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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Randalen vor Flüchtlingsheimen

Geschrieben am 23-08-2015

Bielefeld (ots) - Eine Welle der Hilfsbereitschaft rollt in diesen
Tagen durch Deutschland. Bürger nehmen Flüchtlinge auf. Andere
schmieren Brote und verteilen Getränke an die wartenden Menschen vor
den Notunterkünften. Es gibt aber auch die andere, die hässliche
Seite der unerwarteten Herausforderung: massive Intoleranz bis hin
zur offenen Gewalt gegen Flüchtlinge. Rechtsextreme Schläger ziehen
vor Asylbewerberheime, Unbeteiligte schauen zu oder feuern den Mob
sogar noch an. Flüchtlingsunterkünfte gehen in Flammen auf. So wie
in Bayern. Aber eben besonders in Sachsen, wo sich die Gewalt am
Wochenende wieder einmal entlud. Heidenau ist zum neuen Synonym für
furchtbaren Fremdenhass geworden. Die gespenstischen Szenen in der
Kleinstadt nahe Dresden wirken wie aus einem Bürgerkrieg entlehnt.
Was läuft da schief? Zweifellos haben zunächst einmal die
Sicherheitskräfte versagt. Die Polizei bekam die Lage nur schwer in
den Griff. Doch wäre es kurzsichtig, die Vorgänge lediglich auf ein
Sicherheitsproblem zu reduzieren. Auch die sächsische Landesregierung
steht leider nicht im Ruf, gegen fremdenfeindliche Umtriebe immer
klare Kante zu zeigen. Als die »Pegida«-Bewegung mit dumpfen
Ressentiments an Boden gewann, reagierte die Staatskanzlei in Dresden
weitgehend hilflos. Besonders erschrecken muss allerdings, dass ganz
normale Bürger dem rechtsextremen Mob mit mehr oder minder
unverblümten Sympathiebekundungen einen zweifelhaften Resonanzboden
verschaffen. Im provozierenden Fremdenhass sehen manche offenbar die
einzige Möglichkeit, es »diesem Staat«, mit dem sie längst
abgeschlossen haben, mal »so richtig zu zeigen«. Wie dumm und
gefährlich das ist, hat kürzlich die sächsische
Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange klargemacht. Nach Angaben
der SPD-Politikerin leidet Dresden als Wissenschaftsstandort
mittlerweile erheblich unter den Folgen der latenten
Ausländerfeindlichkeit. Manche Forscher machen um Dresden inzwischen
einen großen Bogen. Touristen aus aller Welt, die die Schätze und
landschaftlichen Schönheiten Sachsens gern besichtigen würden und von
denen der Freistaat wirtschaftlich in beachtlichem Maße profitiert,
könnten die nächsten sein, die sich abwenden. So schaden sich die
Krawallmacher in Heidenau und anderswo am Ende auch noch selbst.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will mit der »gesamten Härte
des Rechtsstaats« gegen solche Umtriebe vorgehen. Recht hat er.
Genauso wichtig ist aber auch, dass die Regierung die
Flüchtlingsfrage nicht nur als technisches Problem behandelt, sondern
als ethisch-moralisches. Sie muss endlich klar sagen, in welchem
Umfang Deutschland helfen kann, und wo es überfordert ist. Damit
könnten auch dumpfe Vorurteile abgebaut werden.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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