(Registrieren)

EU muss Handel mit digitalen Waffen strenger kontrollieren / ROG und HRW zur heute beschlossenen EU-Strategie

Geschrieben am 11-12-2012

Berlin (ots) - Reporter ohne Grenzen und Human Rights Watch rufen
die Europäische Union dazu auf, den Handel mit digitalen
Überwachungstechnologien, durch die weltweit Menschenrechte verletzt
werden, effektiver zu kontrollieren. Das Europäische Parlament hat
dazu heute eine neue Strategie über digitale Freiheit als Teil der
gemeinsamen EU-Außenpolitik beschlossen.

In einem Bericht über die Rolle europäischer Technologie-Exporte
hatte Marietje Schaake, Sonderberichterstatterin für Internetfreiheit
im Europäischen Parlament, zuvor kritisiert, dass mithilfe
europäischer Späh- und Zensurtechnologie weltweit Menschenrechte
verletzt werden. Schaake forderte, derartige Technologien müssten
genauso kontrolliert werden "wie wir die Qualität von Lebensmitteln
und Medikamenten überprüfen oder konventionelle Waffen überwachen".
(http://bit.ly/Vw8U4T)

"Es ist paradox, wenn europäische Regierungen einerseits betonen,
wie wichtig es ist, dass Bürgerjournalisten Nachrichtensperren
durchbrechen und unter Einsatz ihres Lebens Informationen aus
autoritären Staaten liefern - und europäische Firmen die Machthaber
dieser Staaten gleichzeitig mit der Technik versorgen, um Aktivisten
zu verfolgen", sagte Matthias Spielkamp, Vorstandsmitglied von
Reporter ohne Grenzen in Berlin. "Wir brauchen mehr Transparenz
darüber, welche Firmen Zensurtechnik in autoritäre Länder liefern,
und wir brauchen Gesetze, die diesen Handel genau regeln."

Der unregulierte Handel mit Spähsoftware, mit der autoritäre
Machthaber kritische Blogger und Bürgerjournalisten verfolgen, ist
eine der größten Bedrohungen für die Meinungsfreiheit und
Menschenrechtsarbeit im Internet, so Reporter ohne Grenzen und Human
Rights Watch. Europäische Regierungen müssen einen gemeinsamen Ansatz
entwickeln, um den Export von Überwachungstechnologien zu regulieren,
da ein Großteil dieser Exporte aus der EU stammt. Dass die EU den
Export von Überwachungstechnologie nach Syrien und in den Iran
verboten hat, ist zwar ein Anfang, reicht jedoch bei weitem nicht
aus, so die Organisationen.

Die digitale Überwachung wird für Journalisten, Blogger,
Bürgerjournalisten und Menschenrechtler zu einer immer größeren
Bedrohung. Im Jahr 2011 veröffentlichte Wikileaks mehrere Hundert
Dokumente (http://bit.ly/sHnBQQ), aus denen die Vielfalt und
Ausgereiftheit der Technologien deutlich wird, die auf
internationalen Messen für Überwachungstechnologie angeboten werden.
Davon angestoßene Recherchen von Bloomberg (http://bit.ly/toj6WH),
dem Wall Street Journal (http://on.wsj.com/iIRL2W) und
Sicherheitsexperten des Citizen Lab (http://bit.ly/MHqzTd) ergaben,
dass die Technologien, die in Ägypten, Bahrain und Libyen gegen
mutmaßliche Dissidenten und Menschenrechtler eingesetzt wurden,
häufig von europäischen Anbietern stammten (http://nyti.ms/NvMkI8).
Die gelieferten Programme können sich unbemerkt auf dem Computer
einer Zielperson einnisten, etwa durch infizierte Dateianhänge oder
vermeintliche Software-Updates.

Einmal installiert, können Regierungen oder Geheimdienste durch
solche Programme auf Festplatten zugreifen, an Passwörter gelangen
und sogar den Inhalt verschlüsselter Emails und Chatprotokolle
einsehen. Außerdem können nachträglich Dateien auf infizierten
Rechnern platziert werden. Einige Anbieter wenden sich gezielt an
staatliche Stellen wie Geheimdienste und Sicherheitsbehörden, um
derartige Technologien anzubieten. Ob Unternehmen bei ihren
weltweiten Exporten von Überwachungstechnologie die
Menschenrechtspolitik in den Empfängerländern berücksichtigen, ist
unklar.

