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Lausitzer Rundschau: Was nun, Herr Hoeneß? Zum Urteil gegen den Präsidenten des FC Bayern München

Geschrieben am 13-03-2014

Cottbus (ots) - Kein Freispruch, keine Bewährung - drei Jahre und
sechs Monate Gefängnis für Uli Hoeneß. Angesichts der Summe, die der
Bayern-Präsident hinterzogen hat, ist diese Strafe nicht
verwunderlich. Eine Verurteilung auf Bewährung oder gar ein
Freispruch wäre einer Verhöhnung der ehrlichen Steuerzahler
gleichgekommen. Der Rechtsstaat hat im Fall Hoeneß also funktioniert.
Gleichwohl ist Hoeneß kein typischer Steuerhinterzieher, wie sie noch
immer Schweizer oder Luxemburger Konten füllen. Er ist keiner dieser
Reichen, die ihre gesamtgesellschaftliche Verantwortung an der Sylter
Champagner-Bar abgegeben haben. Hoeneß hat mit Millionen jongliert,
ohne Sinn und Verstand, ohne Überblick, eher krankhaft als kriminell.
Das ist ihm zum Verhängnis geworden. Freilich, dieser besondere
Hintergrund der Steuerhinterziehung schützt nicht vor Strafe. Hoeneß
nicht, und keinen anderen. Aus dem Fall ergibt sich deshalb eine
Systemfrage: Schaut man sich die Fakten an, erkennt man im Kleinen
die Mechanismen, die im Großen ganze Volkswirtschaften an den Rand
des Ruins gebracht haben. Denn die Finanzkrise ist aus denselben
Gesetzmäßigkeiten entstanden, die Hoeneß jetzt ins Verderben geführt
haben: durch wilde Spekulation. Der Unterschied ist nur, Hoeneß muss
die Konsequenzen selbst tragen. Demgegenüber kann im weltweiten
Casino eifrig gepokert werden, für die Folgen haftet dann die
Gesellschaft. Eine Korrektur muss hier schleunigst auf
internationaler Ebene geschehen. Der Konflikt um so ein mildes Mittel
wie die Finanztransaktionssteuer zeigt aber, wie schwierig das ist.
Doch die nächste Finanzkrise kommt bestimmt. Was nun, Herr Hoeneß?
Seinen Präsidentenjob beim FC Bayern kann er nicht mehr fortführen.
Er hätte das Amt schon seit der Selbstanzeige ruhen lassen müssen.
Und der Aufsichtsrat des Clubs mit hochkarätigen Vertretern deutscher
Unternehmen hätte ihn dazu drängen müssen. Zumal die Wirtschaftsbosse
bei Verfehlungen eigener Mitarbeiter regelmäßig ganz andere Maßstäbe
ansetzen - ohne Rücksicht und Nachsicht. Hoeneß' Verurteilung
entlarvt somit auch eine gewisse Arroganz dieser Wirtschaftsbosse. Er
selbst wird jetzt in Revision gehen. Sollte Hoeneß seine Strafe
trotzdem absitzen müssen, hat er es aber verdient, danach wieder von
der Gesellschaft mit offenen Armen empfangen zu werden. Nicht nur vom
FC Bayern, nicht nur von Fußball-Deutschland. Der Mann ist kein
Unhold. Er hat eine enorme Lebensleistung erbracht, von der viele
andere Menschen in Not profitiert haben. Das gehört zu einem
vollständigen Blick auf den Sachverhalt, der in München beurteilt
worden ist. Genauso wie der Aspekt, dass Hoeneß überzeugend Reue
gezeigt hat. Jeder verdient eine zweite Chance.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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