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Mittelbayerische Zeitung: Vernunft statt Extreme - Der Spitzenkandidat der Konservativen soll einen Sieg des Populismus verhindern. Von Christine Hochreiter

Geschrieben am 21-11-2016

Regensburg (ots) - Der Brexit, die Trump-Wahl in den USA, das
Durcheinander bei der Präsidenten-Kür in Österreich und nun auch noch
Frankreich: Das politische Leben ist voller Überraschungen und die
Wähler scheinen unberechenbarer denn je. Meinungsforscher hatten ihn
unterschätzt, die Medien ebenso: Am Sonntag haben die Franzosen bei
der ersten Runde einer Urwahl François Fillon zum Sieger gekürt.
Damit sind die Chancen gestiegen, dass der Ex-Premier der
Spitzenkandidat der Konservativen für die Präsidentschaftswahl wird -
und dann im Mai 2017 auch in den Elysée-Palast einzieht. In
Frankreich stehen die Signale auf Machtwechsel. Schon längst ist die
"Grande Nation" gar nicht mehr so groß. Der Wirtschaft geht es nicht
gut, die Arbeitslosenzahlen sind hoch und die schreckliche
Terrorserie hat das Land und viele Bürger in den Grundfesten
erschüttert. Die Politik hat bei der Integration der Einwanderer
versagt. Migranten leben zum Großteil in Problemsiedlungen am Rande
der Großstädte. Viele von ihnen: arbeits- und hoffnungslos, manche
von ihnen: empfänglich für die Botschaften von Islamisten. Immer mehr
Franzosen machen sich Sorgen, wie es mit ihrem Land weitergehen soll,
und vermissen überzeugende Antworten der Regierenden. Die Folge: Der
sozialistische Präsident François Hollande befindet sich tief unten
im Umfrage-Keller. François Fillon, Ministerpräsident unter Präsident
Sarkozy, überzeugte durch Erfahrung und Pragmatismus. Im Rennen um
die Kandidatur hat er seinen ehemaligen Chef aus der Bahn gekickt.
Damit ist dessen politische Karriere wohl endgültig beendet. Fillon
hatte dem autokratisch-exaltierten Sarkozy fünf Jahre lang als
Premierminister gedient und so manche Demütigung kassiert. Er geht
nun als klarer Favorit in die Stichwahl mit dem Vorwahl-Zweiten Alain
Juppé. Fillon ist kein Heißsporn. Er verkörpert vor allem
zurückhaltende Berechenbarkeit. Wenn es nach den Republikanern geht,
soll er im Frühjahr aber vor allem auch einen Sieg der rechtsextremen
Front National und deren Chefin Marine Le Pen verhindern. Inwieweit
es jedoch einem Protagonisten des alten Establishments gelingen kann,
eine Gesellschaft die aus den Fugen geraten ist, wieder zu
stabilisieren, ja zu einen, bleibt fraglich. Die hochkomplexe Welt
ist nun einmal keine Spielwiese für simple Lösungen und es steht zu
befürchten, dass populistische Phrasen auch in Frankreich auf
fruchtbaren Boden fallen könnten. Es sei denn, auch für all die
Abgehängten und Modernisierungsverlierer gibt es halbwegs
überzeugende und medial transportierbare Angebote. Das dürfte
zugegebenermaßen schwierig werden. In knapp zwei Wochen wird aber
erst einmal in Österreich gewählt. Die große Frage lautet dort: Kann
Norbert Hofer von der rechten FPÖ den farblos-knorrigen Ex-Parteichef
der Grünen Alexander Van der Bellen schlagen? Letzterer jedenfalls
hat sich nach dem Sieg von Donald Trump "Vernunft statt Extreme" zum
Slogan erkoren. Ob das wirklich funktioniert? Brexit und Trump waren
irgendwie das Gegenteil von Vernunft. Und selbst die deutsche
Kanzlerin räumt inzwischen ein, "dass manche Menschen sich nicht
mitgenommen fühlen". Ob in Deutschland, Großbritannien, den USA,
Österreich oder Frankreich - in Zeiten von Globalisierung, Terror und
immer weiter auseinander driftenden Gesellschaften wird und kann es
keine Patentlösungen geben. Vielleicht aber eine Politik, die wieder
stärker auf die Menschen eingeht. Einer aktuellen Studie zufolge
liebäugeln 63 Prozent der Franzosen mit populistischer Politik. In
Frankreich ist bis zum Frühjahr noch Zeit, entsprechend
gegenzusteuern.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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