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DER STANDARD-Kommentar: "Shame on you, EU" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 19-02-2014

Die Europäer müssen im Machtkampf in der Ukraine endlich
Position beziehen (Ausgabe ET 20.2.2014)

Wien (ots) - Flammende Appelle haben Intellektuelle an die
EU-Vertreter gerichtet, endlich gegen das Regime in der Ukraine aktiv
zu werden. "Dort kommen Menschen ums Leben, wor-auf warten wir
noch?", fragte der Essayist Tomasz Rózycki kürzlich in einem offenen
Brief und nahm die Europäer mit dem Wir in die Pflicht. Autor Juri
Andruchowytsch, einer der Aktivisten auf dem Maidan-Platz in Kiew,
schleuderte den Europäern in einem im Standard veröffentlichten
Schreiben entgegen: "Die Ukrainer verteidigen buchstäblich mit
eigenem Blut die europäischen Werte einer freien und gerechten
Gesellschaft. Meine Hoffnung besteht darin, dass Sie das zu schätzen
wissen!"

Die Appelle verhallten ungehört. Die EU-Minister und die
Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigten sich zwar besorgt und
mahnten, konnten sich aber nicht zu konkreten Schritten gegen die
autokratisch-repressive Staatsführung durchringen. Man muss nicht zu
so drastischen Formulierungen wie die US-Diplomatin Victoria Nuland
greifen, die mit "Fuck the EU" das Nichtstun der Europäer beschrieben
hat. Dass der Ruf "Shame on you, EU" auch auf dem Maidan laut wurde,
ist aber kein Wunder. Seit Dezember 2013 harren viele Demonstranten
trotz Kälte auf dem Unabhängigkeitsplatz aus, einige bezahlten ihr
Engagement mit dem Leben.

Es brauchte den vom Regime erzwungenen Showdown in der Nacht zum
Mittwoch, ehe sich die EU-Repräsentanten gezwungen sahen, in dem
blutigen Machtkampf konkrete Maßnahmen zu fordern. Als die Bilder von
brennenden Zelten und Menschen auf dem Maidan über die TV-Schirme
flimmerten und immer mehr Menschen mit Schussverletzungen in
Krankenhäuser und Kirchen gebracht wurden, traten Politiker in den
EU-Staaten vor die Kameras und forderten Sanktionen. Mit Verspätung
meldeten sich auch österreichische Politiker zu Wort und stellten
Konto-Sperren in Aussicht.

Als sich Ende Jänner der zurückgetretene ukrainische Premier
Mykola Asarow nach Wien abgesetzt hatte, beschrieben Medien, dass
Vertreter der ukrainischen Führung in Österreich Millionen gebunkert
und ein verworrenes Firmengeflecht aufgebaut haben. Von politischer
Seite wurde schweigend zur Kenntnis genommen, was dem Land zur
Schande gereicht: dass wieder einmal das österreichische
Bankgeheimnis ein Grund dafür ist, warum Vertreter eines Regimes ihr
Geld just nach Österreich bringen.

Präsident Wiktor Janukowitsch hat dem Ruf des Geldes und dem Druck
aus Russland nachgegeben, als er im November 2013 das
Assoziierungsabkommen mit der EU platzen ließ. Die EU-Repräsentanten
waren überrascht und wurden damit auch von Russland vorgeführt.
Präsident Wladimir Putin treibt die geopolitische Neuordnung
Russlands gezielt voran und will verhindern, dass sich mit der
Ukraine ein weiteres postsowjetisches Land an Europa annähert.

Die EU ist auch mit ihrer von der ehemaligen EU-Außenkommissarin
Benita Ferrero-Waldner konzipierten Nachbarschaftspolitik
gescheitert, die Staaten wie der Ukraine als Ersatz für eine echte
Beitrittsoption angeboten wird. Wie der Schriftsteller Martin Pollack
jüngst im ALBUM schrieb: "Am Euromaidan wird nicht allein das
Schicksal der Ukraine entschieden. Dort geht es um Europa. Um die
Seele Europas, das nicht an der Schengengrenze endet." Die EU muss
endlich klar Position beziehen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***


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