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Mittelbayerische Zeitung: Bewährungsspiele: Der internationale Sport ächzt unter Korruption und Betrug. Ist Rio schon das Ende oder eine Wende? Von Manfred Sauerer

Geschrieben am 05-08-2016

Regensburg (ots) - Jetzt laufen sie also offiziell, die
Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro. Und obwohl dort Hunderte
Athleten am Start sind, die sich nie etwas zuschulden kommen ließen,
steht diese größte Sportveranstaltung auf dem Erdball wie ein
verurteilter Täter unter Bewährung. Ja, selbst diese Bewährung müsste
eigentlich verwehrt werden, zu viele Wiederholungstaten und
Verfehlungen sind offenbar geworden. Die Rahmenbedingungen für einen
fairen Wettstreit fehlen. Wieder einmal, wie schon vor den
Winterspielen 2014 im russischen Sotschi, wurden zahlreiche Einwohner
der Olympiastadt auf fragwürdiger Rechtsgrundlage aus ihren Häusern
vertrieben, um Platz zu schaffen für Wettkampfstätten oder
Infrastruktur. Einen Ausgleich für das Verlorene erhalten nur ganz
wenige und nicht selten werden die Stadien und Verkehrstrassen nach
den Spielen nicht mehr oder kaum mehr gebraucht. Heerscharen von
Funktionären, (Kommunal-)Politikern und Lobbyisten halten die Hand
auf, wenn die großen Entscheidungen wie Vergabe der Spiele, Zuschläge
für TV-Rechte und die Aufträge für lukrative Bauprojekte anstehen.
Das Bau-Unternehmen Odebrecht hat in Rio das Athletendorf errichtet.
Später sollen Luxuswohnungen daraus werden. Odebrecht ist in
zahlreiche Korruptionsfälle verwickelt. Rios Bürgermeister Eduardo
Paes gibt sich seit langem als Ritter der olympischen Idee, beklagt
die Verfehlungen der nationalen Regierung und die damit verbundene
Wirtschaftskrise im Land. Paes ist es aber auch nicht gelungen, die
Stadt rechtzeitig in den Olympia-Startblock zu stellen. Auch jetzt
fließen täglich eklige Abwässer in die Guanabara-Bucht, wo die
Segelwettbewerbe stattfinden. Multiresistente Keime wurden dort
zuhauf nachgewiesen. Ach ja, und gegen Paes laufen Ermittlungen. Er
steht auf Gehaltslisten von Odebrecht. Obwohl wir wissen, dass es
schon zu Zeiten des Kalten Krieges organisiertes Staatsdoping gab und
die Erfolge der Athleten die Überlegenheit des jeweiligen Systems
dokumentieren sollten, kämpft der Sport heute mehr denn je um seine
Glaubwürdigkeit. Das liegt an den Top-Funktionären. Die ehemaligen
Inhaber der Spitzenämter im Weltfußball-Verband werden seit einiger
Zeit von einer US-Ermittlerin erfolgreich in die Mangel genommen und
jetzt zieht das Internationale Olympische Komitee (IOC) gewissermaßen
nach. Die Welt-Antidoping-Agentur hat Russland Doping-Vertuschung
unter anderem durch Mitglieder des russischen Nationalen Olympischen
Komitees nachgewiesen. Statt dieses unglaubliche Geschehen in Sotschi
2014 mit dem logischen Ausschluss aller russischer Sportler für Rio
zu sanktionieren, konnte sich das IOC mit dem deutschen Präsidenten
Thomas Bach nur zu einem Startverbot für die Leichtathleten
entschließen. In den anderen Sportarten sollen jeweils die
internationalen Fachverbände entscheiden. Eine Farce. Zudem wirft der
deutsche Leichtathletik-Präsident und Direktor des Amtsgerichts
Regensburg, Clemens Prokop, dem IOC nachvollziehbar einen Rechtsbruch
vor: Obwohl Mittelstrecken-Läuferin Julia Stepanowa, die den
Dopingskandal durch ihre Aussagen erst ins Rollen gebracht hat, eine
Sperre verbüßt und damit Startrecht hat, darf sie in Rio nicht dabei
sein. All das im Hinterkopf, fällt es dem interessierten
Olympia-Zuschauer schwer, sich noch in diese emotionalen, magischen
Momente hineinziehen zu lassen, die den Sport so schön machen. Aber
wer sich mitreißen lassen will, muss Vertrauen haben. Und das ist nur
mit einer klaren, harten, kompromisslosen Linie zu erreichen: weg vom
Gigantismus, moderate Rechtevergaben, Austragung der Spiele nur dort,
wo Menschenrechte genau eingehalten werden und bereits viele
Wettkampfstätten vorhanden sind sowie ein knallhartes, weltweites
Antidoping-Kontrollsystem! Der Sport agiert unter Bewährung. Nicht
alle Unregelmäßigkeiten und Missstände werden mit einem Schlag zu
beseitigen sein. Aber die Richtung muss stimmen. Für Rio bleibt jetzt
nur noch die Hoffnung auf möglichst viele saubere Wettbewerbe. Das
wäre immerhin ein Anfang.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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