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Rheinische Post: Kommentar / Eine Abwahl erster Klasse = Von Michael Bröcker

Geschrieben am 14-05-2017

Düsseldorf (ots) - Ministerpräsident Armin Laschet. An diesen
Titel wird man sich noch gewöhnen müssen. Vor allem die SPD. Als
"Wackeldackel" hatten die überheblich auftretenden Sozialdemokraten
den Aachener CDU-Herausforderer im Wahlkampf verspottet. Sie irrten.
Laschet gab den Terrier. Mit FDP-Erfolgsgarant Christian Lindner
präsentierten sich beide gar als Partner mit der kalten Schnauze. Sie
bissen erst am Wahlabend zu. Schwarz-Gelb ist nun wieder möglich.
Erstmals seit 2005. Es wäre überhaupt erst das dritte Mal seit 1947.
Minus 14 Prozentpunkte für SPD und Grüne. Fast 12 Prozentpunkte plus
für CDU und FDP. So klar wurde selten eine Landesregierung aus dem
Amt gefegt. Vor allem die SPD und ihre einst als Kanzlerkandidatin
gehandelte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft müssen sich diese
Niederlage anheften. Die SPD erreichte in ihrer Herzkammer, in ihrem
Stammland ihr schlechtestes Ergebnis seit 1947. Selbst bei der
vorgezogenen Wahl 2005, als Tausende gegen die SPD und die
Schrödersche Agenda-Politik auf die Straßen gingen und sich eine neue
linke Partei bildete, erreichte die NRW-SPD noch 37 Prozent. Der
angebliche Amtsbonus von Frau Kraft, die im Wahlkampf alles auf ihre
Person zuschnitt und sich Einmischungen verbat, wurde zum Malus.
Kraft agierte selbstherrlich, schob Kritik schnippisch beiseite und
tat so, als laufe alles gut. Was für eine Fehleinschätzung! 230.000
Wähler liefen alleine von der SPD zur CDU über. Krafts Abstieg begann
2014, als die Ministerpräsidentin angeblich im Urlaub in Brandenburg
nicht erreichbar war, während in Münster nach einem Orkan Menschen
gestorben waren. Ihr Nimbus als Kümmerin war dahin. Pannen folgten.
"Landesmutter außer Dienst" schrieb unsere Zeitung damals. Kraft kam
nicht mehr zurück zum Dienst. Zuletzt sagte sie, auf ihren
Veranstaltungen würde sich keiner für das Thema Innere Sicherheit
interessieren. Wer so tief im Tunnel steckt oder anders: Wer so wenig
Gespür für die Menschen hat, muss verlieren. Kraft hat viel für das
Land getan, aber es reichte am Ende nicht mehr. Die SPD-Niederlage
ist natürlich auch eine Klatsche für den Kanzlerkandidaten Martin
Schulz, der selbst gesagt hatte, dass ein Wahlsieg in NRW ihn ins
Kanzleramt bringen würde. Doch über den Schulz-Effekt sprechen
ohnehin nur noch die Kabarettisten. Die NRW-CDU setzte auf die
nüchterne Wirkung der Realität. Die zentralen Themen Innere
Sicherheit, Bildung und Wirtschaft waren die offenen Flanken der
Landesregierung. Diese Wahl war ein Votum über die Leistungsbilanz
der Regierung Kraft. Sieben Jahre hatte Rot-Grün Zeit, das Land
stärker, gerechter und sicherer zu machen, wie sie es versprochen
hatten. Passiert ist zu wenig. Stillstand ist aber keine Option für
die stolzen Nordrhein-Westfalen, die sich mit Mittelklasseplätzen
nicht zufriedengeben wollen. Der CDU-Herausforderer Armin Laschet tat
dies in seiner gewohnt ruhigen, unaufgeregten, aber nicht
unsympathischen Art (die manche als zu brav und bieder
interpretierten). Immer wieder zeigte er auf die Fehler der
Landesregierung und versprach das alte Schröder-Motto. Er werde nicht
alles anders, aber vieles besser machen. Hinzu kam: Wer
schulpflichtige Kinder hat, konnte Rot-Grün nur schwerlich wählen.
Chaos allenthalben auf dem so wichtigen Feld der Schulpolitik. Der
zweite große Gewinner des Abends, FDP-Strahlemann Christian Lindner,
hatte noch früher auf das Thema Bildung gesetzt. Und lag richtig. Der
Erfolg der Liberalen in NRW ist herausragend, und es ist vor allem
der Erfolg des Christian Lindner, der sich im Herbst kaum Sorgen
machen muss, dass die FDP den Einzug in den Bundestag verpasst. Die
FDP hat den Igitt-Faktor von 2013 abgelegt. Sie wird gebraucht, ja
von vielen offenbar sogar wieder geliebt. Ärgerlich: Ausgerechnet im
Landtag von NRW, einem Bundesland, das sich durch die Vielfalt der
Regionen und Kulturen auszeichnet, sitzt nun eine Partei, die
Stimmung gegen Ausländer macht. Man wird bei der AfD im Landtag genau
hinschauen müssen.

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Rheinische Post
Redaktion

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