(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur SPD

Geschrieben am 19-03-2017

Bielefeld (ots) - Für Spötter ist dieses Ergebnis eine
einzige Enttäuschung. Seit Wochen berauscht sich die SPD so sehr an
Martin Schulz, dass man gestern ein Resultat von mehr als 100
Prozent hätte erwarten müssen. Doch im Ernst: Einstimmig ist
noch nie ein SPD-Vorsitzender gewählt worden. Auch 13.000 neue
Mitglieder sind eine Menge. Das Wichtigste aber: Die Partei
schöpft Hoffnung, dass gegen Angela Merkel womöglich doch ein
Kraut gewachsen sein könnte. Hinzu kommt der Aufwärtstrend in den
Bundesländern, in denen demnächst gewählt wird. Im Saarland scheint
plötzlich die Regierungsübernahme möglich, und auch
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft dürfte ihr Glück kaum fassen
können. Ausgerechnet die Frau, die unbedingt wollte, dass Sigmar
Gabriel als Kanzlerkandidat für die SPD antritt, könnte jetzt
die größte Nutznießerin des Schulz-Effekts werden. Apropos Gabriel:
Der scheidende Vorsitzende hielt sich gestern nicht ans Protokoll.
Seine Rede war - gemäß der Parteitagsregie - nicht nur viel zu
lang, sondern sie fiel auch reichlich programmatisch aus. Da hatte
einer offenkundig noch etwas zu sagen. »Lieber nicht zu viel
versprechen« war ein Ratschlag, auf den Schulz sicher gern
verzichtet hätte. Ein zweiter hieß: »Lasst Euch nicht einreden, die
SPD sei eine reine Verteilungspartei.« Auch der 91-jährige
Hans-Jochen Vogel mahnte per Videobotschaft, dass noch nichts
gewonnen sei. Sein Appell zudem: Haltet zusammen - sechs Monate
Wahlkampf können lang werden. Was zweifelsohne auf keine Partei so
zutrifft wie auf die SPD. Zu oft haben sich die Sozialdemokraten in
jüngerer Vergangenheit selbst zerlegt. Kein Wunder also, dass Schulz
wieder jede programmatische Festlegung vermied. Mit wem er was genau
durchsetzen will, bleibt offen. Eine Wunschkoalition hat er nicht
benannt und erst recht keine Option ausgeschlossen. Schon zuvor
hatte er dafür gesorgt, dass der Dortmunder Programmparteitag auf
Juni und damit deutlich nach hinten verschoben wird. Autosuggestion
ist bei der SPD aktuell das Gebot der Stunde. Angesichts der langen
Durststrecke auf bundespolitischer Ebene ist das verständlich. Bis
zur Bundestagswahl am 24. September wird dieser Kurs freilich nicht
tragen. Doch gestern hat die SPD erst einmal alles Hadern und alle
Selbstzweifel - Agenda 2010 inklusive - auf Martin Schulz
geworfen, dem sie beinahe blind zu folgen scheint. Es grenzt ans
Irrationale. Doch im Moment sieht es so aus, als könne dieser
alle Last spielend tragen. Mensch, Martin! Dieser Mann scheint den
Sozialdemokraten ein einziges Versprechen zu sein, dass für die
Partei »die guten, alten Zeiten« zurückkommen. Ob das so bleibt, ist
eine andere Frage. Und ob es so kommt, erst recht. Die Fallhöhe ist
immens - für Martin Schulz und für die SPD.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

610510

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Erdogans Verbalattacken Bielefeld (ots) - Faschismusvorwürfe, Wiedereinführung der Todesstrafe, Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens: Die Verbalattacken und Drohungen aus Ankara werden immer lauter und sind kaum noch zu ertragen. Kann die Regierung Merkel da weiter so gelassen reagieren, wie sie es bisher tut? Ja, kann sie. Die Strategie der Deeskalation ist richtig. Erdogan ist im Wahlkampfmodus und fürchtet sich offenbar so sehr vor einer Niederlage beim Referendum, dass er auf Provokation setzt, um so die Stimmen rechtskonservativer mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Gehaltsaffäre um Rainer Wendt Bielefeld (ots) - Rainer Wendt ist in den vergangenen Wochen zweimal der Lüge überführt worden. Einmal, als er gegenüber »Report München« bestritt, vom Land NRW bezahlt zu werden, obwohl er nicht mehr als Polizist arbeitet. Und später, als er der Deutschen Presse-Agentur sagte: »In der Summe übersteigen meine Einkünfte das Gehalt eines Hauptkommissars nicht.« Da hatte er wohl die 50.000 Euro vergessen, die ihm die Axa-Versicherung jährlich für ein paar Aufsichtsratstreffen zahlt. Der Gewerkschaftsboss, der in Talkshows polarisierte mehr...

  • Weser-Kurier: Silke Looden über die neue Rockergruppierung Osmanen Germania: Bremen (ots) - Das Landeskriminalamt tut gut daran, die Osmanen Germania im Blick zu behalten. Die neue Rockergruppe könnte die Szene unkontrolliert aufmischen. Der vorgebliche Boxclub rekrutiert vernachlässigte Jugendliche für den Kampfsport und schafft sich damit einen unglaublichen Zulauf von Anhängern. Die aufgepumpten jungen Männer lassen ihre Muskeln nicht nur im Ring, sondern auch auf der Straße spielen. Für sie sind Hells Angels oder Bandidos schlicht "Alt-rocker". Die neuen Rocker kommen nicht mit Motorrädern, sondern in mehr...

  • FZ: Den Geist der Zeit erkannt Kommentar der "Fuldaer Zeitung" zur Wahl von Martin Schulz: Fulda (ots) - So sieht ein Höhepunkt aus: Martin Schulz wurde mit 100 Prozent der gültigen Stimmen auf dem Berliner SPD-Sonderparteitag zum neuen Parteichef und Kanzlerkandidaten gewählt. Aber Höhepunkte haben die Eigenschaft eines Gipfels: Vorher geht es hoch, nachher runter. Warten wir also ab, wie es mit dem Hype um den neuen Frontmann weitergeht. Programmatisch - und das ist für denkende Wähler entscheidend - hat Schulz bis jetzt wenig Visionäres zu bieten: Schröders Agenda, die Deutschland mithilfe einer zumindest anfangs konsequenten mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Weckruf auf der Cebit = Von Antje Höning Düsseldorf (ots) - Vor vier Jahren nannte Angela Merkel das Internet noch "Neuland für uns alle" und zog viel Spott auf sich. Nun erkennt sie, dass die Digitalisierung eine wirtschaftliche Revolution auslöst wie einst die Dampfmaschine. Wie jede Revolution eröffnet die Digitalisierung den Verbrauchern Paradiese und zerstört zugleich Geschäftsmodelle und Jobs. Zur Eröffnung der Cebit mahnt Merkel nun, die Digitalisierung nicht zu unterschätzen. Auch sie weiß, dass sechs der zehn wertvollsten Konzerne weltweit Digitalkonzerne sind - und mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht