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Mittelbayerische Zeitung: Links überholt - Die Union nimmt der SPD ihre Themen weg. Daran sind die Genossen selbst mit schuld. Von Christian Kucznierz

Geschrieben am 31-05-2013

Regensburg (ots) - Haben Sie es gemerkt? Nein? Kein Wunder. In
nicht einmal vier Monaten ist Bundestagswahl, und wenn es so weiter
geht, geht keiner hin. Was seltsam klingt, ist Taktik, eine
erfolgreiche noch dazu. 2009 hat die Union den Wahlsieg geholt, weil
sie es geschafft hat, ihre eigenen Truppen zu motivieren, während die
SPD-Wähler enttäuscht zuhause geblieben sind. So wie es aussieht,
versucht Angela Merkel genau dieselbe Strategie erneut. Wenn die SPD
nicht schleunigst gegensteuert, wird sie wieder zweiter Sieger sein.
Noch ist nicht offiziell, was genau im gemeinsamen Wahlprogramm der
CDU/CSU stehen wird. Das soll erst Ende Juni präsentiert werden. Aber
wenn es stimmt, was jetzt durchgesickert ist, dann wird es Punkte
enthalten, mit denen auch SPD-Wähler leben können. Nicht nur sparen,
sondern auch mehr ausgeben, steht offenbar in Merkels Konzept. 28,5
Milliarden Euro, so berichtet das Handelsblatt, kosten die
Vorschläge, die da lauten: mehr Kindergeld, verbesserte Mütterrente
und Mietpreisbremse. Vor allem der letzte Punkt deckt sich zumindest
thematisch mit dem Wahlkampfschlager, den die Genossen singen wollen.
Doch das "Home, sweet home"-Häkeldeckchen hat sich nun die Union
geklaut. "Wer hat's erfunden?", fragt die SPD und zeigt zur Antwort
auf sich selbst. Das Problem aber ist: Dem Wähler ist es am Ende des
Tages vielleicht egal. Denn die Union ist selbst dort zu einer Art
konservativen SPD mutiert, wo es opportun ist, anstatt die Bürger mit
strikt konservativen und marktliberalen Forderungen in die Arme der
SPD zu treiben. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat die richtige
Analyse getätigt, als er sagte, dass die SPD-Wähler 2009 nicht das
Lager gewechselt und plötzlich die bürgerlichen Parteien gewählt
haben. Sie sitzen laut Steinbrück "in der Wartehalle" und würden
gerne abgeholt werden. Doch ob sie gerne mit Steinbrück mitgehen
wollen, wenn der nichts verspricht, was die anderen nicht auch
können, ist mehr als fraglich. Die SPD hat einen Fehler gemacht: Sie
hat geglaubt, sie könne Merkel einen Schritt voraus sein. Weil sie
ihre Strategie der "asymmetrischen Demobilisierung" von 2009
wiederholen wird, so die Annahme, wollten die Genossen ihr offensiv
begegnen. Die soziale Karte, das Markenzeichen der SPD, sollte Trumpf
sein. Steinbrücks Wahlkampfteam sollte zudem eine SPD zeigen, die den
Agenda-Konflikt überwunden hat, indem sie Gegner und Befürworter der
Reform vereint. Die SPD kam mit einem kämpferisch linken Programm
daher, das ein eigentlich konservativ-sozialdemokratischer
Spitzenkandidat offensiv und argumentativ fundiert vorantreibt.
Steinbrück ist ein guter Kämpfer. Doch das nützt ihm nichts, weil
seine Gegnerin nicht in den Ring steigen will. Merkel läßt sich nicht
auf Debatten ein. Sie vermeidet den Konflikt - und schnappt sich
lieber die Themen, mit denen die SPD punkten könnte. Zudem vertagt
sie den Wahlkampf auf den Sommer, auf die Ferienzeit, wo der
Strandurlaub und der Biergarten verlockender sind, als politische
Debatten in stickigen Bierzelten. Die einzige Chance, die sich den
Genossen noch bietet, ist der Großangriff auf die Kanzlerin selbst.
Merkel ist bislang sakrosankt, weil die Bürger sie lieben. Sie
anzugreifen ist quasi Hochverrat. Aber wer wie die SPD nichts zu
verlieren, sondern nur zu gewinnen hat, darf auch vor polemischen
Attacken nicht zurückschrecken, muss die Bilanz der Kanzlerin infrage
stellen, muss aufdecken, wo sie sich mit fremden Federn schmückt und
vor allem: Die SPD muss zeigen, dass Merkel den Konflikt scheut.
Sonst muss die Partei erneut mit der Schmach leben, links überholt
worden zu sein.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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