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Südwest Presse: Leitartikel zur Sexismus-Debatte Bewusstsein schärfen

Geschrieben am 04-10-2016

Ulm (ots) - Deutschland diskutiert wieder über Sexismus. Nach der
"Aufschrei"-Debatte vor drei Jahren war es nun eine Berliner
CDU-Kommunalpolitikerin, die mit ihrem offenen Brief über abwertende
Äußerungen in ihrer Partei - Berlins CDU-Chef Frank Henkel soll
unter anderem "große süße Maus" zu ihr gesagt haben - den Anstoß gab.
Es ist gut und notwendig, dass es diese Debatte erneut gibt. Je öfter
sie geführt wird, desto mehr wird für Sexismus sensibilisiert und ein
Bewusstsein dafür geschaffen - und desto peinlicher werden die
Verdrängungsreflexe und Abwehrmechanismen der Verursacher. Sexismus
hat in einer modernen Gesellschaft keinen Platz, nicht in der
Politik, nicht im Job, nicht im alltäglichen Miteinander von Mann und
Frau. Das bedarf keinerlei Diskussion. Und jeder Mann, der beim
Anblick von Fotos der jungen CDU-Politikerin Jenna Behrends zuerst
gedacht hat, was soll bloß die ganze Aufregung, die ist doch eine
"große süße Maus", sollte sein Bild von Frauen mal grundsätzlich
überdenken. Es geht um alt hergebrachte und leider gut konservierte
Denkmuster, die Frauen degradieren, schlimmstenfalls zum Bettwärmer.
Was dieses Denken ausmacht und warum es in manchen Köpfen immer noch
vorherrscht, darum sollte sich die Debatte drehen. Es geht aber auch
um die Frage, was Sexismus überhaupt ist - und was nicht. So gut wie
jede Frau kennt Situationen, in denen sie sich herabgesetzt gefühlt
hat. In denen sie auf ihr Äußeres reduziert wurde, auf "weibliche"
Qualitäten (was ist das eigentlich?) oder auf eine Rolle als Beiwerk.
Nicht alles ist offensichtlich sexistisch, manches unterschwellig und
subtil. Und doch geht es immer um dasselbe Prinzip: Frau wird nicht
als gleichberechtigtes Gegenüber respektiert. Sexismus gibt es aber
auch auf einer anderen Ebene: Die Lohnnachteile in vielen klassischen
Frauenjobs, die Privilegierung von Männern bei der Besetzung von
Spitzen-Posten - all das sind bis heute Auswirkungen einer lange Zeit
auch politisch gewünschten Unterordnung der Frau. Allerdings ist
nicht alles sexistisch, was mitunter in dieser Kategorie landet. Eine
missglückte verbale Flirterei, ein über das Ziel hinausgeschossenes
Lob, eine unbeholfene Bemerkung zu Äußerlichkeiten - nicht alles,
was missfällt, ist herabsetzend. Dies überzubewerten würde ein
entspanntes Zusammenleben der Geschlechter erschweren und dem
eigentlichen Ziel von Sexismusdebatten - Begegnungen im gegenseitigen
Respekt - nicht gerade Vorschub leisten. Sexismus hat etwas mit
Verachtung zu tun, auch mit Bloßstellung, etwa in der Öffentlichkeit
und im beruflichen Kontext. Sexismus ist, wenn Männer Frauen klein
machen. Nicht jeder dumme Spruch fällt darunter. Vielen Männern
insbesondere der jüngeren Generation ist es völlig fremd, etwa die
Oberweite von Frauen überhaupt nur zu thematisieren oder sich
sonstwie bei Zusammentreffen abfällig zu äußern. Nicht, weil sie sich
nicht mehr trauen, sondern weil für sie Gleichberechtigung längst
Normalität geworden ist. Aber es wird noch viele Debatten geben
müssen, bis die alten, teils immer noch patriarchalen Schablonen
entsorgt sind. Bis eine Frau einfach Frau sein kann, ohne deshalb von
ihrem Gegenüber zum niedlichen Nager degradiert zu werden.



Pressekontakt:
Südwest Presse
Ulrike Sosalla
Telefon: 0731/156218

Original-Content von: S?dwest Presse, übermittelt durch news aktuell


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