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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Drohnen-Affäre

Geschrieben am 09-06-2013

Bielefeld (ots) - Da mag sich der Generalinspekteur der Bundeswehr
mit seiner Selbstanklage noch so sehr für seinen Chef in die Bresche
werfen: Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich
ausmanövriert. Die zum Selbstschutz abgegebene Beteuerung, er habe
erst am 13. Mai von den unlösbaren Problemen beim »Euro Hawk«-Projekt
gehört, erweist sich als politischer Rohrkrepierer. Wenn das wahr
ist, muss de Maizière monatelang die Ohren vor Hinweisen auf das
drohende Desaster verschlossen haben. Ganz so ahnungslos aber kann
der Minister nicht gewesen sein, sonst hätte er nicht in einem
Interview eine Woche vor der angeblich einzig maßgeblichen
Unterrichtung durch seine Staatssekretäre massive Zweifel am
Drohnenprojekt geäußert. Auch der jüngste Taktikwechsel bringt de
Maizière nicht aus der Schusslinie. Wenn der Minister nun einräumt,
quasi inoffiziell und »auf dem Flur« schon vorab von den Problemen
gehört, aber bis zur offiziellen Unterrichtung nicht weiter
nachgefragt zu haben, dann zeugt das nicht von politischer
Vorwärtsverteidigung, sondern lässt den Minister eher als müden
Etappenhasen erscheinen. Genau das meint FDP-Generalsekretär Patrick
Döring, wenn er de Maizière daran erinnert, er sei »nicht nur
disziplinarisch, sondern auch politisch Chef des Hauses«. Der
Koalitionspartner zieht also schon einmal den Kopf ein, bevor es so
richtig brenzlig wird. Auch bei den Wählern verliert der bislang als
überaus solide wahrgenommene Minister an Rückhalt. Annähernd zwei
Drittel der von Emnid aktuell Befragten sagen, sie hätten kein
Vertrauen mehr in de Maizière: Das sind verheerende Werte für einen
Politiker, der Verantwortung für das Leben deutscher Soldaten trägt.
Für Kanzlerin Angela Merkel ist der Kollateralschaden noch gar nicht
absehbar. Hält sie de Maizière im Amt, liefert sie der Opposition bis
zum Wahltag Munition für immer neue Angriffe. Entzieht sie ihm das
Kommando, wird sie niemanden finden, der das wichtige Ressort in den
verbleibenden vier Monaten der Wahlperiode mit annähernd großer
Erfahrung führen kann. Und der Minister selbst? Der wirkt ein wenig
wie der Ritter von der traurigen Gestalt. Das unselige
Drohnen-Projekt hat er schließlich ja nicht selbst erfunden, sondern
von seinen Vor- und Vorvorgängern geerbt. Unter den
Projektverantwortlichen fand sich offenbar niemand, der ausreichend
Schneid oder Anstand besaß, den Minister und seine Staatssekretäre
frühzeitig über die Risiken aufzuklären. Thomas de Maizière hat die
Bundeswehrreform maßgeblich vorangebracht. Der Kampf gegen die
Windmühlenflügel der Wehrbürokratie aber ist noch längst nicht
gewonnen. Auch das ist eine Lehre aus dem Drohnen-Debakel. Wer auch
immer nach der Bundestagswahl das Verteidigungsministerium führen
wird - es erwarten ihn viel Arbeit und so manche politische Tretmine.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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