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DER STANDARD - Kommentar: "Gaza als Vorwand für Hetzer" von Petra Stuiber

Geschrieben am 24-07-2014

Den antiisraelischen Schlägern ist Palästina egal, deren Frust
ist Europas Problem. (Ausgabe vom 25.7.2014)

Wien (ots) - Die Fotos, die ein Sportredakteur noch Mittwochnacht
aus Bischofshofen twitterte, machten betroffen und sprachlos: Da
treten junge Männer, nach eigenem Bekunden "propalästinensisch", auf
junge Fußballspieler ein, mit verzerrten Gesichter, voll
unkontrolliertem Hass. Der Nahostkonflikt ist wieder einmal in Europa
angelangt. Im Pariser Vorort Sarcelles plünderten maskierte
Jugendliche koschere Geschäfte, zündeten Autos an und lieferten sich
vor zwei Synagogen Straßenschlachten mit der Polizei. In Berlin kam
es zu einem Handgemenge, als sich ein älterer Berliner gegen "Israel,
Mörder"-Rufe bei einer Demo gegen die Gaza-Offensive Israels wehrte.
Österreichs Außenminister Sebastian Kurz muss angesichts der
antisemitischen Ausbrüche auf seiner Homepage die Staatsanwaltschaft
bemühen, der Justizminister überlegt eine Präzisierung des
Verhetzungsparagrafen - und nun, als trauriger Tiefpunkt, die
Vorfälle von Bischofshofen. Hier geht es längst nicht mehr um Gaza;
die Leute, die hier zuschlagen, anzünden, kaputtmachen, haben kein
politisches Anliegen. Die Kinder, die durch Schutt und Ruinen irren,
sind ihnen schnurzegal, diese Leute haben mit niemandem Mitleid. Sie
kanalisieren ihre kleinen ganz persönlichen Enttäuschungen, das
Gefühl, zu kurz gekommen zu sein, und den Hass auf alle, die es
scheinbar ein bisschen besser getroffen hat. Dazu kommt noch, dass
sich dumpfer, plumper Antisemitismus hübsch bemänteln lässt, wenn man
- clever, clever - "Israel-Kritik" dazu sagt. Dasselbe gilt übrigens
auch umgekehrt: Was da über diverse Internet-Foren als vermeintliche
Israel-Verteidigung daherkommt, in Wahrheit aber
Ausländerfeindlichkeit, gepaart mit Islamhass ist, hat denselben
dumpfen Ursprung. Die Sprecherin der Islamischen
Glaubensgemeinschaft, Carla Amina Baghajati, hat schon recht, wenn
sie darauf hinweist, "wie wichtig es wäre, sachlich, rational und
fair diskutieren zu können". Dazu müsste aber auch die
Glaubensgemeinschaft endlich energisch ihren Beitrag leisten: Warum
findet sich niemand, der jungen Leuten in den eigenen Reihen klar
sagt, dass radikale Umtriebe aller Art nicht erwünscht sind und nicht
toleriert werden? Warum findet Glaubensgemeinschafts-Chef Fuat Sanac,
immerhin der Ansprechpartner der österreichischen Regierung in
muslimischen Belangen ist, nicht die Worte, um Extremismus jeglicher
Art abzulehnen? Schließlich ist er, als Fach?inspektor für
islamischen Religionsunterricht, auch in die Pflicht zu nehmen, wenn
junge Musliminnen und Muslime kein Gespür dafür entwickeln, was noch
sachliche Kritik an der Politik der israelischen Regierung und was
schon Antisemitismus ist. Denn auch das gehört zu modernem
Religionsunterricht: Verständnis für den anderen lehren, Toleranz -
und nicht zuletzt die Einhaltung menschenrechtlicher Grundsätze.
Gleichzeitig haben jene (politischen) Eliten, die sich nun über die
Vorfälle in Paris, Berlin und Bischofshofen erregen, herzlich wenig
getan, um den Frust der Jungen zu bekämpfen. Viele Repräsentanten der
Zivilgesellschaft tragen das Thema "Friede in Nahost" wie eine
Monstranz vor sich her - aber statt zu kooperieren, ergeht man sich
in kleinlichen Scharmützeln gegen den jeweils anderen. So hat die
Debatte etwas Scheinheiliges. Das erlaubt Hetzern und Aufwieglern,
verblendete junge Leute für ihre gewalttätigen Zwecke zu
instrumentalisieren.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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