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Mittelbayerische Zeitung: Last der Vergangenheit

Geschrieben am 20-02-2015

Regensburg (ots) - Von Nina Jeglinski

Die Ukraine gedenkt der Toten des Maidan - wieder einmal. Doch wer
die Gewalttat zu verantworten hat, bei der am 20. Februar 2014
innerhalb eines Vormittags über hundert Menschen auf wenigen
Quadratkilometern in der Kiewer Innenstadt erschossen wurden, liegt
noch immer im Dunkeln. Obwohl von der politischen Führung, die nur
wenige Tage nach den Ereignissen ins Amt gekommen war, versprochen
wurde, die Schuldigen zu finden und sie vor unabhängige Gerichte zu
stellen. Drei Generalstaatsanwälte haben mittlerweile erklärt, sie
wollten die Hintergründe lückenlos aufklären, doch darauf warten die
Angehörigen der Opfer und die ukrainische Öffentlichkeit bis heute.
Die ukrainische Führung gerät auch deshalb immer stärker unter Druck,
weil fast alle Anführer, die damals die Maidan-Proteste aktiv
vorantrieben, heute Regierungsverantwortung tragen: Der Chef der
Maidan-Selbstverteidigung "Samooborona", Andrej Parybiy, ist jetzt
stellvertretender Parlamentssprecher, die damaligen Oppositionsführer
Arsenij Jazenjuk und Vitali Klitschko sind Regierungschef bzw.
Bürgermeister von Kiew. Einer der Hauptsponsoren der Proteste, der
Oligarch Petro Poroschenko, wurde Präsident. Nun werden immer mehr
Augenzeugenberichte öffentlich, die vermuten lassen, dass einige der
Protest-Organisatoren zumindest wussten, dass geschossen werden
sollte, es möglicherweise sogar mit geplant hatten. Ein ukrainischer
Fotojournalist hat der BBC berichtet, er habe in der Musik-Akademie,
einem Gebäude am Maidan, Fotos von Männern mit Jagdgewehren gemacht.
Die Personen hätten ausgesehen wie Maidan-Demonstranten. Sie hätten
an Fenstern und auf dem Dach Position bezogen. Die Aufnahmen seien am
20. Februar 2014 zwischen 7 und 8 Uhr morgens entstanden. Die
Berichte des damaligen Parlamentariers Andrej Schewtschenko, decken
sich mit den Aussagen des Fotografen. Schewtschenko sagte, er habe am
frühen Morgen des Tages einen Anruf von der Polizei erhalten, dass
bewaffnete Männer sich in der Musik-Akademie aufhielten. Bewiesen ist
zwar bisher nichts. Sollten sich diese Angaben jedoch bewahrheiten,
wäre dass nicht nur das Ende der Regierung von Präsident Petro
Poroschenko, sondern auch der Super-Gau für das gesamte Lager der
westlich orientierten Politiker der Ukraine. Auf Jahre hinweg hätten
sie allen Kredit bei ihren Wählern verspielt. Auch die Unterstützer
von Poroschenko und Co. aus der EU und den USA stünden düpiert da.
Gewinner wäre das anti-westliche Lager in der Ukraine und diejenigen,
die eine Spaltung oder gar Aufteilung der Ukraine anstreben: die
Separatisten in den Regionen Donezk und Lugansk sowie ein Teil der
Mitglieder der früheren Regierungspartei von Ex-Präsident Viktor
Janukowitsch. Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin könnte
der Fall der jetzigen ukrainischen Regierung zu einer unverhofften
Rehabilitierung führen. Putin verweigert Teilen der Kiewer Führung
bis heute die Anerkennung. Außerdem hat Russlands Präsident nie eine
Gelegenheit ausgelassen und seine Landsleute vor sogenannten "bunten
Revolutionen" gewarnt. Stets verurteilte Putin pro-europäische
Proteste, wie es sie in der Ukraine 2004/2005 und im vergangenen Jahr
sowie 2003 in Georgien gegeben hat. Die einzige Chance wäre jetzt,
ein Jahr nach den Schüssen, eine schnelle und lückenlose Aufklärung
der Vorwürfe. Nur dann könnte in der Ukraine politisch der Neustart
gelingen. Der Konflikt im Osten des Landes wird noch längere Zeit
zumindest schwelen. Umso wichtiger wäre es, wenn das Land frei von
Vorwürfen stabil regiert werden könnte.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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