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Mittelbayerische Zeitung: Attacken auf Seehofer sind das Vorspiel - In der CSU beginnt der Kampf um die Nachfolge des Parteichefs. Die schärfsten Kritiker denken nicht weit. Von Christine Schröpf

Geschrieben am 25-06-2014

Regensburg (ots) - Regierungspartei und gleichzeitig schärfste
Opposition von Parteichef Horst Seehofer - bei der CSU passt das
locker unter einen Hut. Das Ausleben scheinbar unvereinbarer
Gegensätze in periodischen Abständen zählt zum Markenkern. Und wer
könnte das eigene Spitzenpersonal glaubwürdiger ramponieren, als die
Christsozialen selbst? Nach der vergeigten Europawahl taugt Seehofer
einer Handvoll Parteifreunden als Ventil zur kurzfristigen
Druckentladung. Sie denken dabei keine zwei Meter weit. Seehofer mag
nicht perfekt sein und mutete seiner Partei schon einiges zu: Aber
einen Besseren gibt es aktuell in der CSU nicht - und die, die sich
als seine schärfsten Kritiker aufschwingen, haben es am wenigsten im
Kreuz. Markus Ferber war als CSU-Spitzenkandidat bei der Europawahl
alles andere als ein Zugpferd. Ex-Parteichef Erwin Huber hat den
Sturz Stoibers samt der verlorenen Landtagswahl 2008
mitzuverantworten. Den Ex-Bundesministern Hans-Peter Friedrich und
Peter Ramsauer haftet nicht gerade das Image von Lichtgestalten an.
Die Attacken des seehoferfeindlichen Quartetts sind auch persönlicher
Verletztheit geschuldet. Seehofer hat alle vier abgesägt oder ihren
Sturz zumindest nicht verhindert. Im Fall Ferber ist die mediale
Breitseite zudem ein Akt der Vorwärtsverteidigung. Wenn der
CSU-Vorstand am Wochenende bei seiner Klausur das Europawahl-Debakel
bis ins Detail analysiert, kommt noch mal auf den Tisch, dass Ferber
sogar daheim in Schwaben als Spitzenkandidat wenig punkten konnte und
die AfD dort das bayernweit beste Ergebnis einfuhr. Das heißt nun
nicht, dass Ferber statt Seehofer den Schwarzen Peter verdient hat,
oder dass öffentliche Kritik am CSU-Chef prinzipiell tabu ist. Doch
ein Schlagabtausch ohne bessere Konzepte oder personeller Alternative
ist närrisch. Simple Schuldzuweisungen greifen ohnehin zu kurz. Wahr
ist, dass Seehofer den europakritischen Kurs im Europawahlkampf
diktiert hat und ihn dabei erstmals sein untrüglicher Instinkt
verließ, was beim CSU-Klientel gut ankommt. Das verunsichert seine
Partei. Der Nimbus Seehofers hat Schrammen. Doch das CSU-Debakel war
nicht allein falscher Themensetzung geschuldet. Es hat viele
Ursachen. Die Wichtigsten: Die Bindekraft der Volksparteien lässt
nach. Das größere Parteienspektrum knabbert Prozente weg. Die SPD bot
mit Spitzenkandidat Martin Schulz einen harten Gegner auf. Ferber
hatte dieser Mixtur wenig entgegenzusetzen. Auch Starke hätten es
unter diesen Umständen schwer gehabt, doch zu diesen ganz Starken
zählt er nicht. Dieses Etikett darf sich Manfred Weber anheften, der
in Niederbayern für die CSU 50,5 Prozent der Stimmen holte und das
bayernweite Ergebnis um zehn Prozent toppte. Ferber muss sich wohl
oder übel eingestehen, dass er es nicht nur Seehofer anlasten kann,
dass er kürzlich seinen Posten als Chef der CSU-Europagruppe in
Brüssel verlor. Auch die CSU-Kollegen im Europaparlament wollten den
Neubeginn. Die Attacken gegen Seehofer gehen allerdings über das
übliche Nachtreten hinaus. Sie sind Vorgeschmack auf den
bevorstehenden Machtkampf in der CSU. Der Regierungschef hatte im
Landtagswahlkampf angekündigt, 2018 abzutreten. Je näher sein
politisches Verfallsdatum rückt, umso mehr wird sein Rückhalt in den
eigenen Reihen schwinden. Wasser fließt zum Meer, heißt es schon
jetzt in der CSU. Eine Umschreibung dafür, dass sich die Partei in
nicht allzu ferner Zukunft dem potenziellen Nachfolger oder der
Nachfolgerin zuneigen will. Intern gibt es Gedankenspiele, Seehofer
spätestens 2017 als Regierungschef auszutauschen, um mit einem
amtierenden Kandidaten ins Rennen zu gehen. Eine Strategie, die
allerdings einen großen Haken hat. Ein Kandidat für dieses Manöver
drängt sich nicht auf. Ob Finanzminister Markus Söder oder
Wirtschaftsministerin Ilse Aigner: Beide haben (noch) nicht Seehofers
Kragenweite. Seehofer aber vorzeitig durch eine schwächere Figur
abzulösen, wäre ein echtes Husarenstück. Ein Manöver, das bejubelt
würde - allerdings nur von der Opposition. Es wäre ein Szenario, in
dem Seehofer wohl lieber selbst noch einmal antritt, bevor er seinen
Parteifreunden das Feld räumt.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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