(Registrieren)

Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Innere Sicherheit Mehr Anspruch, weniger Reflex Christian Geisler

Geschrieben am 09-01-2017

Bielefeld (ots) - Reflexe - was sich im Sport für beispielsweise
Torhüter als elementar herausstellt, ist für Politiker in der Regel
ein Armutszeugnis. Der laute Ruf nach Fußfesseln, Videoüberwachung im
öffentlichen Raum oder Inhaftierungen von Gefährdern wirkt
überkandidelt und aktionistisch. Der Ertrag für die Innere
Sicherheit: Überschaubar - tendiert gegen Null. Bundesinnenminister
Thomas de Maizière (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD)
scheint es mit ihren Forderungen nach zunehmender Überwachung mehr um
ihre politische Außenwirkung zu gehen, als um die Sicherheit einer
Nation. Wer hat die Lufthoheit am Bildschirm? Darauf kommt es im
Wahljahr 2017 schließlich an. Oder etwa nicht? Sowohl Maas' als auch
de Maizières Argumentationen erwecken den Anschein, als hänge die
Innere Sicherheit des Landes allein von der Durchführung ihrer
aufgeführten Maßnahmen ab. Fußfessel, Gewahrsam, Videoüberwachung -
inwiefern einzelne Vorkehrungen präventiv überhaupt Sinn ergeben oder
gar rechtlich umzusetzen sind, scheint dabei Nebensache zu sein. Ein
Beispiel: Mit der flächendeckenden Aufstellung von Videokameras wird
George Orwells fiktiver Roman "1984" plötzlich ganz aktuell. Was aber
soll sich dadurch ändern? Überwachungskameras können sehr wohl dabei
helfen, bereits begangene Verbrechen aufzuklären, ein präventiver
Effekt ist aber nur bedingt festzustellen. Was wäre denn passiert,
wenn der Weihnachtsmarkt in Berlin zur Zeit des Terroranschlags per
Video überwacht worden wäre? Wäre der Angriff nicht durchgeführt
worden? Wohl kaum. Hätte es weniger Verletzte und Todesopfer gegeben?
Sicher nicht. Wäre Anis Amri eher gestellt worden? Vielleicht. Hätte
sich die Gewissheit der stetigen Überwachung auf die Stimmung auf dem
Weihnachtsmarkt ausgewirkt? Durchaus möglich. Natürlich ist nach
Berlin der Schrei nach mehr Sicherheit, die Forderung nach
Videoüberwachung, Fußfesseln und Co. groß. Aber zu welchem Preis? Das
alles geht auf Kosten der Privatsphäre. Zweifelhaft, ob das den
Menschen eine ständige Überwachung an allen Orten wirklich wert ist.
Die öffentliche Debatte muss anspruchsvoller werden. Vor- und
Nachteile einer jeder Maßnahme sollten gründlich abgewogen werden.
Reflexartige Forderungen sind Fehl am Platz.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

Original-Content von: Neue Westf?lische (Bielefeld), übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

606198

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Polizei gegen Fake-News Bielefeld (ots) - Einige Flüchtlinge stehlen, betrügen, rauben und vergewaltigen. Einige Deutsche auch. Glaubt man aber »dem« Internet, werden die schwersten Verbrechen fast nur noch von Asylbewerbern begangen. Verbrechen, die dann von der Polizei und »den« Medien verschwiegen werden, um Flüchtlinge in gutem Licht erscheinen zu lassen. Wer, bitte, glaubt so einen Schwachsinn? Leider immer mehr Menschen. Und immer mehr verbreiten ihn weiter. Deshalb ist es gut, wenn die Polizei in NRW jetzt krasse Falschmeldungen, die auf ihren Seiten mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Peter Tauber Bielefeld (ots) - Peter Tauber soll die CDU jünger und attraktiver für Frauen und Migranten machen. Vielleicht ist er als Generalsekretär für diese Aufgabe sogar der richtige Mann. Der falsche Mann ist er allerdings als Wahlkampfmanager im Superwahljahr 2017. Reflexartig beißt er alle weg, die Angela Merkel angreifen - auch potenzielle Koalitionspartner. Oder hat die CDU die FDP als Mehrheitsbeschaffer schon abgehakt, weil sie ein schwarz-gelb-grünes Bündnis für unwahrscheinlich hält oder nicht will? Ja, auch Christian Lindner mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Funktionierender Staat = Von Maximilian Plück Düsseldorf (ots) - Bei der Jahrestagung des Deutschen Beamtenbundes gab es einen sehr ehrlichen Moment: Die Kanzlerin räumte Versäumnisse aus der Zeit vor der Flüchtlingskrise ein. Einerseits habe der Staat schon damals nicht konsequent genug diejenigen Asylsuchenden ohne Bleibeperspektive in ihre Heimatländer zurückgeschickt. Andererseits habe man sich zu wenig um die Integration derjenigen gekümmert, die bleiben durften. Angesichts der aktuell um ein Vielfaches höheren Flüchtlingszahlen rächen sich die Versäumnisse und müssen dringend mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Tauber stärkt die FDP = Von Eva Quadbeck Düsseldorf (ots) - Wem die CDU zu linksliberal geworden ist und wer die AfD aus nachvollziehbaren Gründen nicht wählen will, für den hat FDP-Chef Christian Lindner mit Fleiß, Beharrlichkeit und Geschick eine neue Option geschaffen. Die FDP ist wieder da und wird inzwischen sogar von der SPD als möglicher Koalitionspartner umworben. Dass die Wiederauferstehung der Liberalen den ausgewiesenen Schwarz-Grünen Tauber wurmt, ist nachvollziehbar. Seine persönliche Attacke gegen den FDP-Chef ist es nicht. Tauber erreichte damit das Gegenteil mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Im Wahljahr ist die Sicherheit Chefsache = Von Gregor Mayntz Düsseldorf (ots) - Dem Entsetzen über das Weihnachtsmarkt-Attentat folgte das Erschrecken darüber, dass die Behörden den potenziellen Täter kannten, ohne den Anschlag verhindern zu können. Nun erleben wir den Wettstreit um die Lufthoheit bei der inneren Sicherheit. Wer ist schneller, wer geht weiter bei der Verschärfung der Gesetze? Der Justizminister schleift die Hürden, die er selbst gerade noch vor einer Fußfessel-Überwachung ohne Gerichtsverfahren aufbaute. Es muss klug getrennt werden: Wie stopft die Politik zügig Sicherheitslücken mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht