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Mittelbayerische Zeitung: Alles andere als normal / Hillary Clinton war Donald Trump im TV-Duell klar überlegen. Über den Wahlausgang sagt das aber nichts.

Geschrieben am 27-09-2016

Regensburg (ots) - Donald Trump hat seine beste Chance vertan,
sich als plausibler Kandidat für das wichtigste Amt der Welt zu
empfehlen. Während der ersten Präsidentschaftsdebatte an der
Hofstra-Universität von New York bekräftigte er den Negativ-Eindruck,
den viele Amerikaner schon vor der Debatte von ihm hatten. Vor dem
größten Publikum, das es bei einer TV-Debatte bisher gab, benahm sich
Trump nicht wie ein künftiger Präsident, sondern wie ein ungezogener
Pennäler. Unbeherrscht redete er dazwischen, verzog das Gesicht und
kartete nach. Je weiter die Debatte fortschritt, desto
undisziplinierter wirkte der Kandidat. Die Antworten verloren sich in
seinem wirren Gefasel, dessen Höhepunkt das düstere Insinuieren über
"etwas" war, das er aus Rücksichtnahme lieber nicht sagte. Hillary
Clinton gelang, woran die republikanische Konkurrenz bei den Debatten
während der Vorwahlen gescheitert war. Sie dechiffrierte den
Rechtspopulisten und führte ihn vor einem dreistelligen
Millionenpublikum nach allen Regeln der Kunst vor. Dank intensiver
Vorbereitung verstand sie es, die richtigen Knöpfe zu drücken, um
Trump als unbeherrschten Charakter zu outen. Der Narzisst schaffte es
einfach nicht, Dinge stehen oder an sich abperlen zu lassen. Clinton
ging ihm sichtbar unter die Haut. Seine Unruhe entlud sich nicht nur
in der Mimik, sondern auch im nervösen Griff zum Wasserglas. Mit
seinem ständigen Schniefen signalisierte er, wie sehr ihn seine
Gegnerin aus der Fassung brachte. Gewiss verpasste Clinton ein paar
Gelegenheiten, Steilvorlagen zu nutzen, die Trump ihr geliefert
hatte. Etwa als er mit Blick auf seine fragwürdige Steuerehrlichkeit
suggerierte, dass es ein Ausweis seiner Klugheit sei, den Fiskus leer
ausgehen zu lassen. An anderer Stelle lud er dazu ein, seinen
widerlichen Zynismus als Gewinner der Finanzkrise von 2008
auszuschlachten. Aber darum ging es für die Demokratin an diesem
Abend nicht. Und Inhalte von Debatten sind meist sehr schnell
vergessen. Clinton musste vermeiden, in der Email-Affäre in
Widersprüche verwickelt zu werden. Trump fand sich an der
Hofstra-Universität so sehr in der Defensive, dass er vergaß, die
Worte "Vertrauen" oder "Glaubwürdigkeit" auszusprechen. Unbestritten
steht es nach der ersten von insgesamt drei Präsidentschafts-Debatten
1 zu 0 für Clinton. Doch die Wahlen im Sack hat sie noch lange nicht.
Debatten werden gemessen an ihrem tatsächlichen Einfluss auf das
Rennen um das Weiße Haus tendenziell überbewertet. Gewiss aber dürfte
Trumps Desaster von New York seine Aufholjagd in den Umfragen beendet
haben. Was immer er an Momentum hatte, wurde an diesem Abend jäh
ausgebremst. In einem gewöhnlichen Wahljahr hätte sich der
Rechtspopulist mit diesem Auftritt disqualifiziert. Doch bisher war
nichts "normal" bei diesen Präsidentschaftswahlen. Andernfalls hätte
sich bei den US-Konservativen erst gar nicht einer als
Spitzenkandidat durchsetzen können, der gegen Muslime und Mexikaner
hetzt, Frauen beleidigt und Wladimir Putin verehrt. Von Prognosen
über den Ausgang der Wahlen am 8. November kann deshalb nur dringend
abgeraten werden. Sechs Wochen sind in amerikanischen Wahlkämpfen
eine halbe Ewigkeit. Darüber hinaus lässt sich schwer abschätzen, wie
viele Amerikaner genauso wenig an ordentlichen Manieren, beherrschtem
Auftreten und intellektueller Redlichkeit interessiert sind wie
Trump. Dessen Erfolg bestand bisher darin, der personifizierte
Mittelfinger der Wutbürger zu sein. Diesem Image wurde er beim Duell
an der Hofstra-Universität voll gerecht.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

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