Aachener Nachrichten: Schäbige Kampage - Claus Weselsky, die GDL und das Streikrecht; Ein Kommentar von Joachim Zinsen
Geschrieben am 06-11-2014 |   
 
 Aachen (ots) - Langsam geht jedes Maß verloren. Man muss Claus  
Weselsky nicht lieben, kann den Chef der Gewerkschaft Deutscher  
Lokführer ja durchaus kritisch sehen. Aber wie mit seiner Person  
derzeit in der Öffentlichkeit umgegangen wird, ist einfach skandalös. 
Das Magazin "Focus" zeigt Weselskys Haus. Die Bildzeitung  
veröffentlicht die Telefonnummer des Gewerkschafters und fordert ihre 
Leser auf, dem "Größen-Bahnsinnigen" die Meinung zu geigen. Das ist  
ein Aufruf zur Menschenjagd. Gut, von der "Bild" sind solche  
bösartigen Kampagnen immer zu erwarten. Doch selbst Teile der  
"seriösen" Medien beschreiben das CDU-Mitglied Weselsky inzwischen  
als einen machtbesessenen Psychopathen, als einen Egomanen, als einen 
Mann, der mit dem Ausstand der Lokomotivführer eine ganze Republik in 
Geiselhaft nimmt. Vermeintlich kluge Köpfe schimpfen über einen  
unpatriotischen Streik. Plötzlich stehen Gewerkschafter als  
vaterlandslose Gesellen da, nur weil sie zum Arbeitskampf aufrufen.  
Herrschaften, sind wir geistig bereits wieder im Kaiserreich  
angekommen? Weselsky und die Lokomotivführer nehmen ein zentrales  
Grundrecht wahr. Ein Streik ist aber nur dann ein Streik, wenn er  
wehtut, wenn damit wirtschaftlicher Druck auf den Arbeitgeber erzeugt 
wird. Alles andere ist Beschäftigungstherapie, ist Ringelpiez mit  
Anfassen.  Im Falle des Arbeitskampfes bei der Bahn gehören natürlich 
deren Kunden zu den Hauptleidtragenden. Das liegt leider in der Natur 
der Sache und nervt viele. Aber vielleicht denkt der ein oder andere  
Empörte ja doch einmal daran: Auch sein Gehalt wäre (noch) deutlich  
niedriger, gäbe es nicht Gewerkschaften, die stark sind, kämpfen und  
notfalls zum Streik aufrufen. Um dem Streik der Lokomotivführer die  
Berechtigung abzusprechen, ist dessen Gegnern derzeit offenbar kein  
Argument zu blöde. Der GDL wird vorgeworfen, dass sie nicht nur für  
die im europäischen Vergleich miserabel bezahlten Lokführer einen  
höheren Lohn erstreiten wollen, sondern auch für Zugbegleiter und  
andere bei ihr organisierte Bahnangestellte. Das ist allein schon  
deshalb bemerkenswert, weil der GDL bei ihrem letzten Arbeitskampf  
2008 genau das Gegenteil vorgehalten wurde. Damals hieß es, sie  
betreibe unsolidarische Rosinenpickerei, weil sie sich nur um die gut 
organisierten und an strategisch wichtigen Positionen sitzenden  
Lokführer kümmere. Wie passt das zusammen? Interessiert die Kritiker  
noch ihr Geschwätz von gestern? Natürlich vertritt die GDL abgesehen  
von den Lokführern nur eine Minderheit der Bahnangestellten. Doch für 
sie zu kämpfen, ist ihre Aufgabe. Die Spartengewerkschaft kann  
deshalb auch nicht Teile des Streikrechts aufgeben. Genau das aber  
macht die Bahn zur Bedingung, um mit der GDL überhaupt erst in  
Tarifverhandlungen einzusteigen. Die Arbeitgeber führen inzwischen  
ins Feld, in einem Betrieb dürfe es keine konkurrierenden  
Tarifverträge geben, weil man Personalarbeit aus einem Guss machen  
wolle. Die kleine GDL habe sich deshalb zugunsten der großen  
DGB-Gewerkschaft EVG zurückzunehmen. Das ist - mit Verlaub - ein  
freches, ein rotzfreches Argument. Denn gerade die Arbeitgeber waren  
es doch, die der Tarifeinheit schweren Schaden zugefügt haben. Wer  
hat denn in den vergangenen Jahren auf Teufel komm raus outgesourct?  
Wer hat im großen Stil auf Leiharbeit gesetzt? Wer hat dafür gesorgt, 
dass heute oft Arbeitnehmer nebeneinander sitzen, die die gleiche  
Tätigkeit zu völlig unterschiedlichen Tarifbedingungen leisten? Nein, 
so sinnvoll und wünschenswert eine Tarifeinheit wäre, sie ist von der 
Arbeitgeberseite dem Prinzip des allumfassenden Wettbewerbs geopfert  
worden. Jetzt darüber zu jammern, dass es diesen Wettbewerb auch  
unter Gewerkschaften gibt, ist scheinheilig. Weselsky und die GDL  
sind inzwischen medial zum Feindbild schlechthin aufgebaut worden.  
Sicherlich liegt das auch an einer glänzenden PR-Kampagne der Bahn  
und einer schlechten PR-Strategie der Spartengewerkschaft. Aber  
manche Kritiker müsen aufpassen, dass sie sich nicht ins eigene  
Fleisch schneiden. Zum Beispiel einige Gewerkschafter im DGB. Sie  
empfinden die GDL als Konkurrenz, wollen  sie wegbeißen.  
Verständlich.  Doch in ihrem Furor sollten sie eines nicht übersehen: 
Manchen, mit denen sie da plötzlich in einer Reihe stehen, geht es um 
mehr als nur um den Arbeitskampf der GDL. Nicht allein "Bild" und  
Konsorten wollen das Streikrecht generell zu einem zahnlosen  
Papiertiger machen. 
 
 
 
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