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Börsen-Zeitung: Tokioter Schuldenrätsel, Kommentar zu Japan von Martin Fritz

Geschrieben am 12-01-2015

Frankfurt (ots) - Japans Wirtschaftspolitik der Abenomics mit
lockerer Geldpolitik und höheren Staatsausgaben stößt vor allem im
Ausland auf Unverständnis. Dass gerade jene Nation mit der höchsten
Verschuldung weltweit noch mehr auf Notenbankfinanzierung setzt als
ohnehin schon, nur um eine milde Deflation zu überwinden, erscheint
vielen widersinnig. Doch das Rezept von Premier Shinzo Abe ist
zumindest teilweise aufgegangen: Die Yen-Abwertung infolge der
Wertpapierkäufe der Notenbank hat die Gewinne vieler Firmen so stark
erhöht, dass die Körperschafts- und Einkommenssteuerquellen sprudeln.
Auch die Einnahmen aus der Verbrauchssteuer beglücken Tokio. Dadurch
kann Tokio sein Haushaltsdefizit relativ zur Wirtschaftsleistung um
die Hälfte verringern, wie es den G7-Nationen für 2015 versprochen
worden war. Das ist kein Zufall. Regierungschef Abe will Japans
Wirtschaft im Wettbewerb mit China stärken und dafür die
Staatsfinanzen konsolidieren. Auch den nächsten Nachtragshaushalt
finanziert er ganz ohne neue Anleihen.

Aber der Zwischenerfolg kann nicht davon ablenken, dass die
höheren Einnahmen das Verschuldungstempo allenfalls abbremsen. 2015
werden fast zwei Fünftel des Haushalts - umgerechnet 260 Mrd. Euro -
über Kredite finanziert. Um die Lücke ohne Berücksichtigung des
Schuldendienstes bis 2020 zu schließen, müsste die Neuverschuldung um
100 Mrd. Euro sinken. Das ist nicht zu schaffen. Selbst wenn die
Wirtschaft wieder wächst, dürfte die Schuldenquote von derzeit 240%
der Wertschöpfung noch lange weiter zulegen. Wegen des damit
steigenden Insolvenzrisikos müssten die Anleihezinsen eigentlich
zulegen. Doch Japan hat die niedrigsten Zinsen der Welt. Das straft
die klassische Schuldentheorie Lügen.

Zwei Erklärungsansätze bieten sich für das Schuldenrätsel an:
Erstens gibt es keine externen Gläubiger, weil sich fast alle
Anleihen in japanischer Hand befinden. Über ein Fünftel der Papiere
liegt zudem bei der Notenbank. Zweitens stehen den hohen
Staatsschulden noch höhere Ersparnisse von Bürgern und Firmen
gegenüber. Der Ökonom Franz Waldenberger vergleicht Japan mit einem
sehr liquiden Unternehmen, das sich den Staat als Tochterfirma mit
einer Eigenkapitaldecke von null leistet. Die Staatsverschuldung wäre
dann nur ein Reflex der hohen Privatersparnisse. Selbst bei fallenden
Spar- und Investitionsquoten kann dieser Zustand noch länger
fortdauern. Wer auf eine Staatspleite Japans spekuliert, braucht also
Geduld.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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