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Westfalenpost: Erzbischof Zollitsch regt für Reformationsjubiläum 2017 Pilgerreise beider Konfessionen ins Heilige Land an. (Nachricht und ausführliches Interview)

Geschrieben am 23-12-2013

Hagen (ots) - Von Andreas Thiemann

Freiburg. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,
Erzbischof Robert Zollitsch, hat mit Blick auf das
Reformationsjubiläum im Jahr 2017 angeregt, eine gemeinsame
Pilgerfahrt von EKD-Ratsmitgliedern und Mitgliedern der Deutschen
Bischofskonferenz nach Jerusalem zu organisieren. Im Gespräch mit der
in Hagen erscheinenden Westfalenpost wertete Zollitsch dies als ein
gutes und deutliches Zeichen gemeinsamer Verantwortung beider
Konfessionen: "Wir sollten 500 Jahre nach der Reformation gemeinsam
bekennen, was wir uns angetan haben und uns gegenseitig um Verzeihung
bitten", so der Freiburger Erzbischof. Robert Zollitsch, der im März
2014 in den Ruhestand geht, sieht sich im Übrigen durch das Auftreten
von Papst Franziskus in der Welt, vor allem aber auch innerhalb der
katholischen Kirche ausgesprochen hoffnungsvoll bestätigt. 50 Jahre
nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil greife Franziskus in Wort und
Tat die damaligen Beschlüsse und Richtungsweisungen sehr konkret
wieder auf. Mit Papst Franziskus sei zudem ein neuer Stil in den
Vatikan eingezogen. Die Frage nach den Armen, den Zweifelnden und den
Verzweifelten stehe wieder ganz deutlich im Mittelpunkt des
Interesses, erkennt Erzbischof Zollitsch dankbar. Auf diese Weise
schließe sich auch für ihn nach einem halben Jahrhundert
priesterlicher Tätigkeit der Kreis vom Konzil bis zur unmittelbaren
Gegenwart.

Wortlaut-Interview von Stefan Hans Kläsener und Andreas Thiemann
mit Erzbischof Robert Zollitsch

Freiburg.Seit Februar 2008 ist der Freiburger Erzbischof Robert
Zollitsch auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Im März
2014 wird er dieses Amt abgeben und in den Ruhestand gehen. Die
Westfalenpost hat mit dem 75-jährigen Theologen in Freiburg
gesprochen.

Frage: Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten
Vatikan-Erfahrungen?Erzbischof Robert Zollitsch: Sehr gut sogar: Ich
hatte bis zu meiner Bischofsweihe im Juli 2003 eigentlich nicht
besonders viel mit Rom zu tun; ich spreche auch kaum italienisch. Zu
meinem Antrittsbesuch bei Johannes Paul II. erlebte ich dann einen
ausgesprochen interessierten und informierten Papst. Wir hatten ein
wirklich anregendes Gespräch. Überhaupt merkte ich schnell, dass es
sich lohnt, die Gespräche im Vatikan aktiv zu suchen. Man
signalisierte mir: Seien Sie möglichst oft im Vatikan, informieren
sie persönlich den Heiligen Vater und unterrichten Sie selbst die
dortigen Kardinäle und Zuständigen über das, was bei Ihnen in
Deutschland vor sich geht.

Welchen Stellenwert hat Deutschland aus der Sicht des Vatikans?
Zollitsch: Wir leben ja ein wenig in der Gefahr zu glauben, dass die
ganze Welt die Situation der katholischen Kirche so sehen sollte wie
wir in Deutschland. Aber wir sind ja nur ein kleiner Teil der
Weltkirche. Dennoch muss ich sagen, dass der Vatikan sehr wohl das
Gespräch mit uns sucht. Unser Kirchensteuersystem erlaubt es uns,
auch finanziell viel für die Weltkirche tun zu können. Das wird im
Vatikan ausgesprochen dankbar aufgenommen, ja, ich muss sagen, man
zollt uns überhaupt dafür international hohen Respekt.

Wie zeigt sich dieser Respekt? Zollitsch: Ich habe das unmittelbar
erfahren, als mich ein südamerikanischer Kollege dankbar auf unser
Hilfswerk Adveniat mit Sitz in Essen ansprach. ,Essen', sagte er, das
ist eigentlich die Hauptstadt Lateinamerikas'. Und einen anderen
Amtskollegen in Osteuropa habe ich gefragt: ,Wovon leben Sie in Ihrer
Gemeinde? Und er antwortete: ,Von dem, was wir aus Deutschland
bekommen.' Da habe ich gemerkt, wie wichtig und segensreich unsere
Arbeit mit und in den Hilfswerken überall gesehen wird.

Wie haben Sie bislang Papst Franziskus kennengelernt? Zollitsch:
Was schon aufmerken lässt, ist seine Art zu sprechen. Bei meinen
Gesprächen mit Papst Franziskus spricht er zu 90 Prozent deutsch; das
ist sehr angenehm. Bei Papst Benedikt war dies ja ohnehin keine
Frage. Im Gespräch selbst, denkt Franziskus stets mit und weiter; er
fragt konkret nach und zieht selbst das Fazit aus dem, was er gehört
hat. Er geht einfach auf die Menschen zu. Das habe ich erlebt, das
kann man aber auch aus seinen Veröffentlichungen herauslesen. Er
bedient sich einer einfachen und erfrischenden Sprache, die alle
verstehen können. Und bei allem, was er sagt und tut, ist er der
Überzeugung, dass es keine Alternative zum Dialog gibt.

Wie wird sich die katholische Kirche unter Papst Franziskus
entwickeln? Zollitsch: Über allem steht bei ihm die Frage nach
Barmherzigkeit, nach der Nähe zu den Armen, den Suchenden und
Zweifelnden. Ich fühle mich außerordentlich bestätigt durch
Franziskus. Er hat ja ein klares Bekenntnis zur Dezentralisierung der
Kirche abgegeben, und er ist, wie auch ich, der Meinung, dass sich
Kirche immer weiter entwickeln muss. Warum soll auch alles von Rom
aus kontrolliert werden müssen? Das geht doch gar nicht. Umso
wichtiger ist es, dass man den Menschen Vertrauen schenkt. Dann
wächst auch etwas daraus. Wir brauchen ein gutes Miteinander der
Ortskirchen und Roms. Gemeinsam sind wir Weltkirche.

Im März 2014 soll Ihr Nachfolger als Vorsitzender der Deutschen
Bischofskonferenz gewählt werden. Wie sehen Sie diesem Ereignis
entgegen? Zollitsch: Ich habe den Vorschlag gemacht, vor der Wahl
eine Art Vorkonklave nach dem Muster der letzten Papstwahl
durchzuführen. Das bedeutet, dass wir Bischöfe uns einen Tag lang
darüber austauschen, welche Aufgaben in der Bischofskonferenz
anstehen und welches Profil der künftige Vorsitzende haben sollte.
Natürlich ist klar, dass es einen Generationenwechsel geben wird.

Eine Bilanz Ihres Vorsitzes? Zollitsch:Ich habe mit dem
Vatikanischen Konzil den theologischen Aufbruch selbst miterlebt. Das
hat mich stark geprägt. Auch habe ich mich stets als
leidenschaftlicher Europäer gesehen. Dabei weiß ich, dass die alten
Werte wie Frieden, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit von den Menschen
heute als selbstverständlich angesehen werden. Aber gerade weil es
uns heute gut geht, müssen wir doch daraus eine Verpflichtung zur
Solidarität ableiten. Bezüglich meiner konkreten Aufgabe als
Vorsitzender der Bischofskonferenz, kann ich sagen, dass wir in den
wichtigen Entscheidungen stets eine große Einmütigkeit bewiesen
haben. Meine Mitbrüder sind immer den guten Weg der Mitte
mitgegangen. Dabei habe ich versucht, zu vermitteln und Brücken zu
bauen.

Noch eine Frage zum Reformationsjubiläum 2017. Wie stehen Sie zu
diesem Ereignis? Zollitsch: Ich möchte es nicht Jubiläum, sondern
lieber Reformationsgedenken nennen. Dabei sollten wir auch an das
denken, was wir uns gegenseitig angetan haben und uns gegenseitig um
Vergebung bitten. Wir sollten uns gemeinsam der Frage stellen, welche
Bedeutung Gott in unserer Gesellschaft heute hat. Wir gehen den Weg
gemeinsam. Das könnte auch mit einer gemeinsamen Pilgerfahrt ins
Heilige Land von EKD-Ratsmitgliedern und Mitgliedern der Deutschen
Bischofskonferenz im Blick auf 2017 zeichenhaft zum Ausdruck kommen,
die ich ins Gespräch gebracht habe.

Haben Sie Pläne für die Zeit Ihres Ruhestands? Zollitsch: Mein
Terminkalender ist schon bis zur Jahresmitte 2014 gut gefüllt.
Abgesehen davon könnte ich mir vorstellen, vielleicht wieder mehr
wandern zu gehen. Die Suche nach Pflanzen, Käfern und Schmetterlingen
hat mich bereits als Kind fasziniert. Dieses Hobby möchte ich gern
wieder aufnehmen. Außerdem besitze ich noch eine Sternenkarte aus
meinen Schultagen. Vielleicht lege ich mir ein Teleskop zur
Beobachtung der Sterne zu.



Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160


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