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Einschüchterungsversuche gegen aserbaidschanische Journalisten in Baku und Berlin

Geschrieben am 26-02-2014

Berlin (ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) ist besorgt über die
jüngsten Einschüchterungsversuche der aserbaidschanischen Behörden
gegen die Investigativjournalistin Khadija Ismajilowa. Die prominente
Reporterin des US-Auslandssenders Radio Free Europe/Radio Liberty ist
seit der vergangenen Woche vier Mal zur Staatsanwaltschaft in Baku
zitiert worden. Diese verdächtigt sie unter anderem, nicht näher
bezeichnete Staatsgeheimnisse an Vertreter des US-Kongresses verraten
zu haben. Als eigentlichen Grund für die Vorwürfe vermutet die
Journalistin jedoch ihre Recherchen zu dubiosen Geschäften der
Familie von Präsident Ilcham Alijew (http://on.fb.me/1lkXPDe).

"Die Schikanen gegen Khadija Ismajilowa zeigen, wie die Regierung
in Baku alles daran setzt, kritische Stimmen mundtot zu machen",
sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske in Berlin. "Investigative
Journalisten müssen auch in Aserbaidschan unbehelligt zu Themen von
öffentlichem Interesse recherchieren können."

Neben ihren Kontakten zu US-Vertretern ging es bei den
Vernehmungen Ismajilowas um ein auf ihrer Facebook-Seite
veröffentlichtes Dokument, das der Journalistin nach eigenen Angaben
von einem Mitarbeiter des aserbaidschanischen Geheimdienstes MNB
zugespielt wurde (http://on.fb.me/1frfk2H). Es soll belegen, wie der
MNB Aktivisten aus Opposition und Zivilgesellschaft als Informanten
zu rekrutieren versucht. Obwohl die Staatsanwaltschaft bislang keine
Anklage gegen sie erhoben hat, darf Ismajilowa die Hauptstadt Baku
derzeit nur mit Genehmigung der Behörden verlassen. Im Falle einer
Anklage wegen Geheimnisverrats müsste sie mit bis zu sieben Jahren
Haft rechnen.

Die Journalistin war bereits in der Vergangenheit Ziel von
Einschüchterungskampagnen. Nachdem sie über geheime Geschäfte der
Präsidentenfamilie berichtet hatte, lancierten regierungsnahe Medien
2012 und erneut 2013 Videoaufnahmen im Internet, die angeblich
Ismajilowa in ihrem Schlafzimmer beim Sex zeigten.
(http://bit.ly/Ou3w4s).

BERLIN: EINGESCHLAGENE SCHEIBEN BEI EXIL-FERNSEHSENDER MEYDAN TV

Mit Sorge hat ROG auch einen vermutlichen Einschüchterungsversuch
gegen den aserbaidschanischen Exil-Fernsehsender Meydan TV
registriert. In der Nacht zum vergangenen Samstag (23. Februar)
wurden die gläserne Eingangstür sowie ein Fenster seiner
Redaktionsräume in Berlin-Neukölln mit einem großen Stein
eingeschlagen. Die Polizei ermittelt gegen Unbekannt.

Meydan TV produziert seit 2013 Jahr von Berlin aus ein
Fernsehprogramm auf Aserbaidschanisch und auf Englisch, das per
Internet übertragen wird. Gegründet wurde der unabhängige Sender von
dem Blogger Emin Milli, der mit Unterstützung von ROG seit
vergangenem Jahr in Deutschland lebt. Als Anlass für den Angriff auf
seine Redaktion vermutet Milli seine kritischen Äußerungen über eine
von der aserbaidschanischen Regierung finanzierten Professur an der
Berliner Humboldt-Universität. Gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit
hatte er das Engagement der Regierung in Baku an der Universität als
"Teil einer großen Propaganda für eine Diktatur" bezeichnet.
(http://bit.ly/1cEy9wx).

Milli war in der Vergangenheit in seiner Heimat wiederholt
Verfolgung und Repressionen ausgesetzt. Wegen eines satirischen
Videos über Staatspräsident llcham Alijew wurde er 2009 zu
zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, kam aber durch internationalen
Druck nach 16 Monaten wieder frei.

Aserbaidschans Präsident Ilcham Alijew geht seit seiner Wiederwahl
im vergangenen Oktober mit zunehmender Härte gegen kritische
Journalisten und unabhängige Medien vor (http://bit.ly/1flntj6). Die
oppositionelle Tageszeitung Azadliq etwa darf nicht mehr an
Bahnhofskiosken und auf der Straße verkauft werden. Zudem wurde sie
vergangenes Jahr zu mehreren Schadensersatzzahlungen verurteilt.
Aufgrund der Schikanen kann sich das Blatt die Druckkosten nicht mehr
durchgängig leisten und erscheint neben einer Internet-Ausgabe nur
noch unregelmäßig in gedruckter Form.

In der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Aserbaidschan auf
Platz 160 von 180 Ländern. ROG zählt Präsident Ilcham Alijew zu den
größten Feinden der Pressefreiheit weltweit.



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Silke Ballweg / Christoph Dreyer
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29


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