"Es ist unverantwortlich bis fahrlässig, wenn Unternehmen
leistungsstarke Überwachungstechnologien an Unrechtsregime verkaufen
ohne in Betracht zu ziehen, welche Auswirkungen dies auf die
Menschenrechtslage hat oder ob die Lieferung der Produkte überhaupt
zu verantworten ist", so Cynthia Wong, leitende Researcherin in der
Abteilung Internet und Menschenrechte bei Human Rights Watch.
"Europäische Regierungen sollten diese Entscheidungen nicht einfach
dem privaten Sektor überlassen. Sie müssen handeln und den Handel mit
diesen Technologien regulieren."

WEITERE INFORMATIONEN:

Bericht zur Strategie für "Digitale Freiheit" in der
EU-Außenpolitik, Marietje Schaake, Berichterstatterin für die erste
EU-Strategie für digitale Freiheit (15.11.2012): http://bit.ly/Vw8U4T

Reporter ohne Grenzen: Positionspapier zum Export europäischer
Überwachungstechnologien, (November 2012): http://bit.ly/VLQj8E

Ben Wagner. 2012. "After the Arab Spring: New Paths for Human
Rights and the Internet in European Foreign Policy" Europäische
Kommission, Generaldirektion für Wirtschaft und Finanzen, Brüssel,
Belgien: http://bit.ly/Q64foH (Englisch)

Ben Wagner. 2012. "Exporting Censorship and Surveillance
Technology. Den Haag, The Netherlands": http://bit.ly/zYq9Dc
(Englisch)



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska
Pressearbeit
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 202 15 10 - 16
F: +49 (0)30 202 15 10 - 29


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

436443

weitere Artikel:
  • WAZ: Göring-Eckhardt nennt CDU-Pläne für Mütterrente "entlarvend" Essen (ots) - Die Spitzenkandidatin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, hat scharfe Kritik an den Plänen der CDU geübt, die Renten für Mütter aufzustocken, die vor 1992 Kinder bekommen haben. "Man kann nicht falsche Familienpolitik im Nachhinein durch eine andere Rentenpolitik korrigieren", sagte Göring-Eckardt den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe (Mittwochsausgabe). Den jüngsten Beschluss des CDU-Parteitags, ältere Mütter bei der Rente schrittweise besserzustellen, nannte Göring-Ecvkhardt "entlarvend". Dies bedeute, "dass das herkömmliche mehr...

  • Rupprecht/Weinberg: Grundschüler sind Beispiele für den Erfolg der Bildungsrepublik Berlin (ots) - Die Kultusministerkonferenz und das Bundesministerium für Bildung und Forschung haben am heutigen Dienstag in Berlin die zentralen Ergebnisse der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU 2011) und einer internationalen Untersuchung der mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen von Grundschulkindern (TIMSS 2011) vorgestellt. Hierzu erklären der bildungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Albert Rupprecht, und der zuständige Berichterstatter Marcus Weinberg: mehr...

  • neues deutschland: Studien zu Grundschulen: Aufsteiger Berlin (ots) - Die Bildungsminister im Bund und in den Ländern können aufatmen - wenigstens ein bisschen. Am Ende der vierten Klasse sind die Leistungen der Schülerinnen und Schüler vergleichsweise gut. Grund für eine Verschnaufpause ist das Ergebnis der IGLU- und TIMSS-Studien aber keinesfalls. Und das nicht, weil Deutschland, wie der Leiter der Untersuchung Wilfried Bos, gestern immer wieder betonte, »Luft nach oben hat«. Das ständige Schielen auf andere Länder verstellt ohnehin den Blick für hiesige Probleme und deren Lösungen. mehr...

  • Die Interessen hinter den Argumenten ausleuchten DUH verleiht UmweltMedienpreis 2012 Berlin (ots) - Sperrfrist: 11.12.2012 18:00 Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist. Pressemitteilung Sperrfrist zur Nennung der Preisträger, 11.12. 2012, 18:00 Uhr Umwelthistoriker Joachim Radkau für sein Lebenswerk geehrt - Ressortleiterin Politik "Der Freitag" Verena Schmitt-Roschmann Preisträgerin im Print-Bereich - Klimareporterin Christina Schwarz erhält Auszeichnung in der Kategorie Hörfunk - Moderatorenduo Maite Kelly und Theo West, mehr...

  • Bosbach: Bonner Szene macht große Sorgen/ Gesuchte seit Jahren bekannt Bonn (ots) - Bonn/Berlin, 11. Dezember 2012 - "Jetzt warten wir zunächst einmal ab, ob die bereits festgenommene Person aussagebereit ist und wenn ja, was dann ausgesagt wird", sagt Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Bundestags-Innenausschusses im PHOENIX-Interview zu der Festnahme eines Islamisten nach dem Bonner Bombenalarm. "Bonn steht bereits seit geraumer Zeit im Zentrum des öffentlichen Interesses. Die Salafistenszene steht aber auch im Interesse der Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden", so Bosbach weiter. Es gebe mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht