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DER STANDARD - Kommentar: "Handeln oder neu wählen" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 06-06-2014

Es geht um Ungleichheit und damit um mehr als eine
Steuerreform in Österreich. (Ausgabe vom 7.6.2014)

Wien (ots) - Steuerentlastung ja. Aber wann und wie, darüber
streiten Kanzler und Vizekanzler. Dass einer der beiden die Koalition
aufkündigt, ist aus zwei Gründen unwahrscheinlich: Erstens haben SPÖ
und ÖVP mit zusammen 51 Prozent nur noch eine knappe Mehrheit bei der
Wahl im Herbst erhalten. Zweitens haben die beiden Parteien derzeit
zu wenig Geld, um einen Wahlkampf finanzieren zu können. Außerdem
wird sich die ÖVP daran erinnern, dass sie nach der von ihr wegen des
Steuerstreits erzwungenen Wahl 2008 erneut nur Juniorpartner
geblieben ist. Dass sich der Ton zwischen den Koalitionären in dieser
Woche verschärft hat, war nicht zu überhören. Wenn ein Partner dem
anderen vorwirft, "unehrlich und unverantwortlich" zu sein
(Spindelegger an Faymann), und der andere mit "Blindheit" kontert,
dann kann man von einem zerrütteten Verhältnis ausgehen. Wer mit sich
selbst beschäftigt ist, kann nichts bewegen - dabei braucht dieses
Land gerade jetzt einen Aufbruch: Die Menschen stöhnen unter der
vergleichsweise hohen Steuer- und Abgabenlast, die auch Unternehmen
trifft. Von einem Aufschwung in Österreich ist nichts zu merken, wie
das Wirtschaftsforschungsinstitut am Freitag konstatierte. Die
Ukraine-Krise sorgt für zusätzliche Nervosität. Dabei sind die
Probleme in Österreich noch größer, als dies auf den ersten Blick
sichtbar ist. Die Ungleichheit nimmt immer mehr zu - und das auf
verschiedenen Ebenen. Q Erstens zwischen Arm und Reich: Die
Besserverdienenden ziehen den Geringverdienern davon. Dazu trägt die
Zunahme an Teilzeitjobs und schlecht entlohnten Dienstleistungsjobs
bei. Das Privatvermögen in Besitz wächst dagegen. Diese Entwicklung
fördert das Steuersystem in Österreich. Steuern lasten auf
Arbeitseinkommen viel schwerer als auf Kapital: Erstere werden mit
bis zu 50 Prozent progressiv besteuert, für Kapitalerträge gilt
pauschal 25 Prozent, Immobilien sind unterbewertet; Erbschaftssteuer
gibt es keine mehr - abgeschafft 1993 unter Finanzminister Ferdinand
Lacina, SPÖ. Q Zweitens zwischen Frauen und Männern: Dass Frauen für
die gleiche Arbeitsleistung in Österreich noch immer durchschnittlich
ein Fünftel weniger Lohn erhalten, ist ein Skandal. Neben der bereits
bekannten Ein kommensschere zeigt eine in dieser Woche präsentierte
Studie der Wirtschaftsuniversität Wien, dass Frauen weniger erben als
Männer. Im Schnitt haben weibliche Singlehaushalte um mehr als 40
Prozent weniger Nettovermögen. Q Drittens zwischen Jung und Alt: Die
realen Einkommen der bis zu 29-Jährigen sind seit 2001 um fast zehn
Prozent gefallen. Österreich zählt zu jenen wenigen Ländern weltweit,
in denen Pensionisten mehr aus dem Sozialsystem beziehen, als sie
eingezahlt haben. Die Herausforderungen für die Politik sind größer
als die Fragen: Soll es eine Millionärssteuer geben, und wann tritt
die Steuerreform in Kraft? In kaum einem anderen Land verteilt der
Staat so stark nach unten um - was Ungleichheiten teilweise
ausgleicht und kaschiert. Wie lange können wir uns all das noch
leisten? Das betrifft nicht nur jeden Einzelnen, sondern das gesamte
System: Es geht um mehr als eine Steuerreform. Wenn die sogenannte
große Koalition diese Probleme nicht anpacken will und im Streit
verharrt, können nur Neuwahlen einen Ausweg aus dem Stillstand
bringen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
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