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Jahresbilanz der Pressefreiheit 2016: Weltweit mindestens 348 Journalisten in Haft und 52 entführt / Massiver Anstieg von Inhaftierungen in der Türkei

Geschrieben am 13-12-2016

Berlin (ots) - Die Repressionswelle seit dem Putschversuch in der
Türkei hat die Zahl der weltweit inhaftierten Journalisten in diesem
Jahr deutlich in die Höhe getrieben. Das geht aus dem heute
veröffentlichten ersten Teil der Jahresbilanz der Pressefreiheit von
Reporter ohne Grenzen (ROG) hervor
(www.reporter-ohne-grenzen.de/jahresbilanz).

Weltweit sitzen derzeit mindestens 348 Medienschaffende wegen
ihrer Arbeit im Gefängnis, sechs Prozent mehr als vor einem Jahr -
die meisten von ihnen in der Türkei, in China, Syrien, Ägypten oder
dem Iran. Darunter sind neben 187 professionellen Journalisten auch
146 Blogger und Bürgerjournalisten sowie 15 sonstige
Medienmitarbeiter. Entführt sind weltweit derzeit 52 Medienschaffende
- und zwar ausnahmslos in Syrien, im Jemen oder im Irak. 21 von ihnen
befinden sich in der Gewalt der Dschihadistenmiliz "Islamischer
Staat".

"Die Hexenjagd gegen Journalisten in der Türkei sprengt alle
bekannten Dimensionen", sagte ROG-Vorstandssprecherin Britta Hilpert.
"Dass die Türkei, die ja immer noch EU-Beitrittskandidat ist, in
einer Reihe mit notorischen Feinden der Pressefreiheit wie den
Regimen in China, Syrien und dem Iran findet, ist bezeichnend für das
drastische Vorgehen der türkischen Behörden gegen die Pressefreiheit.
Die hohe Zahl entführter Journalisten in Syrien, dem Irak und dem
Jemen zeigt einmal mehr, dass die unabhängige Berichterstattung stets
zu den ersten Opfern eines Krieges gehört."

Den zweiten Teil der Jahresbilanz der Pressefreiheit mit den
Zahlen getöteter Journalisten sowie den gefährlichsten Regionen für
Reporter veröffentlicht Reporter ohne Grenzen am 19. Dezember.

MEHR ALS 100 JOURNALISTEN IN DER TÜRKEI IM GEFÄNGNIS

Allein in den Gefängnissen der Türkei sitzen derzeit weit über 100
Journalisten. Bei 41 von ihnen ist nach sorgfältiger Prüfung durch
ROG ein Zusammenhang der Haft mit ihrer journalistischen Tätigkeit
eindeutig. Bei Dutzenden weiteren ist er nicht auszuschließen, hat
sich bislang aber nicht mit Sicherheit feststellen lassen. Denn oft
erfahren selbst die Verhafteten und ihre Anwälte über längere Zeit
nicht, was genau die Justiz ihnen zur Last legt.

Daneben ist China das Land weltweit mit den meisten
Medienschaffenden, die wegen ihrer Arbeit im Gefängnis sitzen.
Derzeit sind es mindestens 103, darunter 81 Blogger und
Bürgerjournalisten. In Ägypten sind mindestens 27 Journalisten wegen
ihrer Arbeit in Haft: Das Regime von Präsident Abdelfattah al-Sisi
geht gnadenlos gegen jeden vor, der - oft auf sehr zweifelhafter
Grundlage -verdächtigt wird, in Kontakt zur Muslimbruderschaft zu
stehen.

In Syrien sitzen mindestens 28 Journalisten, Bürgerjournalisten
und Medienmitarbeiter wegen ihrer Arbeit in den Gefängnissen des
Regimes von Präsident Baschar al-Assad. Auch ihre Kollegen im Iran
werden ausspioniert, verfolgt, verhört und unter oft erbärmlichen
Haftbedingungen eingesperrt: Mindestens 24 sitzen dort wegen ihrer
Tätigkeit im Gefängnis.

ALLEIN IN MOSSUL ZEHN MEDIENSCHAFFENDE ENTFÜHRT

Allein in der irakischen Millionenstadt Mossul halten IS-Kämpfer
seit fast zwei Jahren zehn Journalisten und Medienmitarbeiter in
ihrer Gewalt. Mindestens 15 weitere sind Geiseln der Huthi-Rebellen
im Jemen, die meisten von ihnen seit mehr als einem Jahr. Die weitaus
meisten (89 Prozent) der Entführten kommen aus den jeweiligen Ländern
selbst. Darunter sind viele freie Journalisten, die gegen geringe
Bezahlung große Risiken bei der Berichterstattung auf sich nehmen.

Ein Journalist 2016 verschwunden: Von Jean Bigirimana fehlt jede
Spur, seit er Ende Juli in Burundi in Gewahrsam von
Geheimdienstbeamten gesehen wurde.

Um die Verantwortlichen für solche Verbrechen endlich zur
Rechenschaft zu ziehen und den verheerenden Kreislauf der
Straflosigkeit zu durchbrechen, wirbt Reporter ohne Grenzen bei den
Vereinten Nationen intensiv für die Einsetzung eines
UN-Sonderbeauftragten für den Schutz von Journalisten. Dieser sollte
die Bemühungen der verschiedenen UN-Institutionen zum Schutz von
Journalisten koordinieren, die bestehende völkerrechtliche
Vorschriften durchsetzen und auf diese Weise die Zahl von Übergriffen
und Gewaltakten gegen Journalisten endlich wirksam verringern.

Schon jetzt gibt es zwar eine ganze Reihe von UN-Resolutionen für
einen besseren Schutz für Journalisten vor allem in Konfliktgebieten;
sie hatten aber bislang kaum konkrete Auswirkungen auf die Lage der
Betroffenen.

WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN:

- Mehr zur Jahresbilanz der Pressefreiheit:
www.reporter-ohne-grenzen.de/jahresbilanz
- Sicherheitsleitfaden für Journalisten (PDF, Englisch):
http://t1p.de/ai7o
- Mehr zum Kampf gegen Straflosigkeit:
www.reporter-ohne-grenzen.de/themen/straflosigkeit

REDAKTIONELLE HINWEISE:

Den zweiten Teil unserer Jahresbilanz der Pressefreiheit
veröffentlichen wir am Montag, 19. Dezember 2016. Er dokumentiert,
wie viele Journalisten 2016 bei ihrer Arbeit getötet wurden und
welche Regionen für Medienschaffende weltweit am gefährlichsten sind.
Für Redaktionen verschicken wir ihn vorab am Sonntagnachmittag, 18.
Dezember, mit Sperrfrist Montag 06:00 Uhr; für die Montagsausgaben
von Zeitungen sind die Informationen frei zur Verwendung.



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer / Anne Renzenbrink
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de/presse
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29

Original-Content von: Reporter ohne Grenzen e.V., übermittelt durch news aktuell


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