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Aachener Zeitung: Kommentar Klartext und Respekt Pressefreiheit ist der Gradmesser für Regierungen Bernd Mathieu

Geschrieben am 02-05-2014

Aachen (ots) - Dürfen die das? Einfach so schreiben, was sie
wollen? Wer kontrolliert die eigentlich, die Journalisten? Manche
Länder beantworten diese Frage kurz und bündig: Sie sperren lästige
Journalisten ein. Basta. Die Liste dieser Länder ist lang und reicht
von der Türkei über China, Vietnam, Iran bis zu Ägypten, Thailand und
Saudi-Arabien. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" weist aus
Anlass des heutigen Internationalen Tages der Pressefreiheit auf
mindestens 164 Journalisten und 166 Online-Aktivisten hin, die wegen
ihrer beruflichen Tätigkeit in Haft sitzen. Bundespräsident Joachim
Gauck hat sich in der Türkei in kein diplomatisches Korsett gezwängt
und die Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit gebrandmarkt.
Der Umgang mit ihr ist Gradmesser für den Zustand eines Landes. Ohne
freie Medien sind politische Systeme langfristig nicht
überlebensfähig. Vor allem das Internet, oft wegen seiner perfiden
Anonymität und beleidigenden Hemmungslosigkeit gescholten, hat viele
Diktaturen beeinflusst, dieser Informationsmöglichkeit kann sich
staatliche Zensur auf Dauer kaum in den Weg stellen. Deutschland hat
als eines der wenigen Länder das Recht auf Meinungs- und
Pressefreiheit im Grundgesetz verankert. Das mahnt zum
verantwortungsbewussten Umgang der Medien mit diesem hohen
Verfassungsgut. Ein wesentlicher Aspekt ist deshalb die
Sorgfaltspflicht der Presse. Jedoch: Die Medien haben Missstände
aufzuspüren und darüber zu berichten. Nicht jene, die Skandale
aufdecken, schaden der Demokratie, sondern die für die Missstände
Verantwortlichen. Selbstbewusst, rückgratstabil: Das muss der
Anspruch an jeden guten Journalisten sein. Das taugt nichts für
Faule und Feige. Für ihn gilt: niemals Kumpanei, Schulterklopfen,
distanzloses Mittendrin, Kampagnen-Journalismus. Journalisten müssen
manchmal aus der Enge banaler Bequemlichkeit ausbrechen,
Andersartigem eine Chance geben, Minderheiten zu Wort kommen lassen,
ein Forum bieten. Journalisten sollten dabei eine glaubwürdige
Unterstützung sein. Dabei schwanken die Medien, zuweilen zwischen
Anpassung und Anmaßung. Medien stehen nicht über den Dingen. Sie sind
zutiefst menschlich. Sie sind Teil von Trends und Einflüssen, immer
in der Gefahr, dem Zeitgeist doch nachzulaufen. Und ewig bleibt auch
das wahr: In fast allen Gesellschaften und in allen Zeiten sind die
Medien am Ende die Ursachen allen Übels. Sie, so scheint es dann,
haben dem Bild-Chefredakteur die Mailbox vollgequasselt. Sie haben
den falschen Kader von Alemannia Aachen zusammengestellt, sie haben
die Euro- und Finanzkrise nicht vorhergesehen, sie haben, schon
heute, die nächste Wahl verloren. Die Journalisten sind auch nur ein
Teil der Herde. Gerade im Lokalen gilt jedoch mehr als anderswo: Der
Leser schützt vor Hochmut und Schlamperei. Ernst Elitz, ehemaliger
Intendant des Deutschlandfunks und Deutschlandradios, sagt: "Der
Lokaljournalist darf nicht Bauchredner seines Publikums werden." Und:
"Stadtväter, die keine Kritik vertragen und sich im Lokalpatriotismus
sonnen, ersticken in provinzieller Muffigkeit." Auch darüber sollten
wir intensiv nachdenken: über Kritikfähigkeit, Diskussionstoleranz
und Gesprächskultur. Nicht immer sind da nur die Journalisten
schuld. Fast alle von uns unterliegen diesem grässlichen Diktat
unserer Zeit, das lautet: Tempo, Tempo! Wir sind gleichzeitig
überall, via Internet und Satellit, alles live, immer im
Multitasking-Modus. Wir haben Gott und die Welt im Griff. Aber
Geschwindigkeit ersetzt kein Verstehen. In der Informationsflut
ersäuft der Überblick. Die Welt ist vernetzter denn je, aber dadurch
nicht näher geworden. Sie konzentriert sich am Ende auf die grellsten
Bilder, die dreistesten Typen, die lautesten Explosionen. Wollen Sie
und wir das auf Dauer wirklich?



Pressekontakt:
Aachener Zeitung
Redaktion Aachener Zeitung
Telefon: 0241 5101-389
az-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de


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