(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Luckes Resterampe - AfD und ALFA sind als konservative Opposition wohl gescheitert. CDU und CSU droht aber neue Gefahr. Von Reinhard Zweigler

Geschrieben am 18-08-2015

Regensburg (ots) - Vielleicht war die "Alternative für
Deutschland" lediglich eine Sternschnuppe am politischen Himmel der
Bundesrepublik. Nach der beschämenden Abwahl des Parteiengründers
Bernd Lucke auf dem chaotischen Essener Parteitag verglüht und
zerbröselt die einstige Oppositionsgründung gegen den umstrittenen
Euro-Rettungskurs von Angela Merkel und Wolfgang Schäuble immer
weiter. Einst sogen die Lucke und Co. Honig aus der Misere des Euro
und der südeuropäischen Krisenstaaten. Nun sind sie tief gespalten
und verfeindet. Die verbliebenen National-Konservativen um die neue
AfD-Chefin Frauke Petry sind eher so etwas wie der politische Arm der
Pegida-Bewegung, schüren die Angst vor dem Islam und vor Flüchtlingen
und sympathisieren sogar, wie der Potsdamer AfD-Mann Alexander
Gauland, mit dem Krim-Besetzer Wladimir Putin. Eine klare Trennlinie
zu offen Rechtsextremen ist bei der neuen AfD zudem kaum noch
erkennbar. Vielleicht ist sie auch gar nicht mehr gewollt. Auf der
anderen Seite kehrt der einstige wirtschaftsliberale AfD-Flügel in
der eilends gegründeten neuen Partei ALFA die Scherben zusammen und
versucht trotzig einen Neustart. Der Hamburger Wirtschaftsprofessor
Bernd Lucke hat offenbar die Hoffnung, dass es in der neuen
Gruppierung etwas gesitteter, programmatisch straffer und geordneter
zugeht als zuletzt im AfD-Chaos. Man wird sehen, ob sich aus den
AfD-Resten um Frauke Petry hier und der neuen Lucke-Partei dort
überhaupt noch so etwas wie nennenswerte politische Bewegungen
entwickeln. Vermutlich jedoch könnten beide das Schicksal der
Internet-Partei Piraten teilen, die rasch empor schoss - aber bald
wieder abstürzte, kenterte und auf der politischen Bühne so gut wie
keine Rolle mehr spielt. Insgeheim mag man sich in den
Hauptquartieren von CDU und CSU über den Absturz der AfD die Hände
reiben. Rechts von der Union dürfe es keine demokratische Partei
geben, hatte einst Franz Josef Strauß als einen Erfolgsgaranten der
deutschen Konservativen proklamiert. Nun tummeln sich zwar gleich
zwei sich halbwegs demokratisch gebende Parteien auf diesem Areal.
Doch mangels Masse und Klasse sind die für die Union zurzeit nicht
wirklich bedrohlich. Die Betonung liegt auf "zurzeit". Und ein
Ruhekissen ist das für CDU und CSU nicht. Eine wirkliche politische
Konkurrenz für die Union sind weder Petrys Rechtsausleger noch Luckes
professorale Wirtschaftsliberale. Da ist die Opposition in den
eigenen Unionsreihen schon eher so etwas wie eine Beunruhigung für
die erfolgsverwöhnte Merkel-CDU und Seehofers Alleinregierungs-CSU in
Bayern. Die heutige Bundestagsabstimmung über das dritte Hilfspaket
für Griechenland wird unter der Hand eine Art verkapptes
Vertrauensvotum für die Kanzlerin. Dass bei der Abstimmung vor vier
Wochen über die Verlängerung des zweiten Hilfspakets für Hellas
allein fünf Dutzend Unions-Abgeordnete von der Fahne gingen, war ein
Alarmsignal. Fraktionschef Volker Kauder hat - im Ton falsch, aber im
Kern richtig - den Druck auf "Abtrünnige" kräftig erhöht. Seither
stieg die Zahl der "Unentschlossenen" bei CDU und CSU rapide an.
Deshalb lautete Merkels Order: Noch einmal darf sich die größte
Fraktion im Bundestag nicht als ein Hort unsicherer Kantonisten
erweisen. Denn wenn sich so etwas häuft, dann beginnen irgendwann
einmal auch die Fundamente der Macht der Kanzlerin zu wanken. Und der
Juniorpartner SPD, der sich in der Griechenland-Frage bis hin zur
Selbstverleugnung staatstragend gibt, könnte auf andere Gedanken
kommen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

573641

weitere Artikel:
  • Lausitzer Rundschau: Zu den neuen Schätzungen über Flüchtlingszahlen / Das steckt Deutschland weg Cottbus (ots) - Die neue Flüchtlingszahl - egal, ob es am Ende nun 650 000 oder 750 000 sein werden in diesem Jahr - übertrifft alle bisherigen Rekorde. Jedenfalls wenn man nur das Asyl betrachtet. Wo sind die Grenzen der Aufnahmefähigkeit? Sie waren in Deutschland schon immer sehr weit. Die Bundesrepublik und die DDR haben nach dem Krieg zwölf Millionen Vertriebene aufgenommen, die alten Länder bis zum Fall der Mauer dazu noch 3,7 Millionen Flüchtlinge und Übersiedler aus der damaligen DDR und rund 4,4 Millionen Aussiedler aus Russland mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Flüchtlingen in Deutschland Bielefeld (ots) - Bis zu 750 000 Flüchtlinge kommen in diesem Jahr nach Deutschland. Das klingt viel, ist aber im Vergleich zu Staaten, die an Bürgerkriegsländer angrenzen, vergleichsweise wenig. Beispiel Jordanien: Hier leben 650 000 Flüchtlinge. Das sind zehn Prozent der Gesamtbevölkerung. Ein wohlhabendes Land wie Deutschland kann 750 000 weitere Asylbewerber verkraften. Zur Erinnerung: Das zerbombte Nachkriegsdeutschland nahm zwölf Millionen Menschen auf, die aus Schlesien, Ostpreußen, Ungarn, mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Brasilien Bielefeld (ots) - Brasilien, Russland, Indien und China, die kurz BRIC genannten vier wirtschaftlich stärksten Schwellenländer, brillierten mehr als ein Jahrzehnt an den Weltbörsen. Nach dem Zusammenbruch der Lehman-Bank 2008 galt das Quartett sogar als Hoffnungsträger, dessen Rohstoffwerte und solides Wachstum von der folgenden Bankenkrise und weltweiten Wirtschaftsflaute zunächst unberührt blieben. Das war einmal. Heute ist China eingebrochen, Indien kaum besser dran, Russland mit Sanktionen belegt und Brasilien wirtschaftlich mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Entzauberter Gigant = Von Matthias Beermann Düsseldorf (ots) - Brasilien, da waren sich viele Leute noch vor nicht allzulanger Zeit todsicher, gehöre die Zukunft. Die siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt, ein Land von beinahe kontinentaler Größe mit mehr als 200 Millionen Einwohnern, schien unaufhaltsam auf dem Weg nach oben. Ein kraftstrotzender Gigant, dem man ohne Zögern zutraute, kurz hintereinander Fußball-WM und Olympische Spiele zu stemmen. Die Sport-Spektakel scheinen jetzt freilich wie aus der Zeit gefallen: Brasilien steckt in einer schweren Wirtschaftskrise. Schlimmer mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Kunde will Transparenz = Von Georg Winters Düsseldorf (ots) - Es ist groß in Mode gekommen, ungefiltert auf Banken einzuprügeln. Deshalb an dieser Stelle mal ein Kompliment an jene Institute, die die Überziehungszinsen (also den Aufschlag auf die Dispozinsen) abgeschafft und damit die Kosten für Kunden mit Konto im Minus begrenzt haben. Das war ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn der nur unter dem Druck der Öffentlichkeit passiert ist. Dennoch ist bei Dispozinsen noch längst nicht alles gut. Die Frage, ob sie unverschämt hoch oder angemessen sind, mag sich mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht