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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Europas Flüchtlingspolitik

Geschrieben am 15-09-2015

Bielefeld (ots) - Es war eine dieser Sitzungen, die man am
liebsten ganz schnell vergessen möchte. Dass 28 europäischen
Ministern im Angesicht von millionenfachem Leid nicht mehr einfällt,
als eine Entscheidung um weitere Wochen zu vertagen, darf wohl mit
Fug und Recht als ein Trauerspiel bezeichnet werden. Es ging um
160 000 Menschen. Die man auch noch wohlbedacht aus dem Strom
der Flüchtlinge herauspicken will.

Zum Vergleich: Allein NRW hat bislang schon 144 000
Menschen aufgenommen. Waren die 28 Mitgliedstaaten wirklich nicht in
der Lage, mehr zu beschließen als ein »Schauen wir mal«? Der Graben
zwischen den Mitgliedstaaten ist längst so tief, dass er nicht mehr
mit Appellen und Beschwörungen der Solidarität gekittet werden
könnte. Die einen wie Deutschland und Schweden wollen ihre Last auf
viele Schultern verteilen. Die anderen wie Ungarn oder Tschechien
pochen auf finanzielle Hilfen für die Menschen in den jordanischen
und türkischen Auffang-Lagern, damit der Strom erst einmal eingedämmt
wird, ehe man an einen Verteilschlüssel auch nur denkt. Beides wäre
nötig. Erreicht wurde gar nichts. Auf Kosten derjenigen, die vor dem
Krieg in ihrer Heimat geflohen sind. Einmal Opfer, immer Opfer?

Dabei stimmt die gängige Einteilung der Union in gute und böse
Mitglieder nicht. An der Seite der Bundeskanzlerin fordert der
französische Staatspräsident endlich eine Quote, für deren Ablehnung
er lange geworben und deshalb auch gerade mal ein paar Tausend
Asylbewerber ins Land gelassen hat. London, Dublin und Kopenhagen
nehmen am EU-Asylsystem ohnehin nicht teil - als ob das ein Grund
wäre, seine Partner in einer solchen Krise im Regen stehen zu lassen.
Und im Osten definiert man Solidarität einfach so lange um, bis man
seinen nationalen Egoismus zum Grundprinzip alles Handelns machen
kann: Hauptsache, das eigene Land bleibt sauber. Derweil schaffen
Deutschland und Schweden Fakten, die andere als Erpressung empfinden
müssen.

Dabei könnte Europa mehr tun, als bisher selbst kühne Träumer
vorgeschlagen haben. Die schnelle Registrierung und Sortierung der
Ankommenden in Asylzentren beschädigt das Recht auf Schutz für
Kriegsopfer nicht. Ein konsequenter Grenzschutz verstößt nicht gegen
Menschlichkeit, wenn man sich um humanitäre Standards bemüht.
Brüssel könnte seine diversen Förderfonds öffnen, damit Unterkünfte
aus Strukturmitteln bezuschusst werden. Für die Menschen in
jordanischen und türkischen Auffangzentren könnte man Geld
bereitstellen. Die Außenpolitiker bräuchten nur die seit Jahren
vernachlässigte Initiativen zur Entwicklung der Sahel-Zone endlich
aufzugreifen.

Der Gemeinschaft ist nicht nur die Solidarität verloren gegangen,
sondern auch die politische Kreativität für eine schnelle Antwort auf
die Herausforderung.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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