(Registrieren)

Mecklenburg-Vorpommern will umfassende Handyüberwachung zulassen

Geschrieben am 02-06-2016

Hamburg (ots) - Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern will eine
umfassende Überwachung von Handys zulassen. Das sieht nach
Informationen des Radioprogramms NDR Info und von NDR.de der Entwurf
einer Richtlinie des Landeskriminalamtes vor, die in Kürze in Kraft
treten soll. Demnach sollen ganze Straßen- und Autobahnabschnitte
auch dann überwacht werden dürfen, wenn es sich dabei lediglich um
die "vermutete Fahrstrecke" eines Tatverdächtigen handelt.
Datenschützer in Norddeutschland kritisieren das Vorhaben und warnen
vor einer Ausweitung der sogenannten Funkzellenüberwachung in ihren
Bundesländern. Tatsächlichen belegen offizielle Zahlen einen massiven
Anstieg der Funkzellenüberwachung in Mecklenburg-Vorpommern.

Die Massenüberwachung von Funkzellen ist politisch umstritten.
Ermittler können auf Grundlage eines richterlichen Beschlusses Listen
von Telefonanbietern anfordern, die Daten von Handynutzern
beinhalten, die sich in einem bestimmten Zeitraum an einem bestimmten
Ort aufgehalten haben. Fahnder sehen so, wer wann und wo mit wem
telefoniert hat und können Bewegungsprofile der Handynutzer
erstellen. Da bei der Funkzellenüberwachung häufig die Daten
tausender Unbeteiligter erhoben werden, soll die Maßnahme laut Gesetz
nur ein letztes Fahndungs-Mittel sein, um schwere Straftaten
aufzuklären.

Die neue Richtlinie der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern soll
behördenintern festlegen, in welchen Fällen Abfragen erlaubt sind.
Der Landesdatenschutzbeauftragte Reinhard Dankert begrüßte das
grundsätzliche Vorgehen, kritisierte die geplante
Fahrstrecken-Überwachung aber als zu weitreichend. "Die Gefahr
besteht, dass über das Ziel hinausgeschossen wird und genau da müssen
wir pflichtgemäß einschreiten", erklärte Dankert dem NDR. Auch die
Opposition übt Kritik. "Diese Formulierungen öffnen Tür und Tor für
eine inflationäre Verwendung der Funkzellenabfrage", sagte der grüne
Landtagsabgeordnete Johannes Saalfeld. Auf Nachfrage erklärte das
Innenministerium, es handele sich bei dem Papier lediglich um einen
Entwurf, den man nicht kommentieren wolle.

Jahr für Jahr werden in Deutschland durch Funkzellenabfragen
schätzungsweise mehrere Millionen Handydaten Unbeteiligter erhoben.
Genaue Zahlen liegen nicht vor, da die meisten Länder keine Statistik
führen. Auf Nachfrage des NDR veröffentlichte nun das
Innenministerium in Schwerin erstmals Zahlen. Demnach hat die Polizei
in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2015 568 Funkzellenabfragen
durchgeführt, 2010 waren es noch 32. Schätzungsweise waren somit
hunderttausende Handyanschlüsse in Mecklenburg-Vorpommern im
vergangenen Jahr von Überwachungsmaßnahmen betroffen. Eine Sprecherin
des Ministeriums begründete den Anstieg mit der Zunahme mobiler
Kommunikation.

Dass die Funkzellenüberwachung rechtlich heikel ist, zeigt ein
Fall aus Niedersachsen aus dem Jahr 2014, der für die
Staatsanwaltschaft Osnabrück jetzt ein rechtliches Nachspiel haben
könnte. Damals ließ sie die Wohnungen von sieben Personen
durchsuchen, weil eine Funkzellenabfrage ergeben hatte, dass sie sich
in der Nähe eines Tatorts aufgehalten hatten. Später wurden alle
Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt. Nach Recherchen von NDR
Info und NDR.de prüft die Landesdatenschutzbeauftragte den Fall
mittlerweile, weil die Ermittler gegen gesetzliche
Informationspflichten verstoßen haben könnten. "In diesem Fall habe
ich keine Zweifel daran, dass die Benachrichtigung der Betroffenen
nicht ausreichend war", sagte der ehemalige Bundesverfassungsrichter
Wolfgang Hoffmann-Riem dem NDR



Pressekontakt:
NDR Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Telefon: 040 / 4156-2300
Fax: 040 / 4156 2199
presse@ndr.de
http://www.ndr.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

592136

weitere Artikel:
  • NOZ: NOZ: SPD-Fraktionschef erwartet "große Mehrheit" für Armenien-Resolution Osnabrück (ots) - SPD-Fraktionschef erwartet "große Mehrheit" für Armenien-Resolution Oppermann warnt vor "falschem Eifer" in Bundestagsdebatte über Völkermord - "Drohgebaren der Regierung in Ankara unangemssen" Osnabrück. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hat vor der Verabschiedung der umstrittenen Armenien-Resolution im Bundestag davor gewarnt, diesen Antrag "als Plattform für den Kampf gegen die derzeitige türkische Regierung zu missbrauchen". In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag) sagte Oppermann, mehr...

  • Rheinische Post: Arbeitgeberchef warnt bei Frauen-Entgeltgleichheit vor Placebo-Gesetz Düsseldorf (ots) - Führende Wirtschaftsvertreter haben grundsätzliche Kritik an den Gesetzesplänen der Koalition zur Entgeltgleichheit von Frauen und Männern geübt. Auch die Unternehmen seien dafür, dass Frauen bei der Bezahlung nicht benachteiligt würden, sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Donnerstagausgabe). "Wir wollen, dass sich die Orientierung über Berufe mit guten Verdienstaussichten für Frauen verbessert, dass mehr Frauen ihren Berufsweg ohne längere Unterbrechungen mehr...

  • Rheinische Post: Menschenrechtsausschuss-Vorsitzender Brand: Türkei kann sich Bruch mit Deutschland nicht leisten Düsseldorf (ots) - Die Armenienresolution wird nach Ansicht des Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Michael Brand (CDU), das deutsch-türkische Verhältnis nicht nachhaltig belasten. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine außenpolitisch ziemlich isolierte Türkei, die durch den IS und die PKK unter Druck steht, sich einen Bruch mit Deutschland - einem seiner verlässlichsten Partner - leisten kann", sagte Brand der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Donnerstagausgabe). Brand betonte, es gehe nicht mehr...

  • Rheinische Post: Krafts Kinderprojekt Kekiz ohne große Wirkung Düsseldorf (ots) - Mehr als drei Jahre nach dem Start des Vorzeigeprojekts der rot-grünen Landesregierung "Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor" (Kekiz) finden Wissenschaftler kaum Belege dafür, dass sich eine solche vorbeugende Politik rechnet. "Land und Kommunen werden weiter daran arbeiten müssen, um Prävention nicht im Blindflug zu betreiben", lautet ein Fazit der Begleitstudie der Bertelsmann-Stiftung, die der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Donnerstagausgabe) vorab vorliegt. Kekiz ist ein Schwerpunkt mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: Politologe Leggewie: AfD-Spitzenfunktionäre sind Halbfaschisten - "Radikalisierung populistischen Denkens" gleicht der aufstrebenden NSDAP Köln (ots) - Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie sieht die "Alternative für Deutschland" und ihre Spitzenpolitiker als Vertreter von Rassismus und "Halbfaschismus". Sie verträten eine "völkisch-nationalistisch aufgeladene Ideologie, die weit über Populismus hinausgeht, dessen Hauptansatzpunkt darin besteht, 'das Volk' gegen 'die bösen Eliten' in Stellung zu bringen", sagte der Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (kwi) dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag-Ausgabe). Die AfD bediene sich mit ihrer "Radikalisierung mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht