(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Endlich die Bürger entlasten / Leitartikel von Jochim Stoltenberg

Geschrieben am 11-10-2012

Berlin (ots) - Sie schwimmen im Geld. Und kommen doch nicht damit
aus. Oder bunkern es für schlechtere Zeiten. Es geht um die immer
neuen Rekordmeldungen bei den Steuereinnahmen und die riesigen
Überschüsse in den Kassen der Sozialversicherungen (Kranken-, Pflege-
und Rentenversicherung). Die Steuerzahler sind scheinbar in jedem
Falle die Dummen. Sie bluten munter weiter und können sich nicht
wehren. Nur für wenige Krankenversicherte gibt es einen kleinen
Lichtblick. Denn die ersten Kassen wollen ihren Mitgliedern die
Praxisgebühr erstatten. Eine überfällige Entscheidung, zu der sich
die schwarz-gelbe Koalition nicht durchringen kann. Angesichts eines
Finanzpolsters von mittlerweile 25 Milliarden Euro bei den
gesetzlichen Krankenkassen wäre es nur recht und billig, wenn der
Gesetzgeber zumindest die unsinnige Praxisgebühr endlich abschaffte.
Sie verfehlt das angestrebte Ziel eines Steuerungsinstruments
(Vermeidung unnötiger Arztbesuche); zudem belastet sie die Praxen mit
zusätzlicher Bürokratie. Doch statt Beitragszahlern und Medizinern
endlich mal was Gutes zu tun, vielleicht sogar mit der Chance, beim
Wähler zu punkten, streiten sich die Koalitionäre einmal mehr. Die
FDP hat ein Einsehen und ist für die Abschaffung, die Union ziert
sich und will die Kassen lieber für vielleicht wieder schlechtere
Zeiten wappnen. So bleibt allein die Hoffnung, dass das Vorpreschen
von zwei Kassen Mitläufer nach sich zieht und die Praxisgebühr
stürzen lässt. Aber der Vorstoß hat leider auch einen Haken: Er ist
wieder mit einem beträchtlichen bürokratischen Aufwand verbunden.
Umso dringlicher, dass die Koalition ein Einsehen hat. Im Geld
schwimmt auch die Rentenversicherung. Sie verbucht im ersten Halbjahr
2012 einen Überschuss von einer Milliarde Euro, bis Ende des Jahres
wird sich ihre "eiserne Reserve" auf etwa 30 Milliarden summieren.
Das ist weit mehr, als die gesetzlich verordnete Rücklage
vorschreibt. Doch statt die Beitragszahler zu entlasten, wie es das
Gesetz vorgibt, sollen die überschüssigen Milliarden gebunkert
werden. Diesmal sind es die SPD und Teile der CDU, die über den
Bundesrat die Entlastung der Bürger boykottieren wollen. Der Staat,
egal, wer ihn gerade regiert, ähnelt eben einer Raupe Nimmersatt.
Seine Steuereinnahmen sind in den vergangenen zehn Jahren um 160
Milliarden auf jetzt rund 600 Milliarden Euro gestiegen; allein Bund
und Länder kassierten bis Ende Juni 12,8 Prozent mehr als im Jahr
zuvor. Aber von ausgeglichenen Haushalten keine Spur. Der Staat gibt
ständig mehr aus, als er einnimmt. Mit der Folge, dass auch der
öffentliche Schuldenstand einen neuen Rekord erreicht hat: Mit 2,082
Billionen Euro stehen Bund, Länder und Gemeinden - und damit
letztlich alle Deutschen - in der Kreide. Und es geht munter weiter.
Statt endlich zu sparen, will Finanzminister Wolfgang Schäuble im
nächsten Jahr 18,8 Milliarden Euro draufpacken. Zu Recht verlangen
wir von den Euro-Sündern im Süden, mehr zu sparen. Als Vorbild
allerdings eignet sich Deutschland nur bedingt. Dafür genügt ein
Blick auf den eigenen Schuldenberg.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

422607

weitere Artikel:
  • Lausitzer Rundschau: Zur geplanten Ökostrom-Reform / Altmaiers Friedensfahne Cottbus (ots) - Längst ist die energiepolitische Schlacht zum Stellungskrieg geworden. Viel Pulver, kein Geländegewinn, hin und her der immer gleichen Argumente. Kompromisslos, emotional, aufgewühlt geht es zu. Da ist die Litanei vom Preistreiber Grünstrom, als sei die Atomenergie unter Einrechnung sauberer Endlagerung und der Aufräumarbeiten nach einem Unfall billiger. Als würden Kohle, Gas und Öl nicht immer teurer. Das ganze Klagen gegen die erneuerbaren Energien, auch des FDP-Wirtschaftsministers, ignoriert ihre Erfolgsgeschichte mehr...

  • Weser-Kurier: Zu den steigenden Strompreisen schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 12. Oktober 2012: Bremen (ots) - Altmaier versucht den Befreiungsschlag, um sich gegen die Anti-Energiewende-Propaganda zu positionieren. Das richtet sich auch gegen die Kritiker in den eigenen Reihen - FDP und der CDU-Wirtschaftsflügel. Allerdings leistet auch der Umweltminister der Mär Vorschub, die Förderung des Ökostroms über die EEG-Umlage sei die Quelle allen Übels. Wer eins und eins zusammenzählen kann, wusste schon immer, dass es eine milliardenteure Energiewende niemals ohne deutliche Strompreissteigerungen geben kann. Doch beim Verbraucher mehr...

  • Badische Neueste Nachrichten: Voller Harmonie Karlsruhe (ots) - Nicht nur in Athen gab es Streicheleinheiten von Kanzlerin Merkel für die gebeutelte griechische Regierungsmannschaft. Auch beim gestrigen Besuch des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban in Berlin war alles auf Harmonie ausgerichtet - von harscher Kritik am Regierungsstil des Gastes aus Budapest keine Spur. Noch vor ein paar Monaten galt Orban als Buhmann in der Europäischen Union, der mit seinem autokratischen Kurs die Demokratie im Land an der Donau in Gefahr brachte. Anstatt Klartext zu reden und die weiter mehr...

  • Rheinische Post: Praxisgebühr: FDP erhöht den Druck auf die Union Düsseldorf (ots) - Angesichts der Rekordrücklagen im Gesundheitssystem hat die FDP den Druck auf die Union zur Abschaffung der Praxisgebühr erhöht. Weil Krankenkassen und Gesundheitsfonds Milliarden auf der hohen Kante hätten, habe die Praxisgebühr "spätestens jetzt ihre Daseinsberechtigung verloren", sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Freitagausgabe). Die erste Krankenkasse habe bereits angekündigt, ihren Mitgliedern die Praxisgebühr zu erstatten. "Nur die Union will bei der mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: Van Rompuys schlägt eigenes Budget für Eurozone vor - Grüne strikt dagegen Köln (ots) - Die Grünen haben die Pläne von EU-Ratspräsident Hermann Van Rompuy für einen eigenen Haushalt der 17-Euro-Staaten strikt zurückgewiesen. Sie fürchten um das Budgetrecht der Abgeordneten. "Über Jahrzehnte hat das Europäische Parlament für seine vollständige Beteiligung am Haushaltsverfahren gekämpft. Ein Euro-Zonen-Budget würde das Haushaltskompetenz des Parlaments und damit die demokratische Kontrolle über die Europäischen Ausgaben erheblich schwächen", sagte Trüpel dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitagausgabe). Zudem mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht