkommen in einem Kreis schulterzuckender Experten. Auf mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Nicht zu kitten / Kommentar von Friedrich Roeingh zum EU-Gipfel Mainz (ots) - Endlich so etwas wie eine Wende. Demonstrativ hat dieser EU-Gipfel unter Beweis stellen wollen, dass doch noch was geht in Europa. Ungewohnte Einigkeit zum Russland-Boykott, für das Klima-Abkommen (und gegen Trumps Aufkündigung desselben), gegen den Terror im Netz und für eine stärkere Verzahnung der Verteidigungspolitik - die ohne die Briten mit einem Mal möglich scheint. Merkel und Macron ziehen gemeinsam und vor allem einträchtig Bilanz. In einer Woche dann die große Staatstrauer um Helmut Kohl in Straßburg. Ist der mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht