| | | Geschrieben am 22-05-2015 Rheinische Post: Air-Berlin-Chef Pichler fordert politischen Schutz
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 Düsseldorf (ots) - Der neue Chef der zweitgrößten deutschen
 Fluggesellschaft Air Berlin fordert von der Politik eine koordinierte
 Aktion zur Stärkung der deutschen Luftfahrt. Im Interview mit der in
 Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Freitagausgabe) sagte
 Pichler: "Kein deutscher Politiker kann ernsthaft Verantwortung dafür
 übernehmen, wenn mit Air Berlin 9000 Jobs den Bach runtergehen
 würden."  Den politischen Widerstand gegen die Code-Share-Flüge, bei
 denen unter anderem die arabische Etihad über Air Berlin auch Flüge
 in Deutschland anbietet, nannte Pichler "gefährlich". "Anstatt uns
 mit Code-Share-Bedenken zu überziehen, sollte die Politik in
 Deutschland lieber ein Bündnis zur Stärkung der deutschen Luftfahrt
 schmieden und Überregulierung abschaffen. Die Angst vor den Arabern
 ist albern. In fünf Jahren drängen die chinesischen
 Fluggesellschaften auf den europäischen Markt. Dann haben wir ganz
 andere Spielregeln."  Zur Sanierung der angeschlagenen Airline will
 Pichler das Angebot an den Flughäfen Düsseldorf, Berlin und Palma de
 Mallorca stark ausbauen. Zugleich will Air Berlin sich aus der Fläche
 zurückziehen. "Die dezentrale Herumfliegerei werden wir ausdünnen",
 sagte Pichler der "Rheinischen Post".
 
 Das komplette Interview mit Stefan Pichler im von Air Berlin
 freigegebenen Wortlaut:
 
 Sie sind seit drei Monaten Chef von Air Berlin. Ist alles noch
 schlimmer als gedacht? Pichler Wenn eine Gesellschaft über Jahre Geld
 verbrannt hat, muss man natürlich genau unter den Teppich schauen.
 Operativ hat Air Berlin zuletzt vor acht oder zehn Jahren Geld
 verdient - ich weiß das schon gar nicht mehr. Die derzeitige Lage ist
 finanziell und wirtschaftlich unbefriedigend. Da braucht man sich
 keine Illusionen zu machen. Im ersten Quartal lag der operative
 Verlust bei 160 Millionen Euro, besser als im Vorjahr, aber natürlich
 immer noch zu hoch. Das Minus beim Eigenkapital beträgt 560 Millionen
 Euro, von den 144 Flugzeugen, die wir betreiben, gehören uns noch
 elf.
 
 Ist "unbefriedigend" nicht stark untertrieben? Im Management
 kursiert der Begriff "prekär", und Sie selbst sprechen öffentlich vom
 "letzten Schuss" für Air Berlin... Pichler: Nichts ist rosig, aber
 airberlin ist für 2015 finanziell ausreichend ausgestattet und wir
 haben natürlich auch eine starke Zusammenarbeit mit unserem Partner
 Etihad.  Wir muessen alle Anstrengungen unternehmen wieder profitabel
 zu werden. Das wird uns auch gelingen. Zuvor waren Sie Chef von Fiji
 Airways und haben im südpazifischen Inselparadies gelebt. Warum gibt
 man sowas mit 57 nochmal auf? Pichler Man ist so alt wie man sich
 fühlt. Und ich fühle mich deutlich jünger. Meine Frau stellt mit
 Entsetzen fest, dass ich immer noch nicht erwachsen werde. Die
 Herausforderung bei Air Berlin hat mich gereizt: Es ist eine große
 Fluggesellschaft in einem großen Markt mit einem guten Produkt und
 mittelständisch geprägt. Ich habe mich immer gefragt: Wie ist es
 möglich, dass diese Gesellschaft so schlecht dasteht?
 
 Was ist denn schief gelaufen? Pichler Die Gesellschaft ist zu
 schnell gewachsen und hat die Managementprozesse und die Strukturen
 nie ausreichend angepasst und integriert.
 
 Ihre Vorgänger haben doch ständig Sparprogramme aufgelegt...
 Pichler...das ist doch noch keine Strategie. Die Optimierung des
 Tagesgeschäftes ist für das Management Routine. Sanierung und
 Restrukturierung sind aber strategische Aufgaben. Bis heute hat die
 strukturelle Sanierung von Air Berlin noch nicht konsequent
 stattgefunden.
 
 Und wie wollen Sie die Wende schaffen? Pichler Alles, was nicht
 zum Kerngeschäft gehört, müssen wir hinterfragen. Wir werden
 sicherlich mehr Dienstleistungen von außen einkaufen. Gleichzeitig
 müssen wir andere Unternehmensbereiche wie die zugekaufte LTU noch
 besser integrieren. In der Technik und in der Verwaltung zum Beispiel
 gibt es immer noch viel Doppelarbeit. Wir müssen unsere
 Größenvorteile in der IT besser nutzen. Den Vorstand habe ich
 weitgehend neu besetzt, in der zweiten Führungsebene finden die
 Änderungen gerade statt. Parallel dazu müssen wir das Geschäft an
 unseren wichtigsten Stützpunkten Düsseldorf, Berlin, Palma de
 Mallorca und anderen ausbauen und hier deutlich Marktanteile
 gewinnen. Das Geschäft läuft über diese Hubs, und gerade Düsseldorf
 ist immens wichtig für uns. Mit denen müssen wir deutlich mehr Geld
 verdienen. Im Umkehrschluss heißt das auch: Die dezentrale
 Herumfliegerei werden wir sicherlich etwas ausdünnen. Wir analysieren
 gerade unser Netzwerk und werden Details dazu in einigen Wochen
 vorstellen.
 
 Was genau wird in Düsseldorf passieren? Pichler Hubs wie
 Düsseldorf wollen wir massiv ausgeweiten. Eine von vielen
 Verbindungen, die wir in Düsseldorf stärken, ist die nach Curacao. Es
 kommen auch neue Destinationen hinzu, wir erarbeiten gerade die
 Pläne. Auf jeden Fall planen wir fest mit den neuen Möglichkeiten in
 Düsseldorf ab dem Jahr 2017, wenn die neue Betriebsgenehmigung gilt.
 
 Das hört sich so an als wäre das schon beschlossene Sache, noch
 ist nichts genehmigt... Pichler Ich habe da volles Vertrauen in die
 Geschäftsführung des Düsseldorfer Flughafens, dass es gelingen wird,
 die Kapazitätserweiterung durchzukriegen. Die Stadt Düsseldorf, das
 Land NRW und der  Airport sind ja gleichermaßen auf Wachstum am
 Flughafen Düsseldorf angewiesen. Deshalb bin ich sicher, dass der
 Flughafen mehr Starts und Landungen genehmigt bekommt. Air Berlin
 kann nur wachsen und gedeihen, wenn Düsseldorf mehr Starts und
 Landungen hergibt. Heute haben wir einen Marktanteil in Düsseldorf
 von 31 Prozent. Den müssen wir steigern. Zum Vergleich: Die Lufthansa
 hat an ihrem Hub in Frankfurt einen Anteil von ca. 65 Prozent.
 
 Wieviel Zeit haben Sie für die Sanierung? Pichler Unser
 Großaktionär Etihad hat uns in der Vergangenheit viel geholfen. Wenn
 unsere Sanierungserfolge sichtbar werden, gewinnen wir Zeit und
 Vertrauen Solange alles in die richtige Richtung geht, haben wir
 sicher weiterhin die volle Unterstützung. Aber das heißt auch: Jetzt
 müssen wir es schaffen!
 
 Wofür soll die Marke Air Berlin in fünf Jahren stehen? Pichler Ich
 sehe den Markenkern in drei Dimensionen: Emotional, progressiv, edgy,
 und international im Verbund mit Etihad und oneworld.  Als
 etabliertes Non-Establishment. Ein bisschen wie früher die britische
 Fluggesellschaft Virgin.
 
 Wie reagieren Sie auf die neue Billig-Langstrecke der Lufthansa?
 Pichler Gar nicht. Die müssen erst mal beweisen, dass das klappt. Auf
 der Langstrecke funktioniert das Billig-Konzept nicht so effektiv wie
 auf der Kurzstrecke, weil die Nicht beeinflussbaren variablen Kosten
 in der Relation zu den beeinflussbaren Kosten hoch sind. Den größten
 Kostenblock  machen die Spritkosten aus. Da kommen Sie auf der
 Langstrecke nicht gegen an, weil alle dieselbe Zeit fliegen.
 
 Werden Sie von der deutschen Politik ausreichend unterstützt?
 Pichler Kein deutscher Politiker kann doch ernsthaft die
 Verantwortung dafür übernehmen, wenn mit Air Berlin 9000 Jobs den
 Bach runtergehen würden. Gewisser politischer Widerstand gegen unsere
 Code-Share-Flüge mit Etihad ist gefährlich: Wir brauchen diese
 Struktur, bei der Etihad ihr Angebot in Europa über uns und den
 deutschen Markt abwickelt, für unser Netz.
 
 Ihre Wettbewerber beklagen, dass ihnen damit eine staatlich
 subventionierte Golf-Airline das Geschäft im Heimatmarkt streitig
 macht... Pichler ... das ist Unsinn. Die Lufthansa bietet in anderen
 Ländern selbst auch Codeshare-Flüge in Kooperation mit anderen
 Fluggesellschaften an. Das ist Marktliberalisierung. Die kann man
 nicht aufhalten. Anstatt uns mit Code-Share-Bedenken zu überziehen,
 sollte die Politik in Deutschland lieber ein Bündnis zur Stärkung der
 deutschen Luftfahrt schmieden und die Überregulierung abschaffen.
 Diese Angst vor den Arabern ist albern. In fünf Jahren drängen dann
 sicherlich die chinesischen Fluggesellschaften auf den europäischen
 Markt. Mit einem gigantischen 1,3 Milliarden Menschen Heimatmarkt.
 Dann haben wir ganz andere Spielregeln. Dagegen kann man sich nicht
 dauerhaft mit Protektion schützen.
 
 Die Anteile des arabischen Staatscarriers Etihad an Air Berlin
 werden immer größer. Wann ist eine Fluggesellschaft noch deutsch?
 Pichler Das ist eine falsche Debatte. Die Deutsche Bank oder Siemens
 haben auch ausländische Aktionäre, und gelten unbestritten als
 deutsche Unternehmen. Es ist doch nicht die Frage des Eigentümers,
 der über die Nationalität einer Firma entscheidet. Es geht darum, wo
 die Wertschöpfung stattfindet, wo Jobs erhalten werden, wo Geld in
 andere Firmen fließt, wo die Kunden leben. Air Berlin ist ganz klar
 eine deutsche Fluggesellschaft. Von 100 Euro Ticketerlösen werden bei
 uns sicherlich mehr als 80 Euro in Deutschland re-investiert.
 
 Sie wollen die Ticketpreise erhöhen. Um wieviel? Pichler Da muss
 ich Ihnen widersprechen, die Ticketpreise werden nicht erhöht, sie
 werden nur im Durchschnitt erhöht. Mit 44 Euro Einstiegstarif haben
 wir gerade im letzten Monat ein neues, günstigeres Angebot
 geschaffen.
 
 Werden Sie nun teurer, oder nicht? Pichler Wir verkaufen keine
 teureren Tickets, wir senken nur die absolute Zahl der
 Discount-Tickets. Ist eine bestimmte Anzahl der Sitze durch
 Frühbucher reserviert, gehen in die Preise in eine höhere Klasse. Das
 machen alle Airlines so, wer zwei Tage vor Abflug bucht, zahlt mehr
 als einer, der dies ein Jahr im Voraus erledigt. Das ist ganz normal
 und das wurde bei uns in der Vergangenheit oft versäumt. Damals haben
 wir die Flieger mit Billig-Tickets ausgelastet, und als die Kunden
 mit höherer Zahlungsbereitschaft kurzfristig buchen wollten, waren
 die Flieger schon voll.
 
 Viele Kunden klagen über den Kundenservice bei Air Berlin. Was tun
 Sie dagegen? Pichler Zurzeit arbeiten wir an einem verbesserten
 Beschwerdemanagement. Unser Ziel: Innerhalb von 24 Stunden erhalten
 Menschen, die sich beschweren, eine erste Antwort. Innerhalb einer
 Woche gibt es eine dezidierte Entscheidung. Versprochen.
 
 
 
